Zwei palästinensische Flaggen flattern vor dem Eingang zum Uni-Gebäude, an der Glastüre prangen die ersten Plakate, mit Malerklebeband befestigt: «Macht bei der Besetzung mit!», heisst es auf Französisch. Drinnen zeugen Matratzen, Schlafsäcke und offene Konfi-Gläser davon, dass einige die Nacht im improvisierten Schlaflager verbracht haben – aus Protest gegen das israelische Vorgehen in Gaza. An den Wänden hängen Kartonschilder. «Free Palestine» ist darauf zu lesen, «Boycott Apartheid». Und «UNIL complice» – die Uni Lausanne als Komplizin.
Die Studierenden, die am Protest teilnehmen, haben sich an diesem Freitagvormittag gerade versammelt. Zum Abschluss des Treffens schallen Parolen durch den Raum. «Free, Free Palestine», ruft einer ins Mikrofon, Dutzende rufen es ihm nach. «Wir sind alle Kinder von Gaza!»
Die propalästinensische Protestwelle an Universitäten ist aus den USA in die Schweiz übergeschwappt, in kleinem Ausmass bisher. Seit Donnerstagabend besetzen Studierende einen Teil des Gebäudes Géopolis der Universität Lausanne. Die Uni-Leitung lässt sie gewähren, Rektor Frédéric Herman setzt auf Dialog. Der Universitätsbetrieb werde durch die Aktion nicht gestört, betont eine Sprecherin. Alles ist bisher friedlich.
Im besetzten Teil des Gebäudes ist es nun wieder ruhig. Studierende sitzen auf Stühlen, Sofas, am Boden, arbeiten am Laptop oder diskutieren. Ein Student, der anonym bleiben will, gibt im Namen des Kollektivs Auskunft. Er studiert Politikwissenschaften, die Nacht auf Freitag hat er im Gebäude verbracht. Rund fünfzig hätten übernachtet, schätzt er.
Die Aktion sei «bouche à oreille» organisiert worden, mit Mundpropaganda also. Wer dahintersteckt, ist unklar - die Studierenden treten anonym auf. Es gebe keinen Chef, sagen sie, die Aktion sei spontan und folge den Beispielen in Kanada, den USA und Frankreich.
Warum sind sie hier? Die Situation in Gaza sei dramatisch, sagt der Student. Er verweist auf den geplanten Angriff auf Rafah, die vielen getöteten Kinder. Es brauche eine Waffenruhe, sagt er. Und was ist mit dem Massaker, das die Hamas am 7. Oktober begangen haben? Es gehe darum, was jetzt geschehe, antwortet der Student.
Das Kollektiv verlangt eine sofortige Waffenruhe auf dem ganzen palästinensischen Gebiet. Auch an die Uni Lausanne hat es eine Liste mit Forderungen gerichtet: Sie soll unter anderem die Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen abbrechen. Das Besetzer-Kollektiv wirft diesen Kontakte zur israelischen Armee vor. In einer Mitteilung schreibt es: «Wir weigern uns, Komplizen des kolonialen Völkermords zu sein, der vom israelischen Apartheid-Regime begangen wird.»
Wie viele an dem Protest teilnehmen, lässt sich nicht sagen, es ist ein Kommen und Gehen. Gemäss Medienberichten waren es am Donnerstagabend bis zu 200. Nicht alle davon sind Studierende. Einer der Teilnehmenden sagt, er studiere nicht, sondern arbeite und sei extra wegen der Besetzung an die Uni gekommen. Mehr will er nicht sagen.
Klar ist: Nur ein kleiner Teil der 17'000 Studierenden macht mit. Auch unter den anderen gibt die Aktion aber zu reden. Zwei von ihnen werfen vor ihrer Vorlesung kurz einen Blick auf die Besetzung. Sie finde das eine gute Sache, sagt eine Studentin.
Beim Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund beobachtet man die Aktion hingegen mit Sorge. «Wir nehmen den Protest mit Besorgnis zur Kenntnis», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner. «Die Sprache im Flugblatt zur Aktion ist militant, die Forderungen sind weitgehend.» Mit der Forderung nach einem Boykott der israelischen Institutionen lehnten sich die Studierenden an die umstrittene BDS-Bewegung an.
Die Universitätsleitung müsse gegenüber antisemitischen Äusserungen wachsam sein, fordert Kreutner. «Sie muss intervenieren, wenn die Kritik am Staat Israel zum Antisemitismus umschlägt, dann nämlich, wenn zu Boykott gegen israelische Universitäten aufgerufen wird.» Kreutner befürchtet, dass sich der Protest ausweiten könnte.
Genau darauf hoffen die Studierenden im Géopolis-Gebäude. «Croisons les doigts!», sagt eine Studentin, «drücken wir die Daumen!». Die Universitäten in der Deutschschweiz haben bisher keine Kenntnis von geplanten ähnlichen Aktionen. Man beobachte die Situation, heisst es von verschiedenen Unis.
In Lausanne will sich der Rektor Anfang nächster Woche zu den Forderungen äussern, am Montag oder Dienstag, wie die Uni-Sprecherin sagt. Die Besetzer werden dann entscheiden, ob sie den Protest beenden – oder weitermachen. Bisher deutet vieles auf Zweiteres hin. (aargauerzeitung.ch/lyn)
Wer gegenüber mörderischen Religionsfanatikern gleichgültig oder positiv eingestellt ist, kann kein Mensch sein, der für das Gute einsteht.
Mittlerweile, kommt es mir vor, als ob einige wenige Ihre Interessen auf Kosten anderer durchsetzen wollen.
Es werden immer noch Geiseln in Gaza festgehalten. Vergesst nicht was der Auslöser zur jetzigen Situation war.