Am Sonntagabend war es klar: Der lokale Hotspot eines mutierten Coronavirus in der Bündner Gemeinde Arosa betraf vor allem das schulische Umfeld. Der Kanton machte gestern spät Zahlen eines