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Cannabis-Legalisierung: So will das BAG Gras entkriminalisieren

220'000 Personen kiffen in der Schweiz regelmässig.
220'000 Personen kiffen in der Schweiz regelmässig. bild. shutterstock

Schweizer kiffen 750'000 Joints pro Tag – BAG: «Verbot macht keinen Sinn mehr»

Fertig mit der Kifferinnen-Jagd: Zwei Drittel der Bevölkerung wollen Gras legalisieren – unter strengen Bedingungen. Erste Pilotprojekte sollen 2022 starten. Der Überblick.
01.07.2021, 18:4401.07.2021, 19:48
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Neue Zahlen zeigen, wie «high» die Schweiz ist:

750'000 Joints pro Tag
Bild
bild: shutterstock

rauchen Schweizerinnen und Schweizer. Laut Schätzungen konsumieren 220'000 Leute regelmässig Cannabis.

273'750'000 Joints pro Jahr

lösen sich in der Schweiz jährlich in Luft auf. Der Schwarzmarktwert des verkauften Cannabis und Haschisch beträgt laut einer noch unveröffentlichten Studie des BAG und der Uni Genf

582 Millionen Franken.
Cannabis-Schwarzmarkt

Obschon der Konsum von Cannabis seit 1975 unter Strafe steht, kiffen Schweizerinnen und Schweizer was das Zeug hält. Dies hält die Strafverfolgungsbehörden auf Trab:

120 Millionen Franken
Kosten für Durchsetzung Cannabis-Verbot

gibt der Bund jährlich für die Durchsetzung des Cannabis-Verbots (Polizei/Gerichte) aus, ohne dass es irgendetwas nützt.

Wann fällt das Gras-Verbot?

Die Schweizer Gras-Politik ist in einer Sackgasse. Das sagt nicht irgendwer:

«Der Cannabis-Konsum ist in der Schweiz zu weit verbreitet, als dass ein Verbot weiter Sinn machen würde»,

erklärte Adrian Gschwend vom Bundesamt für Gesundheit am Donnerstag vor den Medien. Bis zur grossflächigen Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums ist es aber noch ein weiter Weg.

Wann starten Cannabis-Pilotprojekte?

ZUR MELDUNG, DASS DIE STADT BERN VERSUCHSWEISE CANNABIS IN APOTHEKEN VERKAUFEN MOECHTE, STELLEN WIR IHNEN AM MONTAG, 14. MAERZ 2016, FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG - On prepare un joint de cannab ...
Bern will Gras in Apotheken an Studienteilnehmende abgeben. Bild: KEYSTONE

Mit dem «Experimentierartikel» im Betäubungsmittelgesetz hat das Parlament letzten Herbst die gesetzliche Grundlage für Cannabis-Pilotprojekte geschaffen, bei denen die Studienteilnehmenden legal Gras kaufen können. Seit Mai ist die Verordnung in Kraft. In Zürich, Bern, Basel, Lausanne, St.Gallen etc. sind Pilotprojekte in der Pipeline.

Gras muss biologisch sein

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wollte die Stadt Bern bereits 2017 Cannabis in Apotheken verkaufen, wurde damals aber vom Bund zurückgepfiffen. Unter der Federführung der Universität Bern starten die Behörden einen neuen Anlauf, um maximal 5000 Testkifferinnen- und Kiffer mit Gras zu beliefern.

Das Gesuch soll im Herbst beim BAG eingereicht werden. «Ziel ist, das Cannabis-Pilotprojekt im Herbst 2022 starten zu können», sagt Julia Joos, Suchtbeauftragte in der Gesundheitsdirektion der Stadt Bern, zu watson. Wie beim ursprünglichen Projekt sei vorgesehen, Cannabis in ausgewählten Apotheken an die Konsumentinnen zu verkaufen. Pro Person sollen pro Monat 40 bis 80 Gramm Gras bezogen werden können, führte Gschwend vom BAG aus. Wie man sich für die Studien anmelden kann, ist noch nicht klar.

Das Gras muss übrigens aus Bio-Anbau stammen, weil dies das Parlament so festlegte. «Eine Indoor-Produktion ist damit nicht möglich», so Gschwend weiter.

Wie die Marihuana-Abgabe genau organisiert ist und welche Daten erhoben werden, klären im Moment Universitäten, Stadtverwaltungen, Apotheken, Gras-Produzenten und das Bundesamt für Gesundheit ab. Klar ist: Die Teilnehmenden müssen mindestens 18 Jahre alt sein und bereits Cannabis konsumieren.

Wann ist Gras-Legalisierung frühestens möglich?

Ziel der grossangelegten Versuche: Die Schweiz will herausfinden, wie Cannabiskonsumierende mit der Droge umgehen, wenn sie nicht mehr verboten ist. Das BAG hofft dabei auf möglichst viele verschiedene Projekte, um ein umfassendes Bild zu erhalten. Daraus soll schliesslich eine Entscheidungsgrundlage für die künftige Drogenpolitik entstehen.

