Schweiz
Donald Trump

Nationalrat streitet über Schweizer Antwort auf US-Zölle

Die Grosse Kammer stimmt ab, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 3. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Die grosse Kammer im Bundeshaus in Bern stimmt ab. Bild: keystone

Nationalrat streitet über Schweizer Antwort auf US-Zölle

18.06.2025, 13:2118.06.2025, 13:30
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Die FDP sieht die Schweiz auf dem richtigen Kurs, die Linke ein Einknicken vor Donald Trump. In der Nationalratsdebatte zur Schweizer Antwort auf die Zusatzzölle der USA wurden ganz unterschiedliche aussenpolitische Prioritäten sichtbar.

Die grosse Kammer debattierte am Mittwoch über Interpellationen der Fraktionen von Grünen, SP, Mitte, GLP und FDP. Das Büro des Nationalrats hatte die Vorstösse in der ersten Woche der Sommersession für dringlich erklärt. Entscheide hatte der Rat keine zu fällen.

Ruf nach Deregulierung

FDP-Fraktionschef Damien Cottier (NE) sagte, die Art, wie die US-Regierung die Zölle berechnet habe, sei unverständlich. Der Bundesrat habe in dieser Lage den «Weg der Pädagogik» gewählt. Er verwies auf die grosse Bedeutung von Schweizer Investitionen in den Vereinigten Staaten.

Die FDP begrüsste ausdrücklich, dass die Schweiz einen Dialog mit Washington habe in Gang setzen können. Sie wollte vom Bundesrat aber unter anderem wissen, was die Landesregierung mittel- und langfristig tue, um die von der Regierung von US-Präsident Donald Trump ausgehenden Unsicherheiten für die Unternehmen in der Schweiz abzudämpfen.

Kurzfristig sei es sicher richtig, wenn die Handelsdiplomatie versuche, die Schäden in Grenzen zu halten, sagte Beat Walti (FDP/ZH). Falsch und gefährlich wären dagegen «populistische Reflexe», die den Schweizer Unternehmen noch mehr schadeten. Vielmehr brauche es bessere Standortbedingungen. Die Schweiz müsse konkret unnötige Regulierung abbauen und die finanzielle Gesundung der Altersvorsorge sicherstellen.

«Neuer Faschismus»

Einen anderen Ton schlug die SP-Fraktion an. Ihre Interpellation trug den Titel «Beugt sich der Bundesrat vor autoritären Regierungen, anstatt die Interessen der Schweizer Bevölkerung zu verteidigen?». Dem Bundesrat warfen die Sozialdemokraten vor, sich vorschnell auf Trumps Spiel eingelassen zu haben.

Trump verkörpere einen neuen Faschismus, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (SP/ZH). Dieser sei das Ergebnis multipler Krisen. Die heutige Zeit fordere von der Schweiz eine Entscheidung: «Stehen wir auf der Seite der Oligarchie oder auf der Seite der Demokratie?», fragte er rhetorisch. Die Schweiz dürfe nicht die Neutralität vorschieben, um Geschäfte zu machen.

Sorge um Pharmaindustrie

«Wie bleibt die Schweiz in einer destabilisierten Welt wirtschaftlich souverän und wettbewerbsfähig?», fragte Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL). Es brauche eine Standortstrategie etwa für die Pharmaindustrie. Schneider-Schneiter warb für die neuen Verträge mit der EU und den Erhalt der Personenfreizügigkeit, die die Rekrutierung von Fachkräften ermögliche.

Die Grünliberalen äusserten die Befürchtung, Trump könnte Zusatzzölle trotz Schweizer Konzessionen ohne Vorwarnung wieder einführen oder erhöhen. Zudem betonte die GLP, nun gelte es die Beziehungen zur EU zu stärken.

Celine Weber, GLP-VD, spricht waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. September 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
GLP-Politikerin Céline Weber.Bild: keystone

Céline Weber (GLP/VD) unterstrich, die Antwort der Schweiz auf die wirtschaftlichen Herausforderungen könne nicht die Subventionierung einzelner Branchen sein. Stattdessen forderte sie weniger bürokratischen Aufwand für Unternehmen.

Die SVP reichte keine Interpellation ein, äusserte sich aber im Rahmen eines Fraktionsvotums. Die Schweiz habe ein klares Interesse, die Gespräche mit den USA zum Abschluss zu bringen, sagte Franz Grüter (SVP/LU). «Es geht um viel: für unsere Wirtschaft, für unseren Wohlstand und für unsere Handlungsfähigkeit in einer zunehmend fragmentierten Welt.»

Die Mitte-Fraktion verlangte unter anderem Auskunft über den Umfang der volkswirtschaftlichen Schäden durch die Zusatzzölle – und zu möglichen Entlastungsmassnahmen.

Die Grünliberalen äusserten die Befürchtung, Trump könnte Zusatzzölle trotz Schweizer Konzessionen ohne Vorwarnung wieder einführen oder erhöhen. Zudem unterstrich die GLP, nun gelte es die Beziehungen zur EU zu stärken.

Vorwurf der Einseitigkeit

Um Grundsätzliches drehte sich die Interpellation der Grünen. Sie warfen dem Bundesrat vor, sein aussenpolitischer Kurs sei inkohärent. Beispielsweise biete man Trump-nahen Tech-Giganten zusätzliche Verträge an, statt mit der EU bei der Regulierung von Tech-Plattformen zusammenzuarbeiten. Zudem vertrete die Landesregierung eine pro-israelische Politik, statt Völkerrechtsverletzungen durch Israels Armee entgegenzutreten.

Im Gazastreifen hungerten zwei Millionen Menschen, sagte Sibel Arslan (Grüne/BS). Die Situation sei untragbar. Die Schweiz dürfe dazu nicht schweigen. Ähnlich äusserte sich Farah Rumy (SP/SO) namens der SP-Fraktion.

Mandat verabschiedet

Wirtschaftsminister Guy Parmelin verwies im Rat insbesondere auf die laufenden Bemühungen des Bundesrats im Zollstreit. Die Machtpolitik gewinne in den internationalen Beziehungen an Bedeutung, erklärte er. Dies sei alarmierend. Der Bundesrat hatte Ende Mai einen Entwurf für ein Verhandlungsmandat zu Handels- und Wirtschaftsfragen mit den USA verabschiedet. Die Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte hiessen das Mandat Anfang Juni gut.

Bundesrat Guy Parmelin spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 18. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundesrat Guy Parmelin.Bild: keystone

In den Verhandlungen mit Washington strebe man den Status quo ante an, erklärte Parmelin. Der Bundesrat wird demnach auch versuchen, den pauschalen Zollsatz von zehn Prozent wegzuverhandeln.

Eine Vielzahl an Zwischenfragen an den Wirtschaftsminister von Vertreterinnen und Vertretern der Linken betraf den Nahost-Konflikt. Parmelin sagte, der Bundesrat sei bestürzt über das menschliche Leid im Gazastreifen. Bei der Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Gewährleistung humanitärer Hilfe bestehe kein Ermessensspielraum. Aussenminister Ignazio Cassis war bei der Nationalratsdebatte nicht zugegen. (sda)

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