Schweiz
LGBTQIA+

Sozialwerk.LGBT+-Mitgründer öffnet Beratungsstelle trotz Machtmissbrauch

ARCHIV - 12.07.2012, Berlin: Eine Regenbogenfahne weht vor der russischen Botschaft bei einer Solidarit
Der Sozialarbeiter war Mitbegründer des Vereins Sozialwerk.LGBT+ und arbeitete dort die vergangenen vier Jahre.Bild: keystone

Sozialarbeiter hatte Sex mit Teenager – jetzt eröffnet er eine neue Beratungsstelle

07.01.2025, 09:3207.01.2025, 14:47
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Ein Sozialarbeiter eines LGBTQ-Jugendtreffs hatte eine Dreierbeziehung mit einem 18-jährigen Schützling und seinem Mann. Während noch immer ein Strafverfahren wegen Verdachts auf strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität hängig ist, eröffnet der Leiter eine neue Beratungsstelle in der Ostschweiz. Der Tages-Anzeiger berichtete darüber.

Die Staatsanwaltschaft St.Gallen bestätigte, dass ein Strafverfahren gegen den Leiter und seinen Mann läuft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Sozialarbeiter war Mitbegründer des Vereins Sozialwerk.LGBT+ und arbeitete dort die vergangenen vier Jahre.

Der betroffene Teenager suchte damals als 17-Jähriger den Verein auf, da er wegen seiner Homosexualität Opfer von Beleidigungen, Mobbing und tätlichen Angriffen wurde. Der Jugendtreff war für queere Teenager ab 13 Jahren gedacht, welche in ländlichen und meist konservativen Gegenden aufwuchsen.

Die Dreiecksbeziehung

Der Mann des Leiters des Jugendtreffs, welcher ebenfalls eine beratende Funktion hatte, begann eine Beziehung mit dem damals 17-jährigen Jugendlichen.

Der Mann sagte gegenüber der Staatsanwaltschaft: «Diese Beziehung ist im Juni in eine Dreierbeziehung übergegangen und mein Mann war auch Teil davon.» Die zwei Männer waren beide über 40. Der Jugendliche hegte aber eine grosse Abneigung gegen den Sozialarbeiter. Deshalb beendete der Jugendliche die Liaison mit dem Ehepaar, da sie ihm «zu viel» wurde.

In der queeren Community haben die Anschuldigungen für Aufruhr gesorgt. Die LGBT-Dachverbände Pink Cross, Lesbenorganisation Schweiz und Transgender Network Switzerland kritisierten «den Machtmissbrauch» scharf. Das Sozialwerk.LGBT+ ist bei ihnen aufgrund dessen als Mitglied ausgeschlossen worden.

Eröffnung einer neuen Praxis

Der Sozialarbeiter eröffnete nach seinem Ausschluss aus dem Verein Sozialwerk.LGBT+ im September eine neue Praxis für Partnerschaft und Sexualität, wo er auch eine Familienberatung anbietet. Gemäss seinem Anwalt ist dies erlaubt. Zudem denkt der Anwalt, dass das hängige Verfahren «höchstwahrscheinlich» eingestellt werde.

Avenir Social, der Berufsverband Soziale Arbeit in der Schweiz, meint dazu: «Sexuelle Beziehungen im Rahmen eines Beratungsverhältnisses sind in jedem Fall inakzeptabel.» Es sei unerheblich, ob dies gemäss Gesetz strafbar sei oder nicht.

Schaden für queere Community

Auch für Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, ist das Ganze völlig unverständlich. Für ihn sei die Eröffnung einer neuen Praxis ein Zeichen für die Uneinsichtigkeit des Sozialarbeiters. Er kritisiert zudem die fehlende Qualitätssicherung für Coaches in der Schweiz. Heggli sagt gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Selbst mit einer solchen Vorgeschichte kann man offenbar in der Schweiz weiter vulnerable Menschen beraten.»

(kek)

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72 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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chicadeltren
07.01.2025 09:44registriert Dezember 2015
Und wieso wird der Name der neuen Praxis nicht erwähnt? Da muss man doch mindestens, potentielle zukünftige Kunden warnen können!
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ABWESEND
07.01.2025 10:01registriert September 2024
immer schön zu sehen, dass in der Schweiz der Täterschutz einwandfrei funktioniert.

warum auch nicht potenzielle Opfer schützen... nein der Täter ist wichtiger.
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haraS
07.01.2025 10:39registriert Januar 2023
Unvorstellbar dass jemand der seine Schutzbedürftigen so ausnutzt noch in dem Bereich arbeiten darf...
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    Darum kann in der Schweiz nicht auf den ESC-Sieger gewettet werden
    Auf alles und jeden kann gewettet werden? Falsch! Auf den Sieger des ESC zu wetten, ist in der Schweiz beispielsweise verboten.

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