Schweiz
Coronavirus

Lockdown in der Schweiz: Diese Strafen drohen Restaurants und Läden

Wer gegen die Vorgaben des Bundesrats verstösst und trotzdem seinen Betrieb öffnet, dem blühen bis zu drei Jahren Haft. Bild: Ausgang in Baden, 14. März 2020.
Wer gegen die Vorgaben des Bundesrats verstösst und trotzdem seinen Betrieb öffnet, dem blühen bis zu drei Jahren Haft. Bild: Ausgang in Baden, 14. März 2020.Alex Spichale/AGR

Bis 3 Jahre Haft: Diese drakonischen Strafen drohen, wenn Beizen trotz Lockdown öffnen

Mit Law and Order gegen das Virus: Der Bundesrat verschärft seine Gangart. Wer sich vorsätzlich nicht an die Vorschriften halte, gefährde die Gesundheit anderer Personen, heisst es.
16.03.2020, 21:33
Sven Altermatt / ch media
Mehr «Schweiz»

Die Massnahmen sind drastisch, die Strafen bei Verstössen auch: Im Kampf gegen das Corona-Virus greifen europäische Regierungen zu immer einschneidenderen Mitteln. Durchgesetzt werden sie auch mit harter Hand.

In Österreich etwa gelten seit Wochenbeginn ein Versammlungsverbot und eine faktische Ausgangssperre. Wer sich nicht daran hält, riskiert heftige Strafen. Die Behörden bekamen vom Parlament die Befugnis, Zwangsmittel anzuwenden. Das Corona-Gesetz erlaubt ihnen, das Betreten gewisser Orte zu untersagen. Besonders hohe Strafen gibt es etwa für Gastwirte, die ihr Lokal trotzdem öffnen. Ihnen drohen bis zu 30000 Euro Strafe.

Noch weiter geht Italien. Das ganze Land ist seit Tagen eine Schutzzone. Nach Angaben des italienischen Innenministeriums wurden allein zwischen Donnerstag und Sonntag über 20'000 Personen wegen Verstössen gegen die Corona-Quarantäne angezeigt.

Die wichtigsten Aussagen von der Lockdown-Medienkonferenz:

Video: watson/nico franzoni

Und in der Schweiz? Ausgangssperren gibt es keine. Doch bis am 19. April bleiben Geschäfte, Restaurants, Bars sowie Freizeitbetriebe im ganzen Land geschlossen. Das hat der Bundesrat gestern angeordnet. In seiner neuen Corona-Verordnung hat er erstmals eine scharfe Strafbestimmung eingeführt. Auch das Epidemiengesetz enthält zwar bereits Bestimmungen; Verstösse gegen die Massnahmen der Regierung werden demnach mit Busse bestraft. Doch wer sich diesen nun vorsätzlich widersetzt, soll sogar mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.

Der Bundesrat äusserte sich an seiner Medienkonferenz gestern nicht dazu. Erst auf Anfrage erklärte Agnès Schenker, die Informationschefin von Justizministerin Karin Keller-Sutter: «Wir bekommen die Situation nur in den Griff, wenn wir uns alle an die Massnahmen halten.» Wer sich vorsätzlich nicht daran halte, gefährde die Gesundheit anderer Personen und das Funktionieren des Gesundheitssystems. «Das rechtfertigt die Bestrafung mit einer Busse oder einer Freiheitsstrafe von drei Jahren», so Schenker. Die Verordnung sehe aber keine Mindeststrafe vor – Bagatellfälle könnten mit einer tiefen Geldstrafe geahndet werden.

Betroffen wären etwa die Betreiber von Restaurants oder Läden, die ihre Betriebe trotzdem öffnen. Aber auch Personen, die trotz Verbot eine Veranstaltung durchführen oder ihre Vereinsaktivitäten nicht aussetzen.

Bisher gilt: Zuerst ermahnen, dann durchgreifen

Über das Wochenende waren die Schweizer Polizeikorps vorderhand damit beschäftigt, die am Freitagnachmittag eingeführte 50-Personen-Grenze in Bars und Restaurants zu kontrollieren, wie eine Umfrage von CH Media bei mehreren Kantonen zeigt. Vielerorts lautete die Devise: Zuerst ermahnen und erst wenn dies fruchtlos bleibt zu Strafmitteln schreiten.

Die Gastronomiebetreiber hätten sich grundsätzlich an die Begrenzung gehalten, hiess es etwa bei der Stadtpolizei Zürich. Doch vor allem Jüngere scheinen die Verhaltensempfehlungen des Bundes noch nicht alle gleich ernst zu nehmen. In Zürich versammelten sich an manchen Orten im Freien laut Augenzeugen bis zu vierzig Personen in Gruppen. Ähnliche Berichte gab es aus anderen Städten. Verboten ist dies allerdings weiterhin nicht.

