Knapp eine Woche ist vergangen, seit die Behörden des Bündner Bergdorfs klargemacht haben: Brienz/Brinzauls muss innert weniger Monate ein zweites Mal evakuiert werden. Grund ist wiederum derselbe Hangrutsch hoch über dem Dorf. Nach einem ersten Abbruch vor anderthalb Jahren hat sich das Tempo des verbliebenen Materials nämlich wieder beschleunigt.
Doch nun, vor der Räumungsfrist am kommenden Sonntag, um 13 Uhr, teilt der Gemeindeführungsstab Albula/Alvra am Freitag überraschend mit:
Konkret liege die Geschwindigkeit auf der Schutthalde oben aktuell bei rund 20 Zentimetern pro Tag. Das ist deutlich weniger als bei früheren Messungen. «Unter Einfluss des trockenen Wetters über eine längere Zeit geht sie aktuell zurück.» Doch für die Behörden ist das nur eine vorübergehende Momentaufnahme, wie sie schreibt.
Wie der Gemeindeführungsstab weiter mitteilt, liegt die auf der Rutschung im Dorf gemessenen Geschwindigkeiten derweil «weiterhin auf einem hohen Niveau». Auch wenn sie derzeit ebenfalls einen leichten Rückgang zeige. Beim Messhäuschen im Dorf beträgt die aktuelle Geschwindigkeit demnach etwa 2,4 Meter pro Jahr talwärts.
Trotz der Verlangsamung der beiden Rutschungen geht der Gemeindeführungsstab in seiner aktuellen Prognose davon aus, dass die aktuelle Beruhigung «nur vorübergehen» sei. Sie sei «wohl vor allem eine Folge der trockenen Witterung über mehrere Wochen». Die bisherige Erfahrung zeige jedoch, «dass die Geschwindigkeit der Schutthalde zunehmend sensibel auf Niederschlag reagiert». Konkret nehme sie bei Regen jeweils rasch zu.
Und weil ab kommender Woche Niederschläge vorausgesagt sind, sei es trotz Kritik von Bewohnerinnen und Bewohnern des Dorfs «wichtig, dass die Evakuierung am Wochenende abgeschlossen wird».
Nach dem Abschluss der erneuten Evakuierung wird ab Sonntag, 13 Uhr, in Brienz wiederum die sogenannte Phase «ROT» gelten. Teil davon ist auch ein totales Betretungsverbot für das Gemeindegebiet. Und zwar für alle.
Die erneute Bedrohung des Dorfes Brienz/Brinzauls durch einen Bergrutsch ist eine Folge des Bergsturzes vom 15. Juni 2023. In der nun in Bewegung befindlichen Schutthalde hoch über dem Dorf befinden sich demnach rund 1,2 Millionen Kubikmeter Felsschutt. Der Schutt hatte sich dort vor anderthalb Jahren abgelagert und rutscht jetzt pro Tag 20 bis 35 Zentimeter talwärts.
Der Gemeindeführungsstab geht diesmal davon aus, dass die Evakuierung des Dorfs durchaus länger dauern kann. Die Rede ist davon, dass die Einwohnerinnen und Einwohner ihre Häuser diesmal für mehrere Monate verlassen müssen. Laut dem aktuellen Bulletin der Behörden haben die allermeisten Einwohner bereits eine vorübergehende Bleibe gefunden.
Auf der Kantonsstrasse entlang der Albula zwischen Tiefencastel und Surava gilt ab Sonntag wiederum ein Halteverbot. «Die Benutzung der Strasse ist grundsätzlich sicher», so die Behörden. Es solle aber vermieden werden, dass sich Benutzer unnötig lang in dieser Zone aufhalten. Die Züge der Rhätischen Bahn verkehren normal. (bzbasel.ch)