Jim Jordan ist ein Kämpfer. Seit seiner erstmaligen Wahl im Jahr 2006 hat sich der republikanische Abgeordnete als aggressiv auftretender Rechtsausleger profiliert, der angeblich in der Hauptstadt ausmisten und die USA wieder auf Vordermann bringen will. Am Donnerstag musste aber auch Jordan einsehen, dass er auf verlorenem Posten steht – und sein Ziel, das Amt des Speakers im Repräsentantenhaus zu übernehmen, in weite Ferne gerückt ist.
Diese Erkenntnis erfolgte am frühen Abend, als Jordan bekannt gab, auf einen weiteren Speaker-Wahlgang am Donnerstag zu verzichten. Jordan hatte in den vergangenen Tagen bereits zwei Abstimmungsrunden verloren, weil sich eine Reihe von Parteifreunden weigert, ihn zu unterstützen. Daran änderte sich auch am Donnerstag nichts. Die Meinungen über Jordan, dem engen Verbündeten des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, sind gemacht.
Und obwohl sich unter dem Strich nichts bewegte und der Parlamentsbetrieb im Repräsentantenhaus nunmehr seit 16 Tagen fast vollständig ruht – es war doch ein höchst turbulenter Tag, an dem sich erneut zeigte, dass sich die Republikaner in Washington selbst im Weg stehen.
Für diese Entwicklung trägt auch Jordan eine Mitverantwortung. Seine Amtszeit in Washington ist geprägt von Vorschlägen, mit denen er seine Fraktionschefs unterminierte. Auch deshalb fällt es nun vielen Abgeordneten schwer, seine angebliche Läuterung zu einer verantwortungsbewussten Führungsfigur zu akzeptieren.
Jordan präsentierte am Donnerstagmorgen einen Plan, der ihm etwas Luft hätte verschaffen können. Jordan wollte zwar an seinen Ambitionen festhalten, den Speaker-Posten zu übernehmen und damit auch den Vorsitz der Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus. Aber Jordan schlug eben auch vor, dass Patrick McHenry temporär den Vorsitz der Kammer übernehmen solle, und zwar bis zu Jahresbeginn.
McHenry ist ein Vertrauter des gestürzten Parlamentsvorsitzenden Kevin McCarthy. Er trägt seit dem 3. Oktober den Titel «Speaker pro tempore», und er wirkt als eine Art Platzhalter an der Spitze des Repräsentantenhauses. In den Augen vieler Abgeordneten besitzt McHenry aber nicht die notwendigen Vollmachten, um die Beratung von Parlamentsvorlagen zuzulassen.
Dies wollte Jordan ändern. Doch seine Parteifreunde hielten wenig von der Idee. Während einer drei Stunden dauernden Fraktionssitzung zerrissen sie seinen Plan - in bisweilen höchst emotionalen Wortmeldungen, wie es später hiess.
Dabei wurde rasch klar, dass viele Vorbehalte persönlicher Natur sind. Jordan-Vertraute haben es satt, ständig auf gemässigte Fraktionskollegen Rücksicht zu nehmen. Eine temporäre Promotion von McHenry käme einem «F*** Y**» für republikanische Wähler gleich, sagte der rechte Abgeordnete Jim Banks.
Moderatere Republikaner wiederum empören sich darüber, dass die Verbündeten von Jim Jordan versuchten, Druck auf Abweichler auszuüben. So erhielten mehrere Parlamentarier Morddrohungen. Der New Yorker Abgeordnete Nick LaLota sagte dazu: «In unserem Land leben 335 Millionen Menschen und ein paar sind Dummköpfe.» Einige dieser Dummköpfe lebten leider auch in seinem Wahlbezirk auf Long Island, sagte LaLota.
Peinlich für Jordan ist, dass ihm auch einige hochrangige Parteifreunde in den Rücken fielen. So wollte Steve Scalise, vorige Woche über kurze Zeit der Kandidat der Republikaner für den Speaker-Posten war, nichts von Jordans Idee wissen.
Also trat Jordan nach der langen Fraktionssitzung vor die Fernsehkameras und gab das Ende seines Planes bekannt. Fast schon trotzig sagte er: «Ich kandidiere immer noch für das Amt des Speakers.» Die nächste Abstimmung soll nun bereits am Freitag stattfinden.
Jordans Erfolgsaussichten sind gering. Tatsache ist, dass der Kämpfer aus Ohio in zwei namentlichen Abstimmungen am Dienstag und Mittwoch nur 200 und 199 Abgeordnete von seiner Kandidatur überzeugen konnte. Notwendig wäre aber eine absolute Mehrheit gewesen, idealerweise 217 Stimmen. (Derzeit sind 2 der 435 Sitze des Repräsentantenhauses vakant.)
Am Donnerstagabend versuchte er, in Einzelgesprächen einige Skeptiker zu überzeugen. Das Treffen endete erfolglos. Jordan stürmte aus dem Sitzungszimmer, kommentarlos.