Die Jungen Grünen waren aufs Schlimmste gefasst. Bevor der erste Abstimmungstrend über die Leinwand flimmerte, informierte Moderatorin Olivia Senn die Anwesenden, wo sich die Notausgänge befinden – und dass ein Care-Team bereitsteht. Eine Info, die bei der Jungpartei zum Standard gehört. Doch an diesem Sonntagmittag im Berner Progr konnte man sie auch anders verstehen. Weshalb sich die Sprecherin beeilte zu ergänzen: «Die Ablehnung der Umweltverantwortungsinitiative ist kein Grund zur Panik!»
Im Gegenteil. Die Initiantinnen und Initianten klatschten erfreut, als kurz darauf die erste Hochrechnung eintrudelte. Dabei haben sie sehr deutlich verloren: Gerade einmal 30,2 Prozent der Stimmenden nahmen die Initiative der Jungen Grünen an. Diese forderte, dass die Schweiz nur noch so viele Ressourcen verbraucht und Treibhausgase ausstösst, wie das die Natur verkraftet.
Klar sei man enttäuscht, sagt Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen. «Aber wir können auch stolz sein.» Dass man es knapp über die 30-Prozent-Marke schaffte, werten die Befürworterinnen und Befürworter als Erfolg.
Sie hatten im Abstimmungskampf gewarnt, dass in Sachen Klimaschutz fünf vor zwölf sei. Nun sei es «vier vor zwölf», sagt Erni. «Wir müssen weiter vorwärtsmachen – und ganz sicher keinen Schritt zurückgehen, wie das der Bundesrat nun mit seinem Sparpaket plant.» Dabei sei zentral, dass die Massnahmen zum Schutz des Klimas sozialverträglich seien.
Genau das wäre die Initiative aber nicht gewesen, so der Vorwurf der Gegner. «Niemand in diesem Land ist gegen Klimaschutz, doch diese Initiative war zu extrem», sagt Monika Rühl, Direktorin des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse. «Ein Ja hätte die Schweiz an die Wand gefahren», meint sie. Auch Umweltminister Albert Rösti sagte, dass das Nein nicht als Nein zum Umweltschutz zu verstehen sei.
Die Gegner hatten im Abstimmungskampf vor massiven Preissteigerungen und Verboten gewarnt und ihr darum den Übernamen «Verarmungs-Initiative» gegeben.
Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann wirft dem Nein-Lager vor, eine «Lügenkampagne» gefahren zu haben. Doch die Befürworter liessen im Abstimmungskampf offen, wie die abstrakte Forderung konkret umgesetzt werden soll.
Die Initianten selbst sehen das auch im Nachhinein nicht als Problem. Sowieso zeigen sie sich wenig selbstkritisch. «In keiner Debatte über die Initiative wurde abgestritten, dass es mehr Klimaschutz braucht. Davon waren wir bei der Lancierung der Initiative vor vier Jahren noch weit entfernt», sagt Magdalena Erni. «Es hat sich also etwas getan, wenn auch viel zu wenig.» Nun müssten auch die anderen Parteien ihre Verantwortung wahrnehmen und konkrete Lösungsvorschläge einbringen.
Für die Jungen Grünen ist klar, dass sie weiter kämpfen wollen. Nun brauche man ein paar Tage Erholung, so Gaëlle Valterio, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Waadt. Doch dann mache man weiter – «stärker als je zuvor».
Nach der Schlappe an der Urne wollen die jungen Linken wieder vermehrt auf Aktivismus setzen. Sechs Jahre ist es her seit dem grossen Klimastreik, der Zehntausende Jugendliche mobilisiert hatte. «Es braucht den Druck der Strasse, damit sich im Parlament etwas bewegt», sagt Magdalena Erni. Man werde in der Jungpartei bald darüber diskutieren, wie man konkret weiterfahren will.
Auch Valterio hält es für richtig, wieder stärker aktivisch unterwegs zu sein – sei es mit Demonstrationen, Streiks oder anderen Aktionen. «Es braucht beides, den Aktivismus und die institutionelle Politik. In den vergangenen Jahren haben wir uns mit der Initiative stark auf die institutionelle Schiene konzentriert», sagt sie. Nun müsse man wieder ein Gegengewicht setzen «und auf der Strasse unsere Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen».
Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann pflichtet dem bei. «Das Nein zur Initiative sollte uns aufrütteln: Es ist Zeit, dass die Leute wieder auf die Strasse gehen.» (aargauerzeitung.ch/thw)
2) Man ist glücklich, dass die Initiative mit 30% wenigstens einen kleinen Achtungserfolg erzielt.
3) Man jammert, weil bei Klimaschutz keine Fortschritte gemacht werden.
Macht total Sinn. Ich bin wirklich beeindruckt von dieser konstruktiven Herangehensweise.
Zumindest wenn man sich als politische Partei begreift. Ansonsten seid doch einfach privat hässig und spielt euch nicht so auf.
Mötzlen kann jeder, Mitarbeiten ist halt etwas schwieriger.