Schweiz
Justiz

Prozess in Basel wegen fahrlässiger Tötung einer gebärenden Mutter

Fahrlässige Tötung einer gebärenden Mutter: Ärzte und Hebamme vor Basler Strafgericht

25.10.2023, 04:5225.10.2023, 08:15
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Geburt
Im März 2014 erlitt eine Mutter in Basel bei der Geburt ihres siebten Kindes im Bethesda Spital einen Unterusriss und starb an den Folgen der inneren Blutungen. (Symbolbild)Bild: shutterstock

Zwei Ärzte und eine Hebamme müssen sich am (heutigen) Mittwoch vor dem Basler Strafgericht verantworten. Sie werden der fahrlässigen Tötung einer gebärenden Mutter beschuldigt. Ihnen wird in der Anklageschrift auch mehrfache fahrlässige schwere Körperverletzung des neugeborenen Kindes zur Last gelegt.

Im März 2014 erlitt die Mutter bei der Geburt ihres siebten Kindes im Bethesda Spital einen Uterusriss und starb an den Folgen der inneren Blutungen. Der Säugling erlitt irreparable Gehirnschäden. Die Basler Staatsanwaltschaft sieht die beiden Ärzte und die Hebamme in der Verantwortung. Sie hätten ihre medizinischen Sorgfaltspflichten missachtet, schreibt sie in der Anklageschrift.

Der Kopf des Fötus befand sich nicht in der korrekten Lage. Dem einen Arzt wird daher vorgeworfen, diese Situation nicht hinreichend untersucht zu haben. Er hätte mit einer «mechanisch» erschwerten Geburt rechnen müssen. Mit einem Wehenhemmer hätte etwa der Uterusriss verhindert können. Stattdessen habe er vorschnell eine Wehenschwäche als Grund für die Geburtskomplikationen angenommen, heisst es weiter.

Die Hebamme habe daraufhin der Mutter das Wehenförderungsmittel Syntocinon verabreicht. Allerdings räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass unklar ist, ob die Hebamme das Mittel mit oder ohne Verordnung des Arztes verabreichte. Mit «absolut überwiegender» Wahrscheinlichkeit habe dies zum Uterusriss geführt.

«Ernst der Lage ignoriert»

Dadurch wurde der Fötus unterversorgt und erlitt einen schweren Sauerstoffmangel und dadurch Gehirnschäden. Das Kind kam leblos zur Welt und musste sofort reanimiert werden. Mit einer rechtzeitigen Zuhilfenahme einer Zange wäre mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent kein Gehirnschaden entstanden, wie es in der Anklageschrift unter Berufung auf ärztliche Gutachten heisst.

Zudem hätten die Ärzte beim Zustand der Mutter «den Ernst der Lage ignoriert» und nicht nach den Ursachen für die Blutungen gesucht. Der Tod der Frau wäre aus der Sicht der Staatsanwaltschaft «vermeidbar» gewesen.

Den beiden Ärzten wird auch vorgeworfen, dem Kind nach der Geburt grobfahrlässig weitere Schäden zugefügt zu haben. Sie hätten den Säugling zu spät intubiert und somit den Sauerstoffmangel um zwölf Minuten verlängert. Das Kind trug erhebliche und bleibende Behinderungen des gesamten Bewegungsapparat davon, wie medizinische Untersuchungen ergaben.

Mit einer vorgängigen Prüfung des Geburtsstillstand hätte das Leben der Mutter gerettet und die Verletzungen beim Baby vermieden werden können, folgert die Staatsanwaltschaft. Sie stuft die Verhandlung als dringlich ein, da der Fall sonst im März 2024 verjährt. Für die drei Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. (sda)

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85 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Shake'it
25.10.2023 06:46registriert August 2022
Es kommt immer wieder vor, dass Ärzte eine Situation falsch einschätzen, und ein solcher Fehler kann leider auch zum Tod eines Patienten führen.
Ich hab das selbst auch schon erlebt, dass die Ärzte im KH für meinen schlechten Zustand eine harmlose Ursache vermuteten... Nur dank einer Krankenschwester welche besorgt war und meine Werte dem Chefarzt gezeigt hat, wurde der Ernst der Lage rechtzeitig erkannt und ich wurde kurz darauf einer Not-Op unterzogen. Ich hätte die Nacht sonst wohl nicht überlebt.
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Rikki-Tiki-Tavi
25.10.2023 06:59registriert April 2020
Tragisch für alle Beteiligten, und schlimm auch für die sechs Kinder, die jetzt keine Mutter mehr haben. Ich kann ganz sicher nicht beurteilen, ob hier fahrlässig etwas völlig falsch gemacht worden ist. Ich kann nur bewundern, unter welchem Druck Ärzte und Pflegende und Hebammen entscheiden und handeln.
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Raupe aka Raclonette
25.10.2023 06:40registriert Februar 2019
Kein ärztliches Personal, keine Hebammen hätten je ansatzweise das Interesse gehabt, die Frau vorsätzlich verbluten oder das Kind ersticken lassen. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Zu wissen, dass der Tod einer Mutter verhindert hätte werden können mit einem anderen Handeln ist schon eine Strafe fürs Leben.

7 Kinder zu haben ist ein grosses Risiko für eine Gebärmutter.

Alles Gute für die Familie.
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