Er kam als Aussenstehender und steht nun wieder draussen vor der Tür: Der Verwaltungsrat der Insel-Gruppe hat Direktionspräsident Uwe E. Jocham am Donnerstag per sofort freigestellt worden. Der einfache Grund: Das Vertrauen ist weg.
Mit dem Chef der grössten öffentlichen Spitalgruppe der Schweiz muss gleichzeitig auch dessen Stellvertreter gehen. Der medizinische Direktor Urs Mosimann hatte sein Amt bei der Insel-Gruppe nur kurz vor seinem Chef 2017 angetreten.
Am Tag danach reibt man sich in Bern die Augen. Und das, obwohl seit langem einiges dafür sprach, dass das Duo Jocham/Mosimann und deren Führung nicht länger zum Inselspital passen. Denn das Vertrauen war längst mehr als angekratzt.
Da waren Mobbing-Vorwürfe, über welche diesen Frühling zuerst das Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Radio SRF berichtet.
Oder im Jahr davor das Defizit von 113 Millionen Franken (und im Jahr davor 80 Millionen Franken). Und immer wieder Umstrukturierungen, die zu Entlassungen oder Abgängen führten – bei medizinischem Spitzenpersonal wie auch in tieferen Hierarchiestufen.
Nebst dem steigenden ökonomischen Druck ist immer wieder auch kritisiert worden, dass das Patientenwohl an der Insel zunehmend unter Druck gerate. Dabei war Uwe E. Jocham von der Politik seinerzeit genau dafür geholt worden, um die Spitalfinanzen und -strukturen zu erneuern. Im Gesundheitswesen verfügte der einstige Chef der Berner Niederlassung des weltweit tätigen Biotech-Konzerns CSL Behring zwar über keine Erfahrung. In bernischen Wirtschaftskreisen war er dafür umso vernetzter.
Und seit seiner Wahl (ohne nötige Auswahl - wie die Berner Regierung damals freimütig bekannt gab) gaben auch deren Umstände zu reden. Einerseits sollte Jocham nur wenige Wochen nach der Wahl durch den Regierungsrat zum Verwaltungsratspräsidenten auch gleich zum Direktionspräsidenten der Insel-Gruppe gewählt werden. Dagegen wehrte sich das Kantonsparlament erfolgreich und der neue Insel-Chef zog sich aus dem Verwaltungsrat zurück.
Andererseits gab in der Folge auch die Lohn-Frage viel zu reden. Nach dem Antritt Jochams schnellte die Vergütung des Insel-Chefs um rund 170'000 auf 670'000 Franken in die Höhe. Dass gleichzeitig beim Personal gespart wurde, führte zu heftigen Protesten. Und die Stimmung unter den Mitarbeitenden hat sich immer weiter verschlechtert, wie beispielsweise «Bund» und «Berner Zeitung» in Recherchen aufgearbeitet haben.
Und dann ist da noch die Frage der Ehrendoktorwürde. Diese hat die Universität Bern Jocham kurz nach Job-Antritt verliehen. Und sie soll damit auch direkt in Verbindung stehen. Denn als Uni-Spital ist die Insel eng verbunden mit dem Forschungs- und Wissenschaftsbetrieb.
Ironie der Geschichte ist, dass der scheidende Rektor der Universität Bern nun ad interim die operative Leitung der Insel-Gruppe übernehmen wird. Dies zusammen mit Bernhard Pulver, langjährigem Präsidenten des Verwaltungsrats der Insel-Gruppe und ehemaliger Grünen-Regierungsrat.
Bisher hat sich Uwe E. Jocham selbst nicht zu seinem Abgang geäussert. Er erhält laut Pulver jedoch eine Lohnfortzahlung von 12 Monaten. Und auch sein Vize darf aufgrund des Anstellungsvertrags ein halbes Jahr weiterhin mit dem Lohn rechnen. Andere Abgangsentschädigungen gebe es keine.
Wie die Spitze des Verwaltungsrats um Pulver am Donnerstagabend an einer kurzfristig angesetzten Medieninformation erklärten, ist ein Wechsel an der Unternehmensspitze unumgänglich. Die Insel-Gruppe brauche für die nächste Etappe nun eine Leitung, welche die Mitarbeitenden und das Kader wieder hinter sich zu vereinen und zu motivieren verstehe.
Zur Insel-Gruppe gehören neben dem eigentlichen, universitären Inselspital mit seinen verschiedenen Kliniken auch die Spitäler in Aarberg, Belp und Riggisberg sowie das Reha-Zentrum in Heiligenschwendi. Vergangenes Jahr hat die Spitalgruppe die Standorte Tiefenau und Münsingen geschlossen und zuvor bereits das Zieglerspital dicht gemacht.
In der Schweiz rumpelt es derzeit nicht nur bei der Insel-Gruppe kräftig. Die hiesige Spitallandschaft sorgt spätestens seit der Coronapandemie gehäuft für Schlagzeilen. Oft geht es um fehlende Finanzen wie beispielsweise bei der Rettung des Kantonsspital Aarau durch die Politik im vergangenen Jahr.
Auch in Zürich musste das Spital Wetzikon den Kanton um Hilfe rufen. Die Spitalgruppe Zürcher Oberland benötigte dringend eine Kapitalerhöhung von 40 Millionen oder das Spital Uster musste gar von seinen Trägergemeinden vor dem Konkurs gerettet werden. Und in der Ostschweiz sprach der Kanton St. Gallen für seine Spitäler 163 Millionen.
Nebst finanziellen Problemen gibt es - wie teilweise nun auch bei der Insel-Gruppe in Bern - immer wieder auch weitere Gründe für Turbulenzen wie Vorwürfe von Willkür, Mobbing oder fahrlässigen Umgangs mit der Patientensicherheit - die bei Spitälern zu Eklats führen. So kommt zum Beispiel das Bürgerspital Solothurn seit Jahren nicht mehr zur Ruhe.
Oder in der Zentralschweiz kam es eben bei der Erneuerung der Spitze des Verwaltungsrats des Luzerner Kantonsspitals zum Eklat: Erst auf grossen öffentlichen Druck wegen Interessenkonflikten verzichtete FDP-Ständerat Damian Müller auf das Präsidium. Im Nachgang sorgten zwei Fake-Mails mit falschen Beschuldigungen über Luzern hinaus für Schlagzeilen.
Nebst aufgestauten Finanzproblemen als Folge der Coronapandemie dürfte bei vielen Spitälern auch ein Entscheid vor gut einem Dutzend Jahre zur aktuellen Situation geführt haben. Damals beschloss die Politik eine gesundheitspolitische Revolution und führte die sogenannten Fallpauschalen ein.
Die Idee dieser Gesetzesänderung: Spitäler sollten durch marktwirtschaftliche Prinzipien dazu gezwungen werden, effizienter zu werden. Denn seither erhalten sie für ihre medizinischen Leistungen nur noch eine pauschale Entschädigung. Davor haben Kantone und Gemeinden die Defizite ihrer Spitäler jeweils übernommen.
Es gibt x hunderte Kommissionen und Sitzungen die zu nichts führen. Jeder ist sich selbst der Nächste und schaut auf sein eigenes Gärtchen.
Gemäss Quellen wissen die Personen selber dass der Staat (Kanton) sie sowieso retten muss beim nicht einhalten von Budget oder sonstiges. Es muss aufgeräumt werden.
Die Spitäler/Kliniken sind zu sehr hierarchisch und sehr durchsichtig..
Genau durch solche Deckmantel wird es auch in Zukunft solche Fälle geben.