Mir ist bewusst, dass ich auf hohem Niveau klage. Was toll ist. Lieber so, als echte Probleme zu haben. Die habe ich nämlich nicht. Wie auch. Der Zyklop und ich schweben vor lauter Verliebtheit immer noch irgendwo zwischen 3 Meter und 300 Kilometer über dem Boden.
Wir brauchen nichts. Keinen TV, kein Essen, keinen Schlaf und schon gar keine Kleider. Nicht mal Musik müsste sein, wenn wir uns haben. Weil wir Sex haben. Die ganze Zeit. Wenn wir gerade keinen Sex haben, dann sind wir damit beschäftigt, uns auf den nächsten Sex zu freuen.
Es wäre also mehr als perfekt, wenn nicht zig Tipps und Inputs ungefragt auf mich einprasseln würden. Es ist eben so, dass ich offenbar, da ich über 35 bin, sofort zusammenziehen, heiraten und Kartoffeln produzieren muss.
Meine Freundin aus Kindheitstagen, wir kennen uns also wirklich nicht erst seit gestern, weiss, wie ich zu Töchtern komme: Missionarstellung. Nachher Beine 10 Minuten in die Höhe. Söhne gibts von hinten. Ob wir schon losgelegt haben, will sie wissen. Sie will auch wissen, dass es dumm wäre, noch nicht angefangen zu haben. Weil Bio-Uhr. TICK-TACK-TICK-TACK.
Meine Nachbarin, Frau K., ist Rentnerin. Sie hat den Zyklopen auch schon kennengelernt. Ob er mir hoffentlich bald ein Ringli an den Finger steckt, will sie wissen. Ich hoffe es nicht, sage ich. Ich sehe mich nicht als Ehefrau. Eine Hochzeitsparty fände ich geil. Die Institution Ehe ist aber nichts für mich.
Eine Kollegin aus meinem beruflichen Umfeld, wir sind nicht sehr dicke, will mir ihre 4,5-Zimmerwohnung aufschwatzen. Etwas ausserhalb, mit viel Grün und einem Spielplatz direkt vor dem Küchenfenster. Babybett, Wickelkommode und Laufgitter können wir grad übernehmen.
Sogar der Freund einer Freundin redet mir ins Gewissen. Noch könne ich Hormonspritzen und künstliche Befruchtungen verhindern. «Aber ich sags dir, da ist dann schon bald Ende Gelände.» In seinem Umfeld, die meisten sind Ende 30 und Anfang 40, klappt es so gar nicht mehr mit der natürlichen Empfängnis.
Dass ich null Stress mit der Bio-Uhr habe, versteht fast niemand. Ausser mein Dad. Ihm gehts ähnlich. Mit seinen 58 Jahren fühlt er sich noch ein bisschen zu jung, um Opa zu werden. Über die Tatsache, dass ich schon ein Teenager war, als er so alt war wie ich heute, schweigen wir galant und trinken ein Schnäpsli.
Zur nächsten Schnäpsli-Party aber soll ich den Zyklopen mitnehmen. Dafür sei er sehr parat, sagt mein Dad. Darauf lasse ich mich ein.
Zuvor muss einfach einer der beiden etwas an seiner Trinkfestigkeit arbeiten.
(Mein Vater ist es nicht.)
Willkommen in der Familie, lieber Zyklop.
Prost,