Am Samstag sind im Bündner Bergdorf Brienz die Evakuierungsarbeiten planmässig vorangeschritten. Es wird damit gerechnet, dass am Sonntagmittag alle rund 80 Einwohnenden und ihre Tiere das Dorf verlassen haben werden.
Die Leute seien alle von allein gegangen, es müsse niemand im eigentlichen Sinne evakuiert werden, erklärte Christian Gartmann, Sprecher der Gemeinde Albula, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Auch um Haustiere kümmerten sie sich selber. Die Gemeinde Albula, zu der Brienz gehört, stehe aber bei Bedarf nach wie vor zur Verfügung.
Die beiden Bauernhöfe von Brienz hätten ihre Tiere und Futtermittel inzwischen mehrheitlich evakuiert. Auch der über 500 Jahre alte Flügelaltar aus der Kirche ist in seine Einzelteile zerlegt und abtransportiert worden. Er stehe jetzt sicher in seinem Zwischenlager, bestätigte Gartmann.
Der Berg verhalte sich derzeit ruhig, von einer vor einigen Tagen festgestellten Verlangsamung der Rutschung der Geröll- und Gesteinsschichten könne aber nicht mehr gesprochen werden. Nach wie vor stehe im Raum, dass sich die Lage am Hang mit den Mitte nächster Woche vorhergesagten Niederschlägen weiter destabilisieren könnte.
Um die Bewegung am Berg noch besser überwachen zu können, wurden am Freitag 17 weitere Prisma-Spiegelreflektoren mit Seilen an einem Helikopter hängend am Hang montiert. Damit könne über einen Laser-Tachymeter im Dorf die Distanz zu den entsprechenden Punkten in der Rutschung gemessen werden, so Gartmann.
Die Frist für die Evakuierung des Dorfes läuft am Sonntag um 13 Uhr ab. Daraufhin werden Vertreterinnen und Vertreter von Feuerwehr, Polizei, Gemeindebehörden sowie dem kantonalen Amt für Militär und Zivilschutz einen Kontrollgang durchführen. Dabei wird sichergestellt, dass sich niemand mehr im Gefahrenbereich aufhält.
Sobald dies gegeben ist, werden die zwei Zufahrtsstrassen zum Dorf - eine in Richtung Osten und eine in Richtung Westen - mit Betonblöcken, Scherengittern und Zollschranken blockiert. Auch alle Feldwege würden versperrt und auf den Feldern selber Markierungen mit rot-weissen Baustellenbändern und Signaltafeln angebracht, führte Gartmann aus. So sollte garantiert niemand mehr das Dorf betreten.
Von einer baldigen Rückkehr ins Dorf können die Brienzerinnen und Brienzer nicht ausgehen. Sie müssen möglicherweise bis zu sechs Monate und damit bis nächstes Frühjahr warten, bis die Steinlawine von selbst abgeht. Eine künstliche Sprengung der absturzgefährdeten 1,2 Millionen Kubikmeter Gestein ist nicht möglich. (hkl/sda)