Die Zürcher Kantonspolizei erklärte, man habe die Vorschriften übers Wochenende mit Augenmass umgesetzt. Ein halbes Dutzend Betriebe seien nach Hinweisen, wonach sich darin mehr als 50 Personen aufhalten würden, kontrolliert worden, sagte ein Sprecher. «Wir haben die Betreiber auf die neuen Bestimmungen hingewiesen, manchen waren diese noch nicht bekannt.» Auch in allen anderen angefragten Kantonen blieb es in entsprechenden Fällen bei einer Verwarnung. «Alle Kontrollen verliefen absolut problemlos und stiessen bei sämtlichen Beteiligten auf grosses Verständnis», erklärte etwa ein Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen.

Polizeikorps müssen schärferes Regime durchsetzen

Wie Recherchen zeigen, arbeiteten mehrere Polizeikorps bereits vor dem jüngsten Entscheid des Bundesrats an Konzepten, wie sie das schärfere Regime durchsetzen können. «Wichtig ist, dass wir unseren regulären Betrieb weiterhin sicherstellen können», sagt der Polizeikader eines Kantons. In diesen Tagen sei es besonders wichtig, eine hohe objektive und subjektive Sicherheit zu gewährleisten. «Auch mit vermehrten Patrouillen.»

Regelt jeder Kanton die Umsetzung der Corona-Massnahmen für sich alleine? Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren erklärte zumindest gestern noch: Auf nationaler Ebene seien im Moment keine entsprechenden Empfehlungen geplant. Allerdings würde die nun erlassene «ausserordentliche Lage» dem Bundesrat auch in diesem Bereich erlauben, den Tarif durchzugeben. (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Covid-Verordnung Bundesrat (16. März 2020)
1 / 8
Covid-Verordnung Bundesrat (16. März 2020)
quelle: bundesrat
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Bleiben Sie zuhause»: Unispital-Prof erklärt zusammengefasst, was jetzt angesagt ist
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Eine_win_ig
16.03.2020 21:45registriert Dezember 2016
Einfach meine Meinung:

Die ganze Zeit Artikel schreiben, wie die Bundesregierung falsch/zu langsam reagiert habe und dann, wenn was passiert, die möglichen Strafen als "drakonisch" bezeichnen geht nicht auf. Liebe Medien: Auch Ihr seid in der Verantwortung!
39812
Melden
Zum Kommentar
avatar
raues Endoplasmatisches Retikulum
17.03.2020 00:36registriert Juli 2017
Ich lese watson nun seit circa 2,5 Jahren, und wenn auch nicht immer einer Meinung, so habe ich euch doch immer für eine echte Bereicherung in der CH-Medienlandschaft gehalten. Doch seit dem Beginn der Epdemie wurde ich von euch leider oft entäuscht.
Zum einen sind da die locker-lässigen Einwürfe von der Seitenlinie, wie der Bundesrat doch alles falschmacht und nachsichtig ist, aber gleichzeitig kommen dann solche Titel, wo wieder drakonisch verwendet wird. Wie wenn nun die Menschen zu Duzenden weggespeert werden würden, weil sie kurz die Nase vor die Tür halten.
1020
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bivio
16.03.2020 22:32registriert März 2018
Das sind keine effektiven Strafen sondern nur die Strafen, welche das Gesetz vorsieht. In der Schweiz bedeutet das, dass in einem Fall es eine Geldstrafe auf Bewährung gibt. Was die Regel bei Verstösen gegen Vergehen (max. Strafe 3 Jahre) ist. Also vom strafrechtlichen her, muss sich niemand fürchten.

Was mich aber ein bisschen stört, ist die Tatsache, dass als die SVP den Abbruch der Session forderte oder die Schliessung der Grenzen und andere Massnahmen, dies als Humbug abgetan wurde. Jetzt jammern die selben Leute, dass der BR zu zögerlich das Ganze angeht.
12220
Melden
Zum Kommentar
25
Ständerat schlägt bei Betreuungszulage erste Pflöcke ein

Der Ständerat befürwortet grundsätzlich die Einführung einer Betreuungszulage und hat am Mittwoch erste Entscheide zu deren Ausgestaltung gefällt. Mit der Zulage will die kleine Kammer Eltern bei den Kita-Kosten unterstützen. Ausgearbeitet hat die Vorlage die Bildungskommission des Ständerats.

Zur Story