Fleissig wie die Bienen: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Wahlplakaten der BDP. Bild: KEYSTONE
Parteien im Profil:
Die BDP will sachlich bleiben – auf Gedeih und Verderben
Die BDP muss bangen:
Fehlendes Profil und die Abhängigkeit von Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf sind eine Hypothek für die junge Partei. Ihr Chef
aber gibt sich unverdrossen.
Eine Quizfrage, die
keine ist: Welche Partei lässt Schweizer Rechtsbürgerliche rot
sehen? Die SP ist es nicht, sie gilt als «Klassenfeind»,
aber bei ihr weiss man, woran man ist. Der Zorn der Rechten richtet
sich vielmehr gegen eine Gruppierung, die ihnen vom Namen her nahe stehen sollte: Die Bürgerlich-Demokratische Partei der Schweiz
(BDP).
Der Verein Politools lässt dich deine politischen Einstellungen auf der Wahlplattform Smartvote mit denjenigen der kandidierenden Politiker vergleichen. Es empfiehlt sich, nicht Kandidaten mit der grössten Übereinstimmung zu wählen, sondern solche mit grosser Übereinstimmung und intakten Wahlchancen.
«Die BDP
behauptet, sie sei bürgerlich, aber eigentlich ist sie linksextrem»,
lästerte Markus Somm, Chefredaktor der «Basler Zeitung» und
FDP-Mitglied mit Rechtsdrall, kürzlich im Gespräch mit watson.
Eine typische Somm-Provokation, die ein Schlaglicht wirkt auf die
Gefühlslage in den Reihen von FDP und SVP. Dort wird die BDP nicht gerade als linksextrem wahrgenommen, aber als
Steigbügelhalterin der Linken und mitschuldig am Linksrutsch im Parlament.
Parteichef Martin Landolt widersetzt sich der Forderung nach mehr Profilierung. Bild: KEYSTONE
Martin Landolt
verdreht die Augen, als ihm Somms Etikettierung zugetragen wird. Der
Glarner Nationalrat und Präsident der BDP Schweiz kennt die
Ressentiments. Seine Partei wolle aus der Mitte
heraus Probleme lösen und gehe zu diesem Zweck Allianzen ein, sagt
Landolt: «Bedauerlicherweise findet man auf der linken Seite mehr
kompromissbereite Partner.» Gäbe es diese auch rechts, käme es zu
mehr Bündnissen auf dieser Seite.
Im NZZ-Rating des
Politgeografen Michael Hermann ist die BDP leicht rechts der Mitte
situiert, praktisch auf gleicher Höhe mit der CVP. Eine Verschiebung
fand trotzdem statt, wie Hermann schreibt: «Während die BDP zu
Beginn eher der FDP näherstand, gleicht sie sich politisch immer
stärker der CVP an.» Gemeinsam mit dieser sorgte sie dafür, dass
sich die Gewichte im Parlament besonders in der Sozial- und
Energiepolitik nach links verschoben.
Die CVP machte ihrer «Juniorpartnerin» entsprechende Avancen, sie wollte mit ihr eine gemeinsame Fraktion bilden. Die BDP-Basis wollte
davon nichts wissen, sie fürchtete um die Eigenständigkeit der
Partei. Der Versuch, sich allein im Politdschungel zu behaupten, ist
jedoch tückisch. Der häufigste Vorwurf an die Adresse der BDP ist
ihre angebliche Profillosigkeit. Was will diese Partei? Welche
Positionen vertritt sie?
Gründungsversammlung der BDP am 1. November 2008 in Glarus. Bild: KEYSTONE
Der Parteichef mag
diese Fragen kaum noch hören. «Die Forderung nach mehr
Profilierung geht uns gegen den Strich, sie zwingt zur
Banalisierung», sagt Martin Landolt. Seine Partei fühle sich der
Sache verpflichtet. Viele Leute würden genau dies vermissen und eine
solche Einstellung als wohltuend empfinden. Fragt sich nur, ob sie
ins Zeitalter von Social Media und 24-Stunden-News passt. Der
Präsident ist sich dessen bewusst. «Wir machen uns das Leben
selber schwer, aber das ist unser Weg», erklärt Landolt. Er wirkt
dabei sowohl trotzig wie fatalistisch.
