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Warum «Stopp Werbung»-Kleber überflüssig werden könnten

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Trotz Kleber landet immer wieder unerwünschte Werbung in Schweizer Briefkästen. Geht es nach der GLP-Nationalrätin Katja Christ, soll das bald ein Ende haben. bild: keystone

«Stopp Werbung»-Kleber sollen überflüssig werden – wer daran wenig Freude hat

Wer keine Werbung will, klebt den Hinweis «Stopp Werbung» an seinen Briefkasten. GLP-Nationalrätin Katja Christ will dieses System ändern. Werbung soll nur noch erhalten, wer das explizit mit «Werbung OK» kennzeichnet. Für die Post könnte damit ein wichtiges Geschäft flöten gehen.
11.08.2022, 05:3011.08.2022, 20:39
Helene Obrist
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Berge von bunten Flyern und Prospekten im Briefkasten nerven. Das finden zumindest 60 Prozent der Schweizer Haushalte. Sie sprechen sich mit einem «Stopp Werbung»-Kleber am Briefkasten gegen Meldungen über Produktneuheiten und Dienstleistungen aus.

Prangt der Kleber am Briefkasten, darf die Schweizerische Post unadressierte Sendungen nicht hineinwerfen.

Trotzdem landet in vielen Briefkästen noch immer unerwünschte Werbung. GLP-Nationalrätin Katja Christ sind die Müllberge, die dadurch entstehen, ein Dorn im Auge. Nachforschungen hätten gezeigt, dass 53 Prozent der Werbung nur teilweise oder gar nicht angeschaut werde, schreibt Christ in einem politischen Vorstoss.

34 Kilogramm weniger Abfall

Die Nationalrätin fordert deshalb einen Systemwechsel, wie SRF berichtet. Neu soll nur Werbung erhalten, wer sich mit einem «Werbung OK»-Kleber am Briefkasten dazu entschieden hat. Diese Opt-in-Lösung ist nicht neu. Amsterdam setzt bereits seit 2018 darauf. Wer Werbung erhalten will, muss dieser, wie per E-Mail, ausdrücklich zustimmen. Die Bewohnerinnen und Bewohner der niederländischen Hauptstadt sparen dadurch 34 Kilogramm Abfall pro Haushalt.

Die Schweizerische Post hält wenig von Christs Vorschlag. «Ein Wechsel hätte grosse Auswirkungen auf die Post und die werbenden Firmen – insbesondere KMUs», sagt Léa Wertheimer, Leiterin Media Relations der Post.

Schrumpfende Briefmengen

«Physische Werbung ist für die Post ein wichtiger Geschäftszweig, der die ständig sinkenden Briefmengen abfedert», so Wertheimer weiter. Mithilfe der Werbesendungen könne die Grundversorgung der Bevölkerung in hoher Qualität erbracht werden – «und dies gänzlich ohne Steuergelder», fügt die Mediensprecherin an.

Tatsächlich kämpft die Post gegen die schrumpfenden Briefmengen. 2021 stellte die Dienstleisterin noch 1,8 Milliarden zu. 2011 waren es 2,3 Milliarden Zustellungen.

Rund die Hälfte des Briefvolumens der Post sei unadressierte Werbung. «Die physische Werbung sichert so Arbeitsplätze bei der Post und bei Firmen, die werben oder Werbeprodukte erstellen», so Wertheimer.

Doch auch bei der physisch verschickten Werbung kämpft die Post gegen Verluste. Seit 2014 hat sich das Volumen der unadressierten Sendungen um 12 Prozent reduziert.

Um dem entgegenzuwirken, schickt die Post regelmässig «Werbung OK»-Kleber mit offiziellem Schreiben an Schweizer Haushalte. So will sie auf «attraktive Warenmuster» aufmerksam machen, wie es in dem Schreiben heisst. Die Post hofft damit auch, dass der eine oder andere «Stopp Werbung»-Kleber vom Briefkasten verschwindet.

«Wir führen diese Massnahme regelmässig durch», so Wertheimer von der Post. Im April erhielten 200'000 Haushalte aus der Ostschweiz ein Schreiben. Im Oktober sollen Bewohnerinnen und Bewohner aus der Region Bern von der Post kontaktiert werden.

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Rund die Hälfte des Briefvolumens der Post sind unadressierte Werbungen.bild: keystone

Digitale Werbung nicht unbedingt ressourcenschonender

Weniger physische Werbung würde zwar Papier sparen. Umweltschonender sei es aber nur bedingt, heisst es von der Post. «Es ist falsch zu glauben, dass digitale Werbung keine Ressourcen beansprucht», sagt Wertheimer.

Jede Google-Ad und jedes Werbe-Mail verbrauche Strom und verursache Emissionen. Bei der Post würden seit Anfang 2022 das CO₂, das durch physische Sendungen entstehe, kompensiert. «Es ist daher nicht richtig, digitale Werbeformen aufgrund der Nachhaltigkeit gegenüber den gedruckten zu bevorzugen, solange die digital-verursachten Emissionen nicht kompensiert werden.»

Warum du trotz «Stopp Werbung»-Kleber gewisse Zustellungen erhältst
Die Post unterscheidet beim Zustellen zwischen kommerziellen und offiziellen Sendungen. Zu kommerziellen Sendungen zählen zum Beispiel unadressierte Werbeprospekte aller Art. Sie landen nicht in deinem Briefkasten, wenn ein entsprechender Kleber daran prangt.

Ist die Werbung aber direkt an dich adressiert, landet sie trotz Kleber bei dir. Das Gleiche gilt mit Mitteilungen von Bund, Kantonen, Gemeinden, politischer Werbung sowie amtlichen Anzeigern. Sie gehören zu den offiziellen Sendungen und werden an alle Haushalte verteilt.

Mehr Informationen dazu gibt es bei der Stiftung für Konsumentenschutz. 👉🏼🔗

Und nun etwas zum Schmunzeln:

Werbung, nein danke? 9 Briefkasten-Aufkleber, die auch du brauchst
Nüt nüt.
Die «Stopp Werbung»-Flyer simpel erklärt. Bild: zukkihund
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Briefe in der Schweiz werden wohl teurer
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270 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Roro Hobbyrocker
11.08.2022 05:40registriert August 2016
Ich finde die gratis Zeitungen einen Fluch. Hier müsste man mal was unternehmen.
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manhunt
11.08.2022 06:19registriert April 2014
und wieder das totschlagargument kmu. als ob sich die post für solche betriebe interessieren würde. wirtschaft ist dynamisch und in erster linie auf nachfrage ausgerichtet. wer nicht fähig oder willens ist, sich einer verändernden marktsituation anzupassen, muss seinen betrieb eben dichtmachen.
offenbar hat sich die nachfrage nach buntem papiermüll drastisch verkleinert. somit wird es auch weniger nachfrage für prospektgestaltung und druckereiprodukte geben (welche sowieso grösstenteils im ausland produziert werden). schuhmacher und buchbinder gibt es heute auch (fast) keine mehr. so what?
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kusel
11.08.2022 06:32registriert Januar 2015
Finde ich gut. Aber es muss dann wirklich auch für alles gelten - auch für Gratiszeitungen.
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