Die Schweiz soll nach dem Willen des Parlaments die iranische Zivilgesellschaft in ihrem Kampf für Frauen- und Menschenrechte unterstützen. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat abgeänderte Motion angenommen. Von Sanktionen ist darin allerdings nicht mehr die Rede.
Die grosse Kammer hiess den abgeänderten Motionstext am Dienstag mit 117 zu 62 Stimmen bei fünf Enthaltungen gut. Die Motion ist damit an den Bundesrat überwiesen.
Eingereicht hatte den Vorstoss ursprünglich die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N). In der nun von beiden Kammern angenommenen Version geht der Motionstext jedoch deutlich weniger weit als als die ursprüngliche Kommissionsmotion. Diese forderte namentlich die vollständige Übernahme der EU-Sanktionen gegen Teheran durch die Schweiz.
Während sich der Nationalrat damit bei der ersten Behandlung des Geschäfts in der Frühjahrssession 2023 einverstanden erklärte, strich der Ständerat im September des vergangenen Jahres den entsprechenden Passus. Zudem machte er den Vorbehalt, dass Massnahmen zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft ergriffen werden sollen, wenn dies «angemessen und sinnvoll» ist.
Hintergrund der Motion ist die Protestwelle im Iran nach dem Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022 sowie die brutale Niederschlagung der Bewegung durch die iranischen Sicherheitskräfte.
Die junge Frau war von der Sittenpolizei unter dem Vorwand festgenommen worden, gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstossen zu haben. Wenige Tage später verstarb sie in Polizeigewahrsam. Laut der iranischen Opposition wurde sie zuvor schwer misshandelt.
«Die Freiheitsbewegung hält trotz der Ermordung tausender Aktivistinnen und Aktivisten weiter an», sagte Fabian Molina (SP/ZH) namens der Kommission. Zugleich gehe auch die Repression weiter. «Die Guten Dienste entbinden unser Land nicht davon, sich für die Menschenrechte einzusetzen.»
Die Motion biete auch eine Grundlage für den Schutz iranischer Aktivistinnen und Aktivisten im Ausland vor Repression durch die Regierung, gab Molina zu bedenken. Dieses Themas müsse sich der Bundesrat annehmen.
Der Bundesrat hatte gegen die abgeschwächte Version des Vorstosses nichts mehr einzuwenden. Eine SVP-Minderheit der Aussenpolitischen Kommission beantragte dagegen erfolglos die Ablehnung der Motion.
Die Kommissionsminderheit war der Ansicht, die Motion gefährde die gute Reputation der Schweiz als neutraler Staat. Damit sei sie kontraproduktiv für die Förderung der Menschenrechte im Iran.
Minderheitssprecherin Monika Rüegger (SVP/OW) sagte, sie verstehe alle, die reflexartig alles unternehmen wollten, um das menschenverachtende Regime in Teheran zu stoppen. Dank ihres Schutzmachtmandats für die USA sei die Schweiz aber eines von wenigen Ländern, die überhaupt noch einen direkten Kontakt zur iranischen Regierung hätten. Sie habe damit eine besondere Rolle.
Seit 1980 vertritt die Schweiz die Interessen der USA im Iran und jene der Islamischen Republik in den Vereinigten Staaten. Die beiden Länder unterhalten seit der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran keine diplomatischen Beziehungen mehr.
Die Motion gefährde das Schutzmachtmandat, so Rüegger. «Machen sie gegenüber der iranischen Zivilbevölkerung keine Symbolpolitik, schüren sie keine falschen Hoffnungen.» Die Schweiz habe ohnehin schon heute alle Uno-Sanktionen und die meisten EU-Sanktionen gegen den Iran übernommen, gab sie zu bedenken.
Die Schweiz habe sich nach dem Beginn der Proteste klar für die Menschenrechte positioniert, sagte Aussenminister Ignazio Cassis. Dazu führe man einen offenen Dialog mit Teheran. Cassis räumte aber ein, dass die Gespräche schwierig seien. «Es braucht Hartnäckigkeit und eine klare Linie.» (sda)