Vieles hängt von Eveline Widmer-Schlumpf ab. Wie geht es weiter, wenn sie zurücktreten oder abgewählt werden sollte?
Die Mühen der BDP
erklären sich vielleicht aus ihrer Entstehung. Sie ist ein
politischer Bastard, verstossen von der SVP nach der Abwahl von
Christoph Blocher aus dem Bundesrat 2007. Weil die Statuten einen direkten
Ausschluss der «Verräterin» Eveline Widmer-Schlumpf nicht
erlaubten, wurde die ganze Bündner Kantonalsektion rausgeworfen. Ihr
folgten einige Vertreter der alten, gemässigten Berner SVP, darunter Bundesrat Samuel Schmid.
Das
Image der «anständigen SVP» und der Neuheiten-Bonus verhalfen
der BDP zu beachtlichen Erfolgen, 2011 holte sie neun Sitze im
Nationalrat und einen im Ständerat. Nun droht ein Ende der Herrlichkeit, die Prognosen sind unerfreulich. Martin Landolt ist unverdrossen: «In den Umfragen stehen wir besser da als vor vier Jahren.»
Dennoch muss seine Partei zittern, vor allem im Kanton Bern, aus dem fünf der zehn Fraktionsmitglieder stammen. Bern verliert dieses Jahr einen Sitz im Nationalrat. Bei den kantonalen Wahlen 2014 musste die BDP Federn lassen, sie verlor elf ihrer 25 Sitze im Grossen Rat. Letztes Jahr trat zudem mit Ursula Haller eines ihrer Aushängeschilder aus dem Nationalrat zurück.
Mit prägnanten
Köpfen ist die BDP ohnehin nicht gesegnet. Bundesrätin
Eveline Widmer-Schlumpf gehört dazu, der frühere Präsident Hans
Grunder und sein Nachfolger Martin Landolt. Der clevere Glarner wurde
in den Medien auch schon als vielleicht stärkster Parteipräsident
in der hiesigen Politlandschaft bezeichnet. Die Wahl der Zürcher
Nationalrätin Rosmarie Quadranti zur Fraktionschefin aber wurde
weitherum als Versuch interpretiert, ihren faktisch inexistenten
Bekanntheitsgrad aufzupolieren. Mit herzlich wenig Erfolg.
Vieles hängt von
Eveline Widmer-Schlumpf ab. Wie geht es weiter, wenn sie zurücktreten
oder abgewählt werden sollte? Droht der BDP dann der Sturz in die
Bedeutungslosigkeit? Parteichef Landolt gibt sich optimistisch und
ist doch auf alles gefasst: «Wir gehen unseren Weg, auf Gedeih und
Verderben.»
Bild:
#GoVoteCH
#GoVoteCH ist eine Compilation mit 3 x 26 Tracks aus der Schweiz. Und #GoVoteCH will die Wahlbeteiligung erhöhen: Die 78 Artists rufen deshalb für den 18. Oktober 2015 zur Wahl auf. Denn: «Im Bundeshaus wird vieles entschieden, das im Alltag Auswirkungen hat. Wählen ist ein Privileg. Wer kann, soll.» #GoVoteCH ist ein Projekt der Zeitschrift «Helvezin».
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Nach Zürich und Luzern: Auch Urner Kantonspolizei warnt vor gefälschten Twint-QR-Codes
Die Kantonspolizei Uri hat bei zahlreichen Parkuhren gefälschte Twint-QR-Codes festgestellt. Mit der Phishingmasche versuchten Betrüger, Zugang zu sensiblen Daten zu erhalten. Zuvor warnten bereits die Behörden in Zürich und Luzern vor den Fake-QR-Codes.