«2024 sei mit ersten belastbaren Resultaten zu rechnen», sagte Gschwend weiter. Fallen diese positiv aus, müssen danach das Parlament und schliesslich das Volk einer regulierten Cannabis-Legalisierung zustimmen. Der Experimentier-Artikel ist bis 2031 befristet. Spätestens bis dann muss also eine Lösung punkto Gras-Legalisierung her.

Was sagt der Bund zur Gras-Legalisierung in USA, Kanada etc.?

epa06412914 Cannabis samples on display at the Harborside cannabis dispensary in Oakland, California, USA, 01 January 2018. In November 2016, California voters legalized recreational marijuana for adu ...
So schaut die Vitirine in einem Hanfshop in Kalifornien aus. Bild: EPA/EPA

In Ländern wie Kanada, Uruguay oder in US-Bundesstaaten wie Kalifornien ist der Konsum von Gras legal. In Europa treiben etwa Holland oder Luxemburg einen neuen Umgang mit Cannabis voran. Man tausche sich mit den Ländern aus, versicherte Gschwend vom BAG weiter. «Ein Idealmodell für Cannabis-Legalisierung gibt es noch nicht. Aus Nordamerika liegen noch nicht viele zählbare Ergebnisse vor.» Die Schweiz habe sich für einen evidenzbasierten Weg in der Cannabis-Legalisierung entschieden. «Dafür müssen wir uns jetzt auch die Zeit nehmen», so der Leiter Sektion Politische Grundlagen und Vollzug im Bundesamt für Gesundheit.

Was denkt die Bevölkerung über die Gras-Legalisierung?

Die Bevölkerung jedenfalls steht hinter den Cannabis-Pilotprojekten, wie eine an der Medienkonferenz vorgestellte Studie zeigte. Gemäss einer repräsentativen Umfrage findet es eine klare Mehrheit von siebzig Prozent wichtig, den gesetzlichen Umgang mit Cannabis in der Schweiz neu zu regeln. Zwei Drittel der Personen sprechen sich für eine Cannabis-Legalisierung aus.

«Die Schweizerinnen und Schweizer sind dennoch keine Cannabis-Fans. Die Mehrheit der Befragten wünscht sich eine drogenfreie Gesellschaft.»
Michael Hermann, Sotomo

«Die Schweizerinnen und Schweizer sind dennoch keine Cannabis-Fans. Die Mehrheit der Befragten wünscht sich eine drogenfreie Gesellschaft», sagte Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo. Vielmehr hätten die Leute gemerkt, dass man mit dem heutigen Weg den Drogenkonsum nicht unterbinden könne.

Sarah Bütikofer, Dr., wissenschaftliche Mitarbeiterin und Redaktorin DeFacto am Institut für Politikwissenschaft Zürich am Freitag (29.3.2019) im IPZ in Zürich. Foto: Flurin Bertschinger
Sarah Bütikofer, Studienautorin. bild: zvg

«Zwei Drittel der Menschen wollen keine Laisser-Faire-Politik, sondern wünschen sich eine starke Regulierung durch den Staat», führte Studienleiterin Sarah Bütikofer aus. Die Befragten waren gemäss Bütikofer meist der Ansicht, dass die Eindämmung des Schwarzmarktes und die Erhöhung der Sicherheit für Konsumierende wichtige Faktoren seien. Ebenso viele fordern ein Mindestalter von 18 Jahren für Konsumierende. Gefordert werden weiter ein strikter Jugendschutz, Prävention, ein Werbeverbot und eine hohe Besteuerung der Cannabisprodukte. «In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat es einen ziemlichen Wertewandel gegeben», sagte Bütikofer.

Mit Material von keystone-sda

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Uni Bern wollte Testkiffer mit Gras beliefern
Video: srf
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308 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Franz v.A.
01.07.2021 18:55registriert August 2019
Anstatt -120 Millionen könnte der Staat mindesten +120 Millionen machen wegen Canabis. Dieses hirnverbrannte Verbot nützt einzig und alleine nur der Mafia! Zudem consumieren viele Leute dank dem Verbot gepanschte und mit synthetischem THC angereichertes Grass, was der gesundheit extrem schaaded. Gebt das Zeug subito Frei! Es gibt genug Studien dazu im Ausland. Wir brauchen nicht noch eine eigene. einfach Legalisieren und pasta, und viele Probleme sind gelöst.
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Roli_G
01.07.2021 19:01registriert Januar 2021
Ich rauche ja gerne mal was. Aber 750 000 Joints pro Tag finde ich jetzt etwas viel. 1 bis 2 reichen an Werktagen völlig aus.😇
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Christian Mueller (1)
01.07.2021 19:00registriert Januar 2016
Keinen Sinn MEHR? Wann bitte hatte dieses Verbot eine Sinn? Polizisten von ihrer wirklichen Arbeit abhalten? Hippies bestrafen?
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