Das hauchdünne Nein vom 13. Juni 2021 zum CO2-Gesetz war ein Schock für Rot-Grün. Umso mehr, als alle Parteien dahinter standen – mit Ausnahme der SVP.
Der Schock traf die Politik umso stärker, weil die Linke ungewöhnlich viel Geld in die CO2-Kampagne gesteckt hatte. Deshalb hat das Nein bis heute tiefe psychologische Wunden hinterlassen und wird als strategische Niederlage gewertet.
Der Respekt ist gross vor der neuen Abstimmung zum Referendum gegen das Klimaschutzgesetz, den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Wieder hat es die SVP alleine ergriffen. Sie bezeichnet den Erlass als «Stromfresser-Gesetz».
«Die Niederlage beim CO2-Gesetz sitzt noch tief», sagt Sophie Fürst, Geschäftsführerin des Vereins Klimaschutz Schweiz. «Die Ja-Kampagne war breit aufgestellt und ging trotzdem verloren.» Deshalb brauche es «etwas mehr Mut», wieder in einen harten Abstimmungskampf zu steigen.
Nur: Die Initiantinnen und Initianten der Gletscher-Initiative haben für die Abstimmung einen überraschenden «Verbündeten» bekommen: Albert Rösti, neuer Umweltminister und ehemaliger Parteipräsident der SVP.
Zwar sprach die Bewegung Klimastreik von einem «tiefen Schock». Die Wahl des «höchsten Auto- und Öllobbyisten» in den Bundesrat sei «eine Katastrophe» für eine ganze Generation. Die Klimaaktivisten riefen zu einem Protest auf gegen «Ölbert im Uvek».
Deutlich positiver schätzen die Initiantinnen und Initianten der Gletscher-Initiative die Situation ein. Wie Recherchen zeigen, glauben sie, Rösti könne ihnen in der Abstimmung vom 18. Juni bis zu fünf Prozentpunkte einbringen. Sie sprechen von einem eigentlichen «Rösti-Bonus»: Liberale SVP-Wählende und Wechselwählende könnten wegen Rösti nun für das Gesetz stimmen.
Dies sieht Politgeograf Michael Hermann ähnlich. «Albert Rösti im Uvek ist das Beste, was den Initianten passieren konnte», sagt der Leiter der Forschungsstelle Sotomo. SVP-Bundesrat Rösti sei nicht zu vergleichen mit SVP-Bundesrat Guy Parmelin, der 2015 in die Regierung gewählt worden war, weil er der konsensualste SVP-Kandidat war.
«Rösti war Präsident der SVP Schweiz. Er verkörpert die aktuelle Generation der SVP und ist sehr breit akzeptiert in der Partei», sagt Hermann. Auch ihm sei die Dekarbonisierung wichtig. «Er will gestalten im Energiebereich, will die Abstimmung gewinnen.» Für Hermann ist klar, dass Rösti die Position der Regierung «nicht unterminiert», wie das Ueli Maurer phasenweise getan habe.
Hermann will sich zwar nicht auf die Äste herauslassen, wie viele Prozentpunkte Rösti den Initiantinnen einbringen könnte. Er sagt aber: «Wenn es eng wird, kann Rösti den Unterschied ausmachen.»
«Kurzfristig gibt es wohl einen ‹Rösti-Effekt›», sagt auch Fürst. «Der neue Umweltminister Albert Rösti muss sich für den Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative einsetzen. Wir erwarten, dass er das in seiner Rolle als Bundesrat auch mit Überzeugung tun wird.»
Aber auch der Abgang von Simonetta Sommaruga hilft den Initianten. «Die SVP verliert damit ihre liebste Gegnerin», sagt Hermann. Insgesamt seien die Initiantinnen somit «doppelt im Vorteil».
Matchentscheidend für Sieg oder Niederlage dürfte die FDP sein. Beim CO2-Gesetz war ihre Wählerschaft gespalten, obwohl die FDP Schweiz die Ja-Parole herausgegeben hatte. Im Nachgang zur Abstimmung trat die damalige Präsidentin Petra Gössi zurück. Sie hatte die Partei auf einen klimafreundlicheren Kurs getrimmt.
Der Freisinn beschliesst seine Parole erst am 6. Mai. Das wird als Zeichen gewertet, dass er das Gesetz möglichst lange totschweigen will. FDP-Präsident Thierry Burkart bestreitet das entschieden. «Als wir die Delegiertenversammlung vom letzten Samstag planten, wussten wir noch nicht, ob das Referendum zu Stande kommt», sagt er. «Deshalb konnten wir es erst für die DV vom 6. Mai traktandieren.»
Burkart betont, die FDP-Fraktion sei «mit grosser Mehrheit» für den indirekten Gegenvorschlag gewesen. Zwar gebe es darin Aspekte, die aus liberaler Sicht unerfreulich seien. «Im Sinne des Kompromisses haben wir aber Hand geboten», sagt er. «Wenn wir bis 2050 die Dekarbonisierung schaffen wollen, braucht es jetzt Massnahmen.»
Ein paar wenige Fraktionsmitglieder hätten gegen das Gesetz gestimmt, was ihr gutes Recht sei. An der Delegiertenversammlung vom 6. Mai werde es «selbstverständlich zu einer Diskussion» kommen, sagt er – und prophezeit: «Ich glaube aber, dass der indirekte Gegenvorschlag bei uns und in der Volksabstimmung gute Chancen hat.» (aargauerzeitung.ch)
Diese hatten einen extremen Mobilisierungs Effekt, vorallem bei Leuten auf dem Land und aus dem landwirtschaftlichen Umfeld, davon viele, die sonst eher apolitisch sind.
Die haben nicht nur die Agrar Initiativen versenkt, sondern auch gleich das CO2 Gesetz.
Das war damals eine auch strategisch unglückliche Kombination.