«Du kannst nicht ohne. Du sitzt da wie ein vercrackter Junkie» – mit diesen Worten berichtet der Rapper über seine Erfahrungen mit dem Medikament Tilidin.
Warum Capital Bra über Tilidin rappt? «Weil's ein Teil von meinem Leben war», sagt der 25-Jährige gegenüber dem Magazin «STRG_F». In dem Interview spricht der Rapper über seine Tilidin-Vergangenheit und wie sehr ihn die Zeit belastet hat.
Vor seiner Karriere habe er bereits Tilidin konsumiert. Der Grund: Langeweile. «Irgendein' Scheiss machen. Einbrechen, dies, das. Du weisst, so Kinder. Einfach 16-Jährige im Treppenhaus», sagt er im Interview. Danach kam seine Karriere. Über Nacht wurde er mit dem Lied «Nur noch Gucci» zum Rapstar. Und dann habe er die Droge gebraucht, um sich zu beruhigen. Alles war ihm zu viel. «Tilidin ist auf jeden Fall nichts Gutes», fügt er nach seinen Erklärungen an. «Man kann es eigentlich auch anders machen. Aber es ist halt der einfachere Weg.»
Er bereue den Konsum. Im Lied «Lieber Gott» schliesst der Goldstatus-Rapper mit seiner Vergangenheit ab:
Auf die Frage, warum er nun negativ über Tilidin rappt, antwortet er mit Beispielen: Er spricht von Fans, die ihn beim Fotomachen gefragt hätten, ob er Tilidin klären könne. Oder von Fans, die ihm beim Vorbeifahren eine Flasche Tilidin ins Auto werfen. «Das ist nicht cool», sagt der Rapper darauf.
Wie es ist, von Tilidin wieder wegzukommen? «Bruder, brauchst du Kraft», antwortet der Rapper. Er habe wegen seiner Kinder aufgehört, die Droge zu nehmen. «Ich wollte meine Kinder vom Kindergarten abholen. Ich wollte nicht mehr benebelt sein», meint er. «Ich dachte mir, es reicht jetzt. Musst du klar kommen, erwachsen werden.»
In ganzen 16 Songs spricht der Rapper von Tilidin. Er hat sogar ein ganzes Lied der Droge gewidmet. Der Song heisst «Darby» – ein anderes Wort für Tilidin. «Gib mir drei, vier Huper Darby und ich lauf' auf Wolken», heisst es im Text. Ein paar Zeilen später: «Ich hab' schlechte Laune, komm' und stürme deine Party, und du fühlst die Schmerzen wie nach einer Woche ohne Darby.»
Doch Tilidin ist bei Weitem nicht die erste Modedroge aus der Rap-Szene. In den 90ern war es Marihuana, dann kamen «Lean» (eine Mischung aus Sprite und Hustensaft mit dem Wirkstoff Codein) und Xanax (eine Pille, die angstlösend, entspannend und beruhigend wirkt).
Und Capital Bra ist zweifelsohne nicht der Einzige, der das Medikament Tilidin in seinen Texten verherrlicht hat. Diverse andere erfolgreiche Rapper wie Bonez MC, Samra, Gzuz oder AK Ausserkontrolle thematisieren Tilidin des Öfteren. Doch ist die Auswirkung von Rap-Texten auf den Tilidinkonsum von Jugendlichen wirklich so gross, wie es dargestellt wird? Hat die Jugend wirklich ein Tilidin-Problem?
Auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Instagram finden sich diverse Posts über das Medikament. Auf einigen wird mit einer Packung Tilidin posiert, auf der anderen wird eine Gucci-Tasche (Capital Bras Markenzeichen), gefüllt mit Tilidin, gefilmt. Ein Mädchen postet Videos aus dem Krankenhaus und sagt, wie «krass geil» sie es findet, dass sie Tilidin verschrieben bekommt.
Nach einer Recherche von STRG_F sind seit dem Release des Liedes «Tilidin» die Verschreibungen des Medikaments an Jugendliche in Deutschland rasant angestiegen: um das 30-fache in zwei Jahren. Und seit zwei Jahren wird Tilidin vermehrt in Rapsongs thematisiert. Ein Beweis für einen Zusammenhang ist das aber nicht.
Im Rahmen der Recherche wurden auch Jugendliche gefragt, warum sie Tilidin nehmen. «Wenn man ‹Tilidin› von Capital hört, dann fragt man sich schon, wie es ist, das zu nehmen», sagt einer. «Man will einem Samra, einem Capital oder einem AK Ausser Kontrolle näher sein. Dadurch, dass man sich dieselben Sachen antut wie die», erzählt ein anderer.
Der Interviewer konfrontiert Capital Bra mit den Aussagen der Jugendlichen. «Ich wollte doch kein Vorbild sein», erklärt er sich. «Ich wollte das nie cool darstellen. Wir wollten nur zeigen, wie wir leben.» Zum Schluss stellt der Rapper klar: «Macht es auf jeden Fall nicht, ihr kommt uns nicht näher.»
Erst diesen Montag meldete sich der Rapstar, zwei Wochen nach Veröffentlichung des Interviews, auf Instagram bei seinen Fans: «Ich wollte nochmal darauf hinweisen, dass ihr keine Drogen nehmen sollt – auch wenn ich darüber rappe».
Frage ich mich jetzt auch, danke Watson.