Eine Viertelstunde Tetris spielen: Nicht zum Vergnügen sollen sich Frauen, die eine schwierige Geburt hinter sich haben, mit dem populären Computerspiel beschäftigen, sondern als Präventionsmassnahme. Denn diese spielerische Aktivität, das sagt eine neue Studie der Universitätsspitäler Lausanne und Genf, kann sie vor Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung bewahren.
Für manche Frauen ist der Vorgang der Entbindung traumatisierend – etwa vier Prozent leiden nach der Niederkunft an einer sogenannten postpartalen posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD). Zu den echten oder wahrgenommenen Traumata, die diese Störung auslösen können, gehört auch ein ungeplanter Kaiserschnitt. Diese Notoperation wird schliesslich nur dann durchgeführt, wenn eine schwere Verletzung oder sogar der Tod von Mutter oder Kind droht. Rund 20 Prozent der Frauen, die sich einem solchen Eingriff unterziehen müssen, entwickeln danach eine PTSD.
An der vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierten Studie, die unter der Leitung der Professorin Antje Horsch durchgeführt und in der Fachzeitschrift «Molecular Psychiatry» veröffentlicht wurde, nahmen 146 Frauen teil. Die Hälfte von ihnen spielte in den ersten sechs Stunden nach einem Not-Kaiserschnitt eine Viertelstunde lang Tetris, während die andere Hälfte innerhalb dieses Zeitraums ein Placebo erhielt. Die Gruppe der Frauen, die Tetris gespielt hatte, wies bis zu sechs Monate nach der Geburt signifikant weniger PTSD-Symptome wie Flashbacks, Albträume, Schlafstörungen oder übermässige Wachsamkeit in Bezug auf das Baby auf.
Es ist schon länger bekannt, dass das Spiel Tetris dabei helfen kann, PTSD-Symptome nach Traumata wie Verkehrsunfällen zu lindern. Wie genau das funktioniert, ist nicht vollständig geklärt. Vermutlich aktiviert Tetris jenen Bereich des Gehirns, der für die visuelle Wahrnehmung und die räumliche Orientierung zuständig ist und dadurch einen anderen Prozess unterbricht: die Verankerung des traumatischen Ereignisses im Langzeitgedächtnis.
Künftige Untersuchungen sollen zeigen, wie gut Menschen einschätzen können, ob ihr Leben in Gefahr ist. In der vorliegenden Studie wurden nämlich nur Frauen zur Teilnahme ausgewählt, die selbst angaben, dass sie während der Operation Angst um ihr Leben oder das ihres Kindes gehabt hatten. (dhr)