Seit 2023 präsidiert Yves Donzallaz das Bundesgericht. In der Wintersession könnte er sich für zwei weitere Jahre an der Spitze des höchsten Schweizer Gerichts wählen lassen und es im nächsten Jahr beim 150-Jahr-Jubiläum nach aussen vertreten. Doch Donzallaz gibt das prestigeträchtige Amt ab und wird wieder gewöhnlicher Bundesrichter. Er bestätigte entsprechende Recherchen dieser Zeitung.
Damit wird die Vereinigte Bundesversammlung in der Wintersession einen neuen Vorsteher oder eine Vorsteherin des Bundesgerichts wählen müssen. Es ist üblich, dass der amtierende Vizepräsident nachrückt. Dieses Amt übt derzeit François Chaix (FDP) aus.
Der bald 63-jährige Donzallaz wurde 2008 als Mitglied der SVP Wallis ins höchste Schweizer Gericht gewählt. Insgesamt acht Jahre gehörte er der Verwaltungskommission an, davon zwei als Vizepräsident und zwei als Präsident des Bundesgerichts. Donzallaz teilt auf Anfrage mit: «In all dieser Zeit und speziell in den vergangenen beiden Jahren habe ich mich darauf konzentriert, dass unsere Institution ihre Tätigkeit nicht nur bestmöglich erfüllen, sondern auch erfolgreich weiterentwickeln kann.»
Das Bundesgericht habe hier Fortschritte gemacht und er sei mit dem Erreichten insgesamt zufrieden. Und: «Nach reiflicher Überlegung bin ich daher zum Schluss gekommen, dass eine neue Kraft übernehmen soll, die das Bundesgericht mit frischem Enthusiasmus leitet und insbesondere auch durch das kommende Jubiläumsjahr führt.»
Wie zufrieden das Richterplenum tatsächlich mit der noch laufenden internen Reorganisation ist, ist eine andere Frage. Gemäss Recherden dieser Zeitung herrscht in einigen Abteilungen ein Unbehagen wegen ungleich verteilter Arbeitslast.
In der Schweiz stellen die Parteien die Richter auf. Ursprünglich hatten sich Schwergewichte wie Christoph Blocher und Walter Frey für Donzallaz starkgemacht. Doch je länger, je mehr wurde der Walliser zu einem «halben» SVP-Bundesrichter. Die erkaltete Liebe steht im Zusammenhang mit Urteilen gegen die Parteilinie.
So fand Donzallaz zum Beispiel im Jahr 2015: Die Personenfreizügigkeit mit der EU ist höher zu gewichten als die Masseneinwanderungsinitiative. Vier Jahre später verärgerte er die Volkspartei, weil er einer Datenlieferung von 40'000 UBS-Konten an die französischen Steuerbehörden zustimmte.
In der öffentlichen Beratung mit Fünferbesetzung spielte Donzallaz das Zünglein an der Waage. Zwei bürgerliche Richter argumentierten gegen den Datenaustausch, weil sie ihn als unzulässige Fishing-Expedition qualifizierten. Eine grüne Richterin und ein GLP-Richter hingegen taxierten den Austausch als gesetzeskonform, weil es sich um 40'000 Einzelanfragen handle. Yves Donzallaz schloss sich dieser Haltung an.
Die SVP legte Donzallaz in der Folge den Parteiaustritt nahe, weil er weder die Landes- noch die Parteiinteressen vertrete. Donzallaz konterte, die SVP missachte als einzige Partei die Unabhängigkeit der Justiz. In der Wintersession 2020 stand seine Wahl zum Vizepräsidenten auf der Traktandenliste der Vereinigten Bundesversammlung. Die SVP drohte, sie könne ihn nur unterstützen, falls er die Partei verlasse. Was Donzallaz nicht tat und mit den Stimmen anderer Parteien gewählt wurde.
Knapp zwei Jahre später, kurz vor seiner Wahl zum Bundesgerichtspräsidenten, tat er der SVP aber den Gefallen und verliess die Partei. Damit wollte er eine friedliche und konstruktive Zusammenarbeit während seines Präsidiums ermöglichen. Er avancierte zum einzigen parteilosen Bundesrichter.
Erst vor wenigen Tagen geriet Donzallaz wieder in die Schlagzeilen. Der «Tages-Anzeiger» bekam Wind von einem Brief, den Donzallaz im Namen der Verwaltungskommission des Bundesgerichts unterzeichnet hatte. In dem Schreiben rüffelte er Thomas Stadelmann scharf. Der Grund: Der amtierende Bundesrichter legte die für seine Zunft sonst übliche Zurückhaltung ab und kritisierte das Klimaseniorinnenurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einem Interview mit CH-Media als «absurd». Er sagte, auch am Bundesgericht mache sich manchmal richterlicher Aktivismus bemerkbar.
Donzallaz warf Stadelmann darauf vor, er habe sich in keiner Weise vorbildlich verhalten und er stelle mit seinen Äusserungen auch öffentlich die Rechtsprechung des Bundesgerichts infrage. (aargauerzeitung.ch)
Eigentlich ein Unding für eine Demokratie. Die Richter sollten unabhängig sein.
Wahrscheinlich übte die SVP und Blocher Druck auf den Richter aus und dieser konnte das nicht mit seinem Arbeitsethos vereinbaren.
Guter Mann!
Das ein Richter, sich gegen seine Partei stellt, ist mutig und verdient unseren Respekt. Das Verhalten der SVP dagegen war zutiefst niveaulos!
Soviel zu der Erwartung der Schweizer Republikaner, (sorry, der SVP) zu der Unabhängigkeit der Justiz. Zum Glück hatte Herr Donzallaz genügend Rückgrat, um sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Es wäre schön, wenn in anderen obersten Gerichten mehr Donzallazs sitzen würden, für Gerechtigkeit anstelle von Parteiinteresse