Die Sparmassnahmen des Bundes treffen auch die Hengste des Schweizer Nationalgestüts in Avenches. Um Kosten zu senken, soll die Zahl der Bundeshengste schrumpfen – von ursprünglich rund 60 auf noch 45 Tiere bis 2030.
Für die Freibergerpferde mit den klingenden Namen wie Don Adonis oder Netflix de Wallenried bedeutet das: Ihnen geht's ans Gemächt. Die Hengste, deren Sperma in der Zucht am wenigsten gefragt ist, werden kastriert und anschliessend verkauft. Eben erst mussten Historique («schöner Kopf», «viel Schub aus der Hinterhand», heisst es in seiner Beschreibung) und Caran d'Ache du Clos Virat (dessen «taktvoller Trab» der Bund hervorhebt) aus Spargründen unters Messer.
Züchter sind empört über das Vorgehen des Bundes, wie die «Bauernzeitung» berichtet. Zu Wort kommt darin Bruno Spring, der seit fast 35 Jahren Freiberger züchtet und als Präsident einer Interessengemeinschaft amtet, die sich für den Erhalt der ursprünglichen Freibergerrasse einsetzt.
Er sei noch immer «putzverruckt», sagt Spring, als ihn CH Media am Handy erreicht. Einerseits stört Züchter wie ihn die Wahl der Hengste, die aussortiert werden. Darunter seien Tiere, die für die Zucht besonders wertvoll sind, weil sie sehr reinrassig sind.
Andererseits ist es der Zeitpunkt: Im März flattert bei den Freibergerzüchtern jeweils der sogenannte Hengstkatalog ins Haus – eine Übersicht über alle Tiere, die zur natürlichen Besamung zur Verfügung stehen. Die Decksaison beginnt. 100 oder 200 Franken kostet es, eine Stute von einem Bundeshengst besamen zu lassen. Der Bund will damit den Erhalt der einzigen Pferderasse mit Schweizer Ursprung sicherstellen.
«Mitten in der Decksaison Hengste zu kastrieren, das geht doch nicht!», regt sich Spring auf. Die inzwischen kastrierten Hengste sind noch im Katalog aufgeführt. Damit mache sich das Nationalgestüt zum Gespött. «Kein privater Züchter könnte sich so etwas leisten», sagt er. Diverse Personen hätten sich bei ihm gemeldet, die seinen Frust teilen.
Auch Pauline Queloz, Geschäftsführerin des Freibergerverbands, kritisiert den Zeitpunkt der Kastration. Nachvollziehen kann sie indes den Entscheid an sich. Die beiden Hengste, die nun kastriert wurden, seien in den letzten Jahren von Züchtern kaum gefragt gewesen, sagt sie. Dann könne man auch nicht kritisieren, wenn sie kastriert und verkauft werden.
Der Bund zeigt auf Anfrage Verständnis für den Unmut. Doch er verteidigt sich auch. Da man weiterhin jedes Jahr Junghengste ankaufe, müsse man den Bestand aktiv managen und somit auch Hengste verkaufen, erklärt Agroscope auf Anfrage. Das landwirtschaftliche Kompetenzzentrum ist für das Nationalgestüt zuständig. Die Tiere würden vor dem Verkauf kastriert, weil die Hengsthaltung für Private sehr anspruchsvoll und es daher einfacher sei, kastrierte Tiere zu verkaufen.
Agroscope betont aber auch: Die Hengste sind damit nicht weg vom Markt. Das Gestüt hat ein Tiefkühllager, in dem das gefrorene Sperma von rund 150 Zuchthengsten des Bundes lagert. Von allen verkauften Tieren, die weiterhin zur Zucht zugelassen seien, habe man genügend Sperma für die künstliche Besamung auf Lager.
Züchter Spring vermag das nur wenig zu besänftigen. Er wünscht sich eine Aussprache mit dem Bund. Denn es steht fest: Historique und Caran d'Ache werden nicht die letzten Hengste sein, deren Potenz dem Sparprogramm des Bundes zum Opfer fällt. Pauline Queloz sieht es positiv: «Die Entscheidung des Gestüts, die Hengste zu kastrieren und zu verkaufen, ermöglicht ihnen nun einen schönen Abschluss ihrer Karriere als Freizeitpferd.» (aargauerzeitung.ch)
Sie können übrigens auch eine Volksinitiative starten. Das haben die Brieftaubenzüchter auch probiert (und sind gescheitert).