So.
Eure Kuppelshow-Kriegerinnen Anna und Simone sind leider unabkömmlich. Deshalb muss ich die zweite Folge des «Bachelors» besprechen. Ich habe das ja auch schon gemacht – das letzte Mal vor zwei Jahren. Entsprechend ausgeruht, frisch und voller Tatendrang bin ich.
Als Vorbereitung habe ich Simones Artikel zur ersten Folge gelesen. Und da steht:
Hier geht es übrigens zu Simones wunderbarem Text!
Und hier findest du die wunderbare Video-Zusammenfassung der ersten Folge.
Gut.
Während sich die Welt immer schneller zu drehen scheint, ist wenigstens beim «Bachelor» noch alles beim Alten. Das heisst: Wir dürfen dabei zuschauen, wie Menschen mit einer Mikrodosis Impulskontrolle – sie beschreiben sich stolz als «direkt, ehrlich und authentisch» – versuchen, die Followerzahl ihres Instagram-Accounts zu liften. Natürlich geraten sie sich dabei in die behutsam gekämmten Haare. Das sorgt dann für Quote und beim Zuschauer für das Gefühl, doch nicht der letzte Lurch zu sein.
Nun.
Ich widerspreche Simone nur sehr ungern – aber das Konzept scheint in diesem Jahr nicht aufzugehen.
Das Gros der Kandidatinnen kann sich differenziert artikulieren. Auch der Bachelor ist kein Holzkopf, spricht flüssig und verwendet den Begriff «Sarkasmus» sogar in einem korrekten Zusammenhang. Die blonde Iris aus Österreich ist ausgebildete Diplomatin – kann es eine grössere Fehlbesetzung für ein solches Format geben?
Iris ist Teil einer Sechsergruppe, die den Kandidatinnen heute beigemengt wurde. Ein geschickter Schachzug der Produzenten, denn unter den ursprünglichen elf Ladys herrschte etwas zu viel Harmonie. Sie feuern einander an, da wird geklatscht und Beifall gespendet. Zum Beispiel, als Sidney aus Chur etwas macht, das laut Dennis zeigt, dass sie wirklich Gas gibt: mit drei Äpfeln jonglieren.
Als Dennis dann aber ausgerechnet eine der Neuen (Isabel) zum ersten Date einlädt, schafft die Sendung doch noch den Rank in angestammte Gewässer.
Mit seinem Move räumt Dennis das Contenance-Lager von Detailhandelsfachfrau Laura leer. Jetzt muss sie handeln.
Zusammen mit Frohnatur Venance crasht sie das Date. Umringt von nun drei Damen, guckt der lange Dennis (1,95 Meter) aus der Wäsche wie ein Dreikäsehoch im Zuckerwarenladen. Als könne er sich nicht entscheiden zwischen Gummischlange, Colafrosch und Zuckerpilz. Zum Glück wird ihm die Wahl abgenommen. Venance serviert ihm Schlagrahm auf ihrem Oberschenkel und Dennis greift artig zu. Der Nachschlag folgt auf Lauras Hals.
Isabel, welche kurz zuvor noch mit Dennis knutschte, schmeckt das gar nicht. Wenigstens sind jetzt die Fronten geklärt: Team Laura vs. Team Isabel. Die erste Runde in diesem Leichtgewichts-Fight geht dank des Knutschers an Isabel.
Doch schon in der nächsten Runde gelingt es Laura, sich zu revanchieren. Sie hat sich einen der wenigen Plätze auf dem Partyboot errudert. Dort fällt primär Landwirtin Martha – «Ich hatte noch nie ein Date mit einem Mann» – durch besonders unangebrachte Hemmungslosigkeit auf. Doch statt um Dennis kümmert sie sich lieber um die anderen Frauen.
Die ausgebildete Diplomatin Iris analysiert darauf scharf: «Auf dem Boot ging die Klasse von Bord.» Gemeint ist damit Marthas verschwenderischer Einsatz von Schokoladensauce – den auch Innendekorateurin Sidney aus Chur deplatziert fand: «I bi froh gsii, isch nid min Arsch mit dära Schoggi igriba worda.»
Mit diesen beiden besten Sätzen der Folge kehren wir zurück aufs Festland, wo Laura zu einem Einzeldate mit dem Bachelor kommt. Sie wird damit für ihren unablässigen Körpereinsatz auf dem Partyboot belohnt. Doch jetzt ist die Luft draussen. Da ist kein Knistern, kein Funke, kein Kuss. Das muss sie später beim Yoga ausgerechnet ihrer Erzfeindin Isabel gestehen. Laura zeigt sich dabei erneut nicht gerade von der reifen Sorte – hätte sie doch auf ihr Tattoo gehört. Das zeigt eine Frau, die sich den Mund zuhält.
Als neutraler Zuschauer ist man indes froh, dass Laura wenigstens für ein bisschen Emotionen sorgt. Die anderen Frauen sind dafür zu langweilig clever. Das ist kein Vorwurf. Im Gegenteil. Der IQ der Damen scheint in diesem Jahr einfach deutlich höher als in vergangenen Jahren. Leider ist das Gift für unterhaltsames Trash-TV.
Das haben vermutlich auch die Produzenten bemerkt. Um der Sache künstlich etwas Spannung einzuflössen, endet die Sendung (wenigstens bei meinem Rezensionsvideo war es so) mitten beim Rosenverteilen. Wer die Sendung verlassen muss, wird erst nächste Woche bekannt gegeben.
Jänu.
«Bachelor» läuft jeweils montags auf 3+.
Ist es nicht toll, so hautnah Teil des Untergangs zu sein? *Sarkasmus Warnleuchte*
Von US Wahlkampf bis CH Bachelor scheint mir die Welt immer bizarrer und die Menschheit immer dümmlicher zu werden. Oder erhalten die Dummen einfach mehr Plattformen?
Weshalb denke ich so pessimistisch über die Welt? Gehöre ich Mitte dreissig schon zur ewiggestrigen Rentnerfraktion?
Oder ist es tatsächlich so, dass wir so viel Wohlstand erreicht haben, dass wir ihn nicht mehr sinnvoll einzusetzen vermögen?