Es ist ein Traumtag auf dem Thunersee, der in die Geschichte eingeht. Seit heute Montag müssen ÖV-Reisende landauf, landab eine Maske tragen – davon sind die Passagiere der Kursschiffe nicht ausgenommen.
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Mit voller Kraft überquert die MS Thun von Gunten den See Richtung Interlaken. Eine steife Brise bläst Ivan (22) und seiner Freundin Gonina (22) entgegen. Für sie ist es der erste Tag, an dem sie für längere Zeit eine Maske tragen. «Ich bekomme chli wenig Schnuuf und schwitze stark», sagt Ivan. Es sei schon komisch, dass man ausgerechnet an der frischen Luft auf dem See eine Maske tragen müsse. Und etwa im Ausgang nicht. «Aber es ist, wie es ist. Hauptsache, es stecken sich weniger Leute an», fügt Gonina an.
Das Schiff fährt aus dem Spiezer Hafen aus. Yvonne (60) zuckt mit den Schultern, als sie der watson-Reporter auf die ersten Masken-Erfahrungen anspricht. «Mich stört, dass ich die Mimik meines Gegenübers nicht mehr erkenne. Da geht etwas in der zwischenmenschlichen Kommunikation verloren.»
Ein Augenschein auf dem Schiff zeigt: Es tragen fast alle Passagiere einen Mundschutz. Ein einzelner Raucher pafft mit heruntergezogener Maske vor sich hin. Andere Leute verziehen sich alleine in verwaiste Ecken und entledigen sich dann kurzzeitig der Maske, um Luft zu schnappen – obwohl es dafür auch einen einfacheren Weg gäbe.
Während die Passagiere draussen eine Maske tragen müssen, dürfen sie sich des Mundschutzes drinnen im Bordrestaurant entledigen. «Hier prallen zwei Gesetze aufeinander», erklärt ein Matrose. Im Innenbereich gelten die BAG-Regeln für die Gastronomie, die keine Maskenpflicht vorsehen. Im Aussenbereich hingegen herrscht ÖV-Maskenobligatorium. «Das ist schon etwas erklärungsbedürftig», sagt der BLS-Angestellte.
Davon lässt sich Annette (60) nicht beirren. Zusammen mit ihrem Mann geniesst sie die herrliche Aussicht auf die Berner Alpen. «Meine Sonnenbrille beschlägt immer wieder. Aber das ist nicht weiter tragisch. Heuer ist einfach ein schräges Jahr.»
An 2020 werden sich bestimmt auch die zwei kleinen Kinder von Sven (53) aus Frutigen erinnern. «Sie wollen unbedingt eine Maske tragen, obschon sie gar nicht müssten. Da habe ich natürlich nicht lange weiter diskutiert», sagt er und knipst ein Selfie. Wie viele andere Fahrgäste auch, die ihren ersten Masken-Trip fotografisch festhalten.
Wie reagieren Tiere auf die vielen maskierten Menschen? Eine Frau aus dem Baselbiet sitzt mit ihrem Vierbeiner auf dem Boot. «Wir gewöhnen unsere Hunde an der Fasnacht an Lärm und Masken. Darum hat sie keine Probleme. Andere Hunde könnten schon verwirrt sein.»
Die MS Thun läuft im Zielhafen Interlaken ein. Die Passagiere gehen von Bord, viele nehmen die Maske ab und holen tief Luft. Eine BLS-Angestellte ist zufrieden über die erste Tour mit Maskentragpflicht. «Ich habe nur drei Hygienemasken verkauft. Dies an Personen, die spontan auf das Schiff zustiegen und darum keine Maske bei sich hatten.»
Egal ob in Trams, Bussen oder Zügen: Die allermeisten Passagiere trugen laut einer Zwischenbilanz diverser ÖV-Betriebe am ersten Tag des Maskenobligatoriums einen Mundschutz.
So auch im BLS-Regioexpress von Bern nach Spiez, wo der watson-Reporter eine maskierte Wandergruppe antrifft. Fritz (64) ist froh, dass endlich Maskenpflicht herrscht. «Es fühlt sich zwar komisch an. Aber jetzt herrscht Klarheit. Man muss nicht mehr dauernd abwägen, ob man eine Maske tragen soll.»
Susanne (55) ist ebenfalls erleichtert. In den letzten Wochen sei sie mehrmals von Leuten im Zug angepöbelt worden, weil sie schon damals eine Maske getragen habe. «‹Bist du krank und ansteckend?› Solch doofe Bemerkungen muss ich mir jetzt nicht mehr anhören.»
Nur weil man es nicht muss, bedeutet das ja nicht, dass man es nicht darf.
Aber eine Regelung à la "auf Schiffen ist es nur drinnen Pflicht sowie auf Terassen wenn es Gedränge gibt" würde wohl kaum funktionieren.
Dann haben es die Betreiber eben so umgesetzt, das die Maske ausser im Restaurant überall getragen werden muss.