Die Ausgangslage sei eigentlich gut gewesen, sagt FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher. Sechs Projekte aus verschiedenen Regionen, gut abgestützt und bereits finanziert. Das Geld sei vorhanden gewesen – anders als etwa bei der 13. AHV-Rente. Dennoch ist das Volksverdikt deutlich: 52,7 Prozent sagten Nein zum Ausbau der Nationalstrassen.
Die Analyse der Abstimmungsgegner deckt sich in vielen Punkten. Die Kampagne? Zu wenig emotional. Mitte-Ständerat Fabio Regazzi gibt zu: «Links-Grün kann viel besser mobilisieren.» Er präsidiert auch den Schweizerischen Gewerbeverband, der für die Ja-Kampagne verantwortlich war. Zudem seien viele Kantone von der Vorlage nicht betroffen gewesen. Das habe das Engagement gehemmt, er habe das im Tessin selbst erlebt, sagt Regazzi.
Vincenz-Stauffacher erwähnt zudem, wie schwierig es war, Frauen von der Vorlage zu überzeugen. Und dass die Spardebatte beim Bund ebenfalls nicht geholfen habe.
Christian Wasserfallen stellt fest, dass die Schweiz grundsätzlich ein Infrastrukturproblem habe. Bei Stauseen, Solaranlagen in den Alpen und jetzt eben auch bei den Nationalrastrassen. Er glaubt, dass heute auch die Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist im Rahmen der Bahn 2000 in der Bevölkerung scheitern würde.
Bei der FDP ist der Ärger gross – vor allem über die SVP. «Die ideologisierte Linke erhält zunehmend Schützenhilfe der SVP», schreibt die Partei in der Medienmitteilung. Und auch die Mitte kommt schlecht weg: «Fast 40 Prozent einer zusehends verunsicherten Mitte-Partei stimmten zusammen mit Links-Grün gegen die Sicherung der Nationalstrassen.»
Wasserfallen, Vincenz-Stauffacher, aber auch Regazzi sagen, dass die Skepsis gegenüber der Zuwanderung eine grosse Rolle gespielt habe. «Es gibt eine generelle Wachstumsskepsis. Die Zuwanderung beschäftigt die Leute stark. Doch es ist eine naive Vorstellung, zu glauben, dass wir die Zuwanderung bremsen, indem wir die Infrastruktur nicht ausbauen.»
Die grosse Frage ist: Wie geht es weiter nach dem Nein? Die Abstimmungsverlierer sehen hier die Sieger in der Pflicht, intelligente Lösungen für die Staustunden zu bringen, wie sie es im Abstimmungskampf versprochen haben. Für Regazzi ist klar: Die sechs abgelehnten Projekte sind vorderhand erledigt. Und Wasserfallen findet: «Eine Umverteilung der NAF-Gelder ist strikte abzulehnen.»
Eine konkrete Forderung hat FDP-Präsident Thierry Burkart: Er will, dass das Nachtfahrverbot für Lastwagen gelockert wird, um die Verkehrsspitzen morgens und abends zu glätten. «Sonst bekommen wir ein ernsthaftes Versorgungsproblem.»