Neue Zahlen zeigen, wie «high» die Schweiz ist:
rauchen Schweizerinnen und Schweizer. Laut Schätzungen konsumieren 220'000 Leute regelmässig Cannabis.
lösen sich in der Schweiz jährlich in Luft auf. Der Schwarzmarktwert des verkauften Cannabis und Haschisch beträgt laut einer noch unveröffentlichten Studie des BAG und der Uni Genf
Obschon der Konsum von Cannabis seit 1975 unter Strafe steht, kiffen Schweizerinnen und Schweizer was das Zeug hält. Dies hält die Strafverfolgungsbehörden auf Trab:
gibt der Bund jährlich für die Durchsetzung des Cannabis-Verbots (Polizei/Gerichte) aus, ohne dass es irgendetwas nützt.
Die Schweizer Gras-Politik ist in einer Sackgasse. Das sagt nicht irgendwer:
erklärte Adrian Gschwend vom Bundesamt für Gesundheit am Donnerstag vor den Medien. Bis zur grossflächigen Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums ist es aber noch ein weiter Weg.
Mit dem «Experimentierartikel» im Betäubungsmittelgesetz hat das Parlament letzten Herbst die gesetzliche Grundlage für Cannabis-Pilotprojekte geschaffen, bei denen die Studienteilnehmenden legal Gras kaufen können. Seit Mai ist die Verordnung in Kraft. In Zürich, Bern, Basel, Lausanne, St.Gallen etc. sind Pilotprojekte in der Pipeline.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes wollte die Stadt Bern bereits 2017 Cannabis in Apotheken verkaufen, wurde damals aber vom Bund zurückgepfiffen. Unter der Federführung der Universität Bern starten die Behörden einen neuen Anlauf, um maximal 5000 Testkifferinnen- und Kiffer mit Gras zu beliefern.
Das Gesuch soll im Herbst beim BAG eingereicht werden. «Ziel ist, das Cannabis-Pilotprojekt im Herbst 2022 starten zu können», sagt Julia Joos, Suchtbeauftragte in der Gesundheitsdirektion der Stadt Bern, zu watson. Wie beim ursprünglichen Projekt sei vorgesehen, Cannabis in ausgewählten Apotheken an die Konsumentinnen zu verkaufen. Pro Person sollen pro Monat 40 bis 80 Gramm Gras bezogen werden können, führte Gschwend vom BAG aus. Wie man sich für die Studien anmelden kann, ist noch nicht klar.
Das Gras muss übrigens aus Bio-Anbau stammen, weil dies das Parlament so festlegte. «Eine Indoor-Produktion ist damit nicht möglich», so Gschwend weiter.
Wie die Marihuana-Abgabe genau organisiert ist und welche Daten erhoben werden, klären im Moment Universitäten, Stadtverwaltungen, Apotheken, Gras-Produzenten und das Bundesamt für Gesundheit ab. Klar ist: Die Teilnehmenden müssen mindestens 18 Jahre alt sein und bereits Cannabis konsumieren.
Ziel der grossangelegten Versuche: Die Schweiz will herausfinden, wie Cannabiskonsumierende mit der Droge umgehen, wenn sie nicht mehr verboten ist. Das BAG hofft dabei auf möglichst viele verschiedene Projekte, um ein umfassendes Bild zu erhalten. Daraus soll schliesslich eine Entscheidungsgrundlage für die künftige Drogenpolitik entstehen.
«2024 sei mit ersten belastbaren Resultaten zu rechnen», sagte Gschwend weiter. Fallen diese positiv aus, müssen danach das Parlament und schliesslich das Volk einer regulierten Cannabis-Legalisierung zustimmen. Der Experimentier-Artikel ist bis 2031 befristet. Spätestens bis dann muss also eine Lösung punkto Gras-Legalisierung her.
In Ländern wie Kanada, Uruguay oder in US-Bundesstaaten wie Kalifornien ist der Konsum von Gras legal. In Europa treiben etwa Holland oder Luxemburg einen neuen Umgang mit Cannabis voran. Man tausche sich mit den Ländern aus, versicherte Gschwend vom BAG weiter. «Ein Idealmodell für Cannabis-Legalisierung gibt es noch nicht. Aus Nordamerika liegen noch nicht viele zählbare Ergebnisse vor.» Die Schweiz habe sich für einen evidenzbasierten Weg in der Cannabis-Legalisierung entschieden. «Dafür müssen wir uns jetzt auch die Zeit nehmen», so der Leiter Sektion Politische Grundlagen und Vollzug im Bundesamt für Gesundheit.
Die Bevölkerung jedenfalls steht hinter den Cannabis-Pilotprojekten, wie eine an der Medienkonferenz vorgestellte Studie zeigte. Gemäss einer repräsentativen Umfrage findet es eine klare Mehrheit von siebzig Prozent wichtig, den gesetzlichen Umgang mit Cannabis in der Schweiz neu zu regeln. Zwei Drittel der Personen sprechen sich für eine Cannabis-Legalisierung aus.
«Die Schweizerinnen und Schweizer sind dennoch keine Cannabis-Fans. Die Mehrheit der Befragten wünscht sich eine drogenfreie Gesellschaft», sagte Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo. Vielmehr hätten die Leute gemerkt, dass man mit dem heutigen Weg den Drogenkonsum nicht unterbinden könne.
«Zwei Drittel der Menschen wollen keine Laisser-Faire-Politik, sondern wünschen sich eine starke Regulierung durch den Staat», führte Studienleiterin Sarah Bütikofer aus. Die Befragten waren gemäss Bütikofer meist der Ansicht, dass die Eindämmung des Schwarzmarktes und die Erhöhung der Sicherheit für Konsumierende wichtige Faktoren seien. Ebenso viele fordern ein Mindestalter von 18 Jahren für Konsumierende. Gefordert werden weiter ein strikter Jugendschutz, Prävention, ein Werbeverbot und eine hohe Besteuerung der Cannabisprodukte. «In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat es einen ziemlichen Wertewandel gegeben», sagte Bütikofer.
Mit Material von keystone-sda