Herr Bittner unter der aktuellen Hitze leiden nicht nur wir Menschen, sondern auch Tiere – insbesondere Fische. Was soll ich tun, wenn ich in einem Gewässer tote Fische vorfinde?
David Bittner: Die toten Tiere sollten Sie unbedingt bei der Polizei oder der lokalen Fachstelle für Fischerei melden.
Und was, wenn Sie ums Überleben kämpfen? Soll ich Sie retten?
Bevor Sie die Fische an einen anderen Ort hinbringen, sollten Sie ebenfalls mit den Behörden sprechen.
Dauert das nicht zu lange?
Es besteht die Gefahr, dass Krankheiten verschleppt werden, wenn die Fische in einem anderen Gewässer ausgesetzt werden. Kommt hinzu, dass eine Umsiedelung für die Tiere enormen Stress bedeutet. Wenn die zuständige Behörde aber dazu rät, kann man selbst aktiv werden und helfen.
«Die Tragödie hat begonnen», sagen Sie in einem Video des Schweizerischen Fischerei-Verbands. Wovon sprechen Sie?
Vergangenes Wochenende besuchten wir den unteren Abschnitt der Sissle, einem 18 Kilometer langen Bach im Kanton Aargau. Grosse Teile sind bereits ausgetrocknet. Das verbliebene Wasser wärmt sich aufgrund der Hitzetage weiter auf. Die Fische kämpfen dort ums Überleben. Viele waren bereits tot.
Besonders betroffen sind Forellen oder Äschen.
Genau. Sie gehören zu denjenigen Fischarten, die bei steigenden Wassertemperaturen ans Limit kommen. Es ist wie bei uns Menschen: Auch wir bekommen ab einer gewissen Temperatur akute gesundheitliche Probleme. Bei den Fischen ist es ähnlich. Die Sonne erhitzt die Gewässer. Die Wassertemperatur klettert von 20 auf 23 Grad. Je wärmer das Wasser wird, desto weniger Sauerstoff ist darin gelöst. Bereits 20 Grad bedeutet für die Äschen oder Forellen mehr Stress. Sie haben Mühe mit dem Atmen. Ab 25 Grad ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sterben. Zudem sind die Fische in wärmerem Wasser anfälliger für Krankheiten und Parasiten.
Warum haben Sie den Todeskampf der Fische nur gefilmt, aber nicht eingegriffen?
Auch wenn die Bilder grausam sind, ist es wichtig, sie zu zeigen. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die Gewässerlebensräume im Gegensatz zu den Lebensräumen auf dem Land kaum geschützt sind. Es gibt Wälder, die unter Naturschutz stehen. Wir haben Nationalparks, denen Sorge getragen wird. Aber es gibt hierzulande keinen einzigen Quadratmeter Fischschutzgebiet.
Was bedeutet das für die Fische?
Sie geraten immer mehr in Bedrängnis. Das Klima und wir Menschen sorgen dafür, dass die Lebensräume in Gewässern massiv unter Druck geraten. Drei Viertel aller einheimischen Fischarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Das gibt es bei keiner anderen Tiergruppe.
Die Hitzewelle spitzt dieses Problem weiter zu. Im Jahrhundertsommer 2003 starben im Rhein Tausende Äschen. Müssen wir in den nächsten Tagen und Wochen wieder mit ähnlichen Bildern rechnen müssen?
Nein.
Weil es nicht so heiss und trocken ist, wie noch 2003?
Nein, das ist es nicht. Die Voraussetzungen aktuell sind noch prekärer als vor 19 Jahren. Wir verzeichneten diesen Winter wesentlich weniger Schneefälle, haben weniger Schmelzwasser im Umlauf. Wir hatten noch nie einen so trockenen Frühling. Die erste Hitzewelle war bereits Anfang Juni. Wir starten mit einem ganz anderen «Polster» in den August. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich eine riesige Katastrophe anbahnt, wenn es noch zwei Monate so weitergeht.
