Bei einer länderübergreifenden Razzia gegen eine türkische kriminelle Organisation sind am Mittwoch 19 Verdächtige festgenommen und zahlreiche Waffen sichergestellt worden. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft kam es dabei auch in den Kantonen Aargau und Zürich zu zwei Festnahmen.
An der Aktion in Italien, der Schweiz, Deutschland und der Türkei waren nach Medienberichten hunderte Polizeibeamte beteiligt. Die Bundesanwaltschaft (BA) teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit, sie habe die Hausdurchsuchungen im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs aus Mailand mit Unterstützung der Bundespolizei (Fedpol) und den Kantonspolizeien Aargau und Zürich durchgeführt.
Gemäss des Bundesamtes für Justiz (BJ) wurde in beiden Kantonen je eine Person festgenommen und in provisorische Auslieferungshaft gesetzt. Ihnen würden in Italien verschiedene Delikte vorgeworfen, insbesondere Verstösse gegen das Waffengesetz, schrieb das BJ auf Anfrage.
In der Türkei teilte Innenminister Ali Yerlikaya mit, 17 der Festgenommenen seien Türken. Die Bande soll in der Türkei mehrere Morde verübt haben, unter anderem mit einem Motorrad-Killerkommando. Im Februar wurde die Gruppe auch mit einem bewaffneten Angriff auf eine Wahlkampfveranstaltung in Istanbul in Verbindung gebracht.
Die Mailänder Staatsanwältin Bruna Albertini sagte gemäss der italienischen Nachrichtenagentur Ansa vor den Medien, unter den in Italien und der Türkei sichergestellten Waffen seien 15 Pistolen, sieben Gewehre, darunter drei Kalaschnikows, drei Handgranaten, eine Panzerfaust und vier kugelsichere Westen gewesen.
Die Festgenommenen würden beschuldigt, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zu sein, die unter anderem terroristische Ziele verfolge. Ausserdem werde ihnen der illegale Besitz von Waffen und Sprengstoffen, internationaler Drogenhandel, Mord und die Förderung illegaler Einwanderung vorgeworfen.
Nach Angaben der Mailänder Staatsanwaltschaft begannen die Ermittlungen im Oktober 2023, nachdem drei Mitglieder der Organisation bei dem Versuch, in die Schweiz zu gelangen, in Chiasso TI festgenommen wurden. Es wurden zwei Pistolen, Munition und Propagandamaterial beschlagnahmt.
Die anschliessenden Ermittlungen hätten ergeben, dass die drei ihren Anführer, den 39-jährigen Baris Boyun, und seine Lebensgefährtin begleiteten, die in einem anderen Auto unterwegs waren.
Die Ermittler stellten fest, dass Boyun von einem Haus im süditalienischen Crotone aus, wo er wegen Waffenhandels seit August 2022 unter Hausarrest stand und eine elektronische Fussfessel trug, sein in ganz Europa operierendes Netzwerk weiter leitete und koordinierte. So soll er die illegale Einreise von Migranten über Balkanländer sowie terroristische Straftaten in Europa organisiert haben.
Wie dem Haftbefehl der Mailänder Staatsanwaltschaft zu entnehmen ist, hatte die italienische Polizei in Bayuns elektronischer Fessel eine Wanze versteckt. In den abgehörten Gesprächen soll er unter anderem erklärt haben, dass seine Organisation auch in der Schweiz schwere Waffen halte.
Weiter habe er sich gerühmt, dass seine Männer «den gesamten deutschen Markt» verwalteten und dass er auch in der Schweiz verkaufen könne. Gemäss der Mailänder Staatsanwaltschaft verfügte die kriminelle Organisation ausserdem über viel Geld, vor allem aus dem Drogenhandel, aber auch aus dem Zigaretten- und Drogenschmuggel. (hkl/sda/apa/afp/ansa/adnkronos)