Per Anfang 2019 wurde die bisher geräteabhängig zu entrichtende Radio- und Fernsehabgabe für Privatpersonen, deren Löwenanteil zur Finanzierung des SRG-Angebots fliesst, ersetzt. Seither wird für jeden Haushalt eine Gebühr von aktuell 335 Franken pro Jahr fällig.
Der Bund erteilte im März 2018 der Serafe AG das Mandat für die Erhebung der Haushaltsabgabe für die Jahre 2019 bis 2025. Sie löste die umstrittene Billag AG ab. Doch auch die neue Konzessionärin sorgte zunächst für Negativschlagzeilen: Ungenügende Datengrundlagen zur Zusammensetzung von Privathaushalten sorgten für zahlreiche fehlerhafte Rechnungen.
Im Mai 2022 übernahm die Elca Group des Waadtländer IT-Unternehmers und Multimillionärs Cédric Moret indirekt eine Aktienmehrheit von 63,5 Prozent an der Serafe. Konkret schloss die Elca-Tochter Sumex AG einen Deal ab mit den bisherigen Aktionären der Secon AG, der die Serafe zum damaligen Zeitpunkt zu hundert Prozent gehörte.
Der 55-jährige Moret, Ex-Mann der Waadtländer FDP-Staatsrätin und einstigen Bundesratskandidatin Isabelle Moret, ist CEO und Mehrheitsinhaber der Elca Group. Er kontrolliert eines der grössten Schweizer IT-Unternehmen mit zahlreichen Tochterfirmen und weltweit über 2200 Mitarbeitenden. 2023 erzielte die Elca einen Jahresumsatz von 328 Millionen Franken.
Ende Mai machte die «NZZ am Sonntag» publik, dass die Serafe AG im vergangenen Jahr 6 Millionen Franken Dividende an ihre Muttergesellschaft Secon AG ausschüttete. Unter dem Titel «Wer wird Millionär?» beschrieb die Zeitung, wie die Serafe ihren Gewinn seit Beginn des Inkasso-Mandats kontinuierlich auf jüngst 5,9 Millionen Franken steigern konnte.
Die «NZZ am Sonntag» bilanzierte: «Mit der Erhebung und dem Inkasso der staatlich verordneten Radio- und Fernsehabgabe werden beträchtliche Gewinne erzielt – wovon private Investoren profitieren.»
Dagegen wehrte sich Elca-CEO und Serafe-Mitinhaber Cédric Moret eine Woche später in zwei Interviews. Niemand erhalte einen Rappen aus den TV- und Radiogebühren, betonte Moret gegenüber «Le Temps» und «SonntagsBlick».
Die hohe Dividende im letzten Jahr gehe mehrheitlich auf die Auflösung einer Rückstellung zurück. Diese habe man angelegt, falls man das Mandat des Bundes verloren hätte. Der Bund beauftragte letztes Jahr jedoch erneut die Serafe mit der Erhebung der Mediengebühren für die Jahre 2025 bis 2034.
Die Dividende der Serafe AG zuhanden der Secon AG werde vollständig ins Unternehmen reinvestiert, betonte Moret. Dieses könne dadurch seine technischen Plattformen weiterentwickeln, wovon alle Kunden profitierten, indirekt auch der Bund. Denn damit sinken laut Moret die Kosten für die Erhebung der Medienabgabe.
Moret warf der «NZZ am Sonntag» vor, ihre Berichterstattung sei persönlichkeitsverletzend und rufschädigend und kündigte die Prüfung rechtlicher Schritte an. Unterdessen hat ein bekannter Medienanwalt bei der Redaktion interveniert. «Die Vorwürfe darin waren aus unserer Sicht unbegründet», schreibt eine NZZ-Sprecherin. Die Elca Group will sich nicht dazu äussern, ob sie weitere rechtliche Schritte plant.
Mit der FDP ist Elca-Boss Moret nicht nur aufgrund seiner Ex-Frau verbunden. Im Verwaltungsrat seiner Elca Group sitzen zwei freisinnige Schwergewichte: Noch-Parteipräsident und Ständerat Thierry Burkart (AG) sowie der langjährige Waadtländer Finanzdirektor und heutige Ständerat Pascal Broulis. Er wurde im September 2022 in den Verwaltungsrat gewählt, wenige Monate nachdem die Elca-Gruppe die Mehrheit an der Serafe AG übernommen hatte. Broulis will sich am Rande der laufenden Sommersession des Parlaments nicht zu seinem Mandat äussern.
Thierry Burkart stiess bereits im Frühjahr 2020 zum Elca-Verwaltungsrat hinzu. Auf Anfrage schreibt der Aargauer, er übernehme im Verwaltungsrat die Rolle, gesellschaftspolitische Einschätzungen in strategischen Fragen vorzunehmen: «Ich bringe meine juristische Expertise als Wirtschaftsanwalt und meine Erfahrung als Verwaltungsrat ein». Diese Kombination sei wichtig für das Unternehmen, das vor allem technische Kompetenzen habe.
Ähnlich tönt es bei der Elca Group. Der Verwaltungsrat verfolge das Ziel, ein möglichst breites Kompetenzspektrum zu vereinen: «Deshalb sind neben sechs Fachpersonen aus der Wirtschaft auch zwei Experten aus dem politischen Umfeld im Verwaltungsrat vertreten.»
Zur Höhe der Entschädigungen für die beiden FDP-Mitglieder schweigen sowohl Burkart als auch das Unternehmen. Als privates Unternehmen teile man diese Angaben nicht öffentlich.
Das Mandat zur Erhebung der Fernseh- und Radiogebühr sei transparent und gesetzeskonform innerhalb einer öffentlichen Ausschreibung vergeben worden, schreibt die Elca. Burkart ergänzt: «Selbstverständlich würde ich nie eine öffentliche Ausschreibung zu beeinflussen versuchen. Das widerspricht jeder guten Governance.»
Die Elca-Gruppe und ihre Tochterfirmen erheben nicht nur die Radio- und Fernsehabgabe. Sie bieten auch IT-Dienstleistungen für Krankenversicherer, Pensionskassen und Sozialversicherungen an. So hat allein die Zentrale Ausgleichsstelle des Bundes für die 1. Säule (ZAS) seit 2016 Aufträge in Höhe von 7,6 Millionen Franken an die Elca-Gruppe vergeben.
Bald könnte ein weiterer Grossauftrag winken: Der Bundesrat will mit einem neuen Gesetz die Grundlagen für eine elektronische Sozialversicherungsplattform schaffen. In der Vernehmlassung gab es zwar Kritik an den zu wenig klar dargelegten Folgen für die kantonalen AHV-Stellen. Doch die Stossrichtung wurde allgemein begrüsst. Nach den Sommerferien dürfte der Bundesrat die Botschaft zum neuen Gesetz zuhanden des Parlaments verabschieden.
Der Auftrag zum Aufbau dieser Sozialversicherungsplattform müsste öffentlich ausgeschrieben werden. Die Elca-Gruppe dürfte in den Startlöchern stehen – und dabei auf die Expertise der FDP-Schwergewichte in ihrem Verwaltungsrat zählen.
Sautöpfli -Saudeckeli