Das Zürcher Obergericht hat am Dienstag einen Freispruch für eine Westschweizer Klimaaktivistin gekippt: Es verurteilte die 31-jährige Hebamme zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 100 Franken.
Die Behörden seien dazu angehalten, eine gewisse Toleranz zu zeigen, sagte der Richter in der Begründung. Bei einer solchen Blockade wie auf der Zürcher Quaibrücke vom Juni 2020 sei das Mass aber überschritten. «Ziel der Aktion war nur mediale Aufmerksamkeit.»
Das Obergericht verurteilte die «Extinction Rebellion»-Aktivistin wegen Nötigung und Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen. Dies, weil der Tram- und Busverkehr blockiert wurde.
Die Probezeit für die Geldstrafe beträgt zwei Jahre. Dazu muss die Aktivistin die Gerichtskosten von mehreren tausend Franken tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Die Hebamme appellierte an das Gericht, von einer Strafe abzusehen. «Das würde jahrelang in meinem Strafregisterauszug stehen.» Als Angehörige eines Gesundheitsberufes könne dies verheerend sein. Wegen einer Demonstration sei das doch völlig ungerechtfertigt.
Sie betonte zudem, dass sie als Sanitäterin auf der Brücke gewesen sei. Sie habe Wasser verteilt und sich um das Wohl der Aktivistinnen und Aktivisten gekümmert.
Fälle wie diesen wird es in den kommenden Wochen und Monaten am Obergericht noch mehrere geben, den nächsten bereits an diesem Donnerstag. Es sind alles Freisprüche, die im vergangenen Jahr von einem Zürcher Bezirksrichter gefällt wurden.
Dieser sprach aus Prinzip alle beschuldigten Klimaaktivistinnen und -aktivisten frei, weil die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit geschützt werden müsse. Die Staatsanwaltschaft stellte daraufhin ein Ausstandsbegehren gegen den Richter, weil dieser offenbar Sympathien für die Aktivisten hege und befangen sei.
Die Sache liegt mittlerweile bei Bundesgericht. Bis dieses entschieden hat, darf der mutmasslich befangene Richter nicht mehr in Klima-Prozessen entscheiden. Die Staatsanwaltschaft zog mehrere von ihm gefällte Freisprüche ans Obergericht.
Es gebe in der Schweiz diverse Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, etwa Wahlen oder Abstimmungen, sagte der Staatsanwalt am Dienstag. Man müsse sich nicht «wie kleine Kinder trotzig auf die Strasse setzen und denken, damit die Welt verändert zu haben».
Der Anwalt der Aktivistin kritisierte den Umstand, dass jener Richter am Bezirksgericht Zürich vorerst nicht mehr über Klima-Fälle entscheiden darf. Damit werde den Aktivistinnen und Aktivisten ein rechtmässiger Richter entzogen, sagte er. (saw/sda)
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Das ist bei Straftaten so üblich, ja.