In den USA gibt es über 4500 Banken – das ist mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Für vier dieser Banken hat während der letzten Monate das letzte Stündlein geschlagen. Jetzt taucht der Aktienkurs von vier weiteren Banken dramatisch.
Am Donnerstag hätten mehrere regionale Banken verzweifelt versucht, die Öffentlichkeit von ihrer finanziellen Solidität zu überzeugen, wie die «New York Times» schreibt. Der Grund: Ihre Aktienkurse brachen ein und die Anleger schlossen bereits Wetten darauf ab, welche Bank als Nächste fallen könnte.
Die PacWest und die Western Alliance standen im Zentrum des Sturms: Die Aktien von PacWest verloren am Donnerstag 50 Prozent ihres Wertes und Western Alliance fiel um 38 Prozent. Andere mittelgrosse Banken, darunter Zions und Comerica, verzeichneten ebenfalls Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich. Der Handel mit den Aktien von PacWest und Western Alliance wurde am Donnerstag dutzende Male wegen der starken Kursschwankungen unterbrochen.
Die «New York Times» analysiert, dass die Vorgänge an der Börse am Donnerstag «eine Erinnerung daran sind, dass die Bankenkrise noch andauert».
Die derzeitige Krise hat sich vor einigen Wochen manifestiert: Die Silvergate Bank und die Signature Bank (2022 die 29. grösste Bank der USA nach Einlagen) sind seit März Geschichte, beide waren stark involviert im Geschäft mit Kryptowährungen. Kurz darauf scheiterte die Silicon Valley Bank (2022 die 16. grösste Bank der USA nach Einlagen), nachdem sie wegen eines Bank Runs ihr Staatsanleihenportfolio mit grossem Verlust verkauft hatte, was wiederum bei Einlegern Bedenken hinsichtlich der Liquidität der Bank auslöste.
Am 1. Mai schliesslich wurde bekannt, dass die First Republic Bank (2022 die 14. grösste Bank der USA nach Einlagen) geschlossen und vom Riesen JPMorgan Chase (die grösste Bank der USA nach Einlagen) geschluckt wurde. Der Aktienkurs der First Republic Bank hat seit Anfang Jahr 97 Prozent an Wert eingebüsst.
«Institutionelle Anleger haben das Vertrauen in Banken mittlerweile verloren», sagte Julian Wellesley, ein Bankanalyst bei Loomis Sayles, gegenüber der «New York Times». Das sei für die Banken extrem beunruhigend, da es zeige, dass die Beteuerung über die gesunde Finanzlage der Institute nicht die gewünschte Wirkung erziele.
Die grosse Zahl kleiner Banken in den USA hat die Wirtschaft in vielerlei Hinsicht geprägt. So gibt es Banken, die sich auf die speziellen Gemeinschaftsformen in den Staaten spezialisiert haben – wie die Bank of Bird-in-Hand, die auf Darlehen für Amish-Häuser spezialisiert ist. Zudem würde der riesige Bankensektor dazu führen, dass viel mehr Kredite vergeben werden als anderswo, da Kredite eine wichtige Möglichkeit seien, Geld zu verdienen. Das erklärt Richard Squire, Rechtsprofessor an der Fordham University, der auf Finanz- und Bankrecht spezialisiert ist, gegenüber npr.
Das sei zum einen eine grosse Chance für die Wirtschaft, zum anderen waren die übermässig aggressiven Kreditpraktiken eine der Hauptursachen für die Finanzkrise von 2008. Und: Kleinere Kreditgeber sind gefährdeter bei Bank Runs, wie demjenigen, der zum Niedergang der Silicon Valley Bank geführt hatte. Und gerade solche Bank Runs fänden in Zeiten von Social Media und E-Banking viel schneller statt, da die Menschen fast sofort kommunizieren und ihr Geld bewegen können.
Die 4500 kleinen Banken in den USA sind übrigens nichts im Vergleich zu den 1920er-Jahren, damals nämlich gab es in Amerika fast 30'000 Banken. Und vielleicht schrumpft die Anzahl kleiner Banken bald noch mehr. Squire äussert die Befürchtung, dass die Ereignisse der letzten Monate in naher Zukunft zu vielen Schliessungen von kleineren Kreditgebern führen könnten. Denn diese würden nun verstärkt unter die Lupe genommen – und möglicherweise mit strengeren Vorschriften konfrontiert. Zudem hätten die Amerikaner während der vergangenen Monate rund 200 Milliarden Dollar von kleinen Banken abgezogen und sie auf Konten bei einer Handvoll der ganz grossen Bankriesen transferiert. Denn diese scheinen den Amerikanern derzeit offenbar stabiler.
(yam)