Zum Abschluss seines Präsidialjahres hätte Guy Parmelin «gerne das Ende der Pandemie ausgerufen». Die Realität sieht ganz anders aus, wie der SVP-Bundespräsident am Freitag zugeben musste: «Zu viele Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, liegen auf den Intensivstationen.» Es sind meist Ungeimpfte, und eine Entspannung ist nicht in Sicht.
Nur eine Woche nach den letzten Verschärfungen zieht der Bundesrat deshalb die Schraube erneut an. Er schlägt – endlich – eine umfassende 2G-Regel vor. Zugang zu Restaurants, Veranstaltungen und Sportstadien würden nur Geimpfte und Genesene bekommen, meist ergänzt durch eine Maskenpflicht, von der man sich mit einem negativen Test befreien kann.
Die zweite, schärfere Variante ist ein Teil-Lockdown. Demnach müssten Restaurants, Bars, Clubs und Sporteinrichtungen schliessen (Kultur und Eventbranche werden geschont). Ob sich die Kantone dafür entscheiden werden, ist nach den bisherigen Erfahrungen fraglich. Auch die vorgeschlagene Home-Office-Pflicht dürfte auf erbitterten Widerstand stossen.
Dabei ist es offensichtlich: Der Schweizer Weg ist – einmal mehr – gescheitert. Es ist kaum vorstellbar, dass eine Überlastung der Spitäler über die Festtage mit beiden Varianten verhindert werden kann. 2G sei vernünftig und hilfreich, aber die Schweiz sei damit einen Monat zu spät dran, sagte der Basler Kantonsarzt Thomas Steffen den Tamedia-Zeitungen.
Deutschland hat 2G früher eingeführt, und in den letzten Tagen waren die Neuinfektionen rückläufig. Österreich hat früher auf einen – umfassenden – Lockdown gesetzt und damit die Delta-Welle gebrochen. Die neuen Massnahmen des Bundesrats werden wohl erst in einer Woche in Kraft treten. Das wäre zu spät für die Weihnachtstage.
Man kann auf die Schulferien hoffen. Mit ihnen könnte ein besonders brisanter Hotspot entschärft werden. Gleichzeitig aber befindet sich die Omikron-Variante auf dem Vormarsch. Sie ist wie befürchtet deutlich ansteckender als Delta und könnte «schon Mitte oder Ende Januar 2022 dominant werden», wie es in der Mitteilung des Bundes heisst.
Experten sind skeptischer. «Man muss davon ausgehen, dass Omikron in zwei, drei, vier Wochen die dominante Variante in der Schweiz sein und das Infektionsgeschehen zusätzlich anheizen wird», sagte der Berner Epidemiologe Christian Althaus dem SRF. Selbst wenn Omikron zu milderen Krankheitsverläufen führen sollte, wäre das eine schlechte Nachricht.
Andere Länder haben die «Notbremse» gezogen. Dänemark, das im September eine Art Synonym für Coronafreiheit war, macht das Nachtleben vollständig dicht. Auch die britische Regierung, die den «Freedom Day» vom 19. Juli bis Weihnachten durchziehen wollte, muss vor Omikron «kapitulieren» und eine Maskenpflicht sowie den «Covid Pass» einführen.
In der Schweiz aber werden sich die gefürchteten Triagen in den Spitälern nicht abwenden lassen. Die Taskforce des Bundes warnt, dass bis Weihnachten mit 400 Covid-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivpflegestationen zu rechnen sei, falls der aktuelle Trend nicht gebrochen werde. Und Weihnachten ist nicht heute, aber doch schon in zwei Wochen.
«Es ist noch nicht zu spät für ruhige Festtage», gab sich Bundespräsident Guy Parmelin am Freitag unverdrossen optimistisch. Tatsächlich aber muss man nicht zum ersten Mal in den bald zwei Jahren Pandemie feststellen: Die Schweiz macht zu wenig und kommt zu spät.
Es gibt sicher Fälle wo es schlicht nicht geht, aber wenn man will, geht das durchaus. Alles andere ist unfähiges Managment.
Dezember 20 nichts gelernt, Dezember 21 nichts gelernt...
ist zu befürchten dass das auch für die folgenden Jahre gelten wird.
Schade