Wenn die Temperaturen hoch bleiben, könnte es also noch schlimmer kommen als 2003. Und dennoch rechnen Sie nicht mehr mit Tausenden toten Fischen, wie damals.
Es werden nicht mehr so viele Äschen und Forellen sein, weil sich die Bestände nie mehr richtig erholt haben und weiter rückläufig sind.
Wurden nach 2003 denn keine Massnahmen ergriffen, um die Fische vor extremer Hitze zu schützen?
Die Probleme wurden erkannt. Es gibt Notfallkonzepte, die erarbeitet wurden. Man ist daran, die Lebensräume aufzuwerten. Aber das hat alles erst begonnen. Das sind Mehrgenerationen-Projekte. Den Erfolg dieser Massnahmen sehen wir noch nicht. Die Fischbestände schrumpfen weiter. Die Fische und deren Lebensräume können längerfristig nicht von heute auf morgen gerettet werden.
Wo ist die Lage aktuell aufgrund der Hitze am prekärsten?
Stark betroffen sind Fliessgewässer im Mittelland. Aber auch aus der Westschweiz erreichen uns viele Meldungen von toten Fischen. Besonders betroffen sind auch die Flüsse und Bäche im Jurabogen. Dort finden sich sogenannte Karstgewässer. Das sind Fliessgewässer mit Böden aus speziellem Gestein, in welchem das Wasser schneller ins Grundwasser abfliesst. Hitze und Trockenheit spitzt das Problem zusätzlich zu und lässt viele Fliessgewässer sogar ganz austrocknen.
Die Gewässer geraten nicht nur aufgrund der Klimaerwärmung unter Druck. Die Schweiz wappnet sich auch vor einer drohenden Energiekrise. Die Wasserkraft soll dabei helfen. Was bedeutet das für den Gewässerschutz?
Er gerät noch stärker unter Druck.
Sie sind also gegen einen Ausbau der Wasserkraft?
Die bestehende Nutzung der Wasserkraft ist gewährleistet. Auch einem weiteren Ausbau der Wasserspeicherkraft stimmen der Fischerei-Verband und ich zu. Wenn es aber darum geht, die Wasserkraft in Fliessgewässern noch weiter auszubauen, wird für uns klar eine rote Linie überschritten. Das Gewässerschutzgesetz noch weiter auszuhöhlen, wäre für uns und die Fische nicht tragbar. Ganz aktuell ist die Restwasserdiskussion. Die Wasserkraftlobby will die Restwassermenge noch tiefer ansetzen, um genügend Strom produzieren zu können. Je weniger Restwasser den Fliessgewässern abgegeben wird, desto mehr Leben verschwindet. Das darf nicht passieren.
Wie soll die Schweiz denn die Energiewende in Ihren Augen schaffen?
Andere erneuerbare Energiequellen wie beispielsweise Solarenergie und auch Verbesserungen bei der Energieeffizienz haben riesiges Potenzial. Dort könnte und sollte man ansetzen.
Wie geht es für Sie die nächsten Tage weiter?
Wettertechnisch ist längerfristig vorerst keine Entspannung der Situation in Sicht. Immerhin erhalten aufgrund der aktuellen Situation die Fische und hoffentlich auch der Gewässerschutz mehr Aufmerksamkeit. Auch wenn es absolut tragisch ist, dass die Fische nur so eine Stimme erhalten. Ich hoffe wirklich sehr, dass die aktuelle Lage den einen oder die andere aufrüttelt und für das Thema sensibilisiert.
Wollen sie zum Schweigen bringen.
Und die Klimajugend.
Und sie bekämpfen alternative Energien.
Seit Jahrzehnten.
Sie lieben Öl.
Weil sie damit viel Geld verdienen.
Diese geldgierigen Profiteure.
Und ja.
Die SVP schadet.
Immer.
Wer SVP wählt, wählt Klimakatastrophe.