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Martin Luther hat es «Kauderwelsch» genannt. Manche bezeichnen es auch als «Geröllhaldenlatein». Das Rätoromanische hat viele Namen, obwohl es von nur etwa 40'000 Menschen gesprochen wird. Und das in unzähligen verschiedenen Dialekten.
1938 wurde es mit 92 Prozent Ja-Stimmen zu unserer vierten Landessprache. Und Bundesrat Philipp Etter sagte:
Nun klingen diese Worte sehr nach Geistiger Landesverteidigung und so redet man heute natürlich nicht mehr über die Rätoromanen. Dafür haben die Schweizer mit der dünn gesäten Sprache seit 17 Jahren eine sehr lebendige Stimme: Die von Liricas Analas. Vier Jungs, die ihre Reime auf Churwelsch in die Welt hinausrappen. Wir haben mit Flepp ein bisschen geplaudert.
Welchen von euren eigenen Songs magst du am liebsten?
Roman Flepp: Ich mag viele Songs vom neuen Album «Banalitad». Eigentlich alle – und ich muss nicht mal lügen bei dieser Aussage. Je nach Stimmung mag ich andere. Ich finde «Dar il maun» grossartig. Bei «Steilas» gehe ich voll ab. Aber auch «Cazzola cotschna» oder «Libers» sind für mich absolute Knüller-Songs.
Und was denkst du so von David Hasselhoff?
David Hasselhoff ist der König aller Könige. Natürlich abgesehen von Cuck Norris. «True Survivor», epic!
Ihr rappt auf Rätoromanisch, weil das eure Muttersprache ist. Was sollte der Rest der Schweiz über diese Sprache wissen, die nur 0,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung – also ungefähr 40'000 Menschen – sprechen?
Es gibt fünf Idiome und zig Dialekte im Rätoromanischen. Die wichtigsten Ausdrücke in Sursilvanisch-Romanisch sind:
Tschetschapuorla = Staubsauger
Ti has bials egls. = Du hast schöne Augen.
Vuls dar da mi ina buna? = Willst du mir einen Kuss geben?
Fai buc la peta. = Geh mir nicht auf die Nerven.
Dar il maun = die Hand reichen
Auf Rätoromanisch Musik zu machen hat ja zwangsläufig auch eine «politische »Dimension: Eine Sprache, die um ihr Überleben kämpft, staatlich subventioniert wird und seit 2001 mit «Rumantsch Grischun» eine einheitliche, synthetisch zusammengebastelte Schriftsprache bekommen hat. Wo seht ihr euren Beitrag im Kampf um die Erhaltung eurer Muttersprache?
Romanisch liegt nicht auf der Intensivstation und wird nicht mit Subventionen künstlich am Leben gehalten. Wenn du in Graubünden in rätoromanischen Regionen unterwegs bist, merkst du, dass Rätoromanisch gesprochen und gelebt wird: Kinder reden mit ihren Eltern Romanisch, in der Schule und am Arbeitsplatz wird Romanisch gesprochen. Und es gibt Musiker und andere Kulturschaffende wie wir, die Romanisch als Sprachrohr nutzen. Wir sind froh, wenn wir durch unsere Musik einen kleinen Beitrag zum «Erhalt» und zur «Aufklärung» leisten können.
Liricas Analas kann mit «Arschreime» oder «Texte vom Anus» übersetzt werden, oder?
«Analtraktlyrik» könnte man es auch nennen. Das steht für Explicit Lyrics, das kleine Parental Advisory Label der Amis. Eigentlich bedeutet es einfach, das der Text nicht zensiert ist.
Seit 1999 gibt es euch schon. Das sind sagenhafte 17 Jahre. Hat sich in der Zwischenzeit etwas geändert?
Wir haben einen Song, der genau dieses Thema thematisiert. Der Song heisst «Ier ed oz». Leider haben wir aktuell keine Übersetzung. Hier sei erwähnt, dass wir unsere Songs vom neuen Album auch noch übersetzen lassen wie die alten Sachen, die auf unserer Website zu finden sind. Was sich zu früher geändert hat: vieles und trotzdem so wenig. Wir sind immer noch am Rappen. Wir sind immer noch Musiker mit Leidenschaft. Wir sind immer noch die gleichen Typen. Und trotzdem sind wir anders: gescheiter, hübscher und kräftiger als damals.
Zürich ist das Haupt-Exil der Rumantsch sprechenden Bündner. Drei von euch leben hier. Wie siehst du das mit den Hipstern so?
Ich sehe es so, wie es halt so gesehen wird. Also mehr so als so. Wobei so auch manchmal zutrifft. Grundsätzlich habe ich alle gerne: Hipster, Nicht-Hipster, Hipster die keine sind, und die, die keine sein wollen und trotzdem welche sind. Hauptsache, mein Fahrrad wird in Ruhe gelassen.
Euer DJ David ist ja Yogalehrer, darum gilt die letzte Frage dem Yoga: Wenn ihr eine Yoga-Stellung erfinden dürftet, wie sähe die aus und wie würde sie heissen?
Ich würde sagen: Der «Anus Praktikus». Arsch raus. Rücken grad. Hände strecken und dabei langsam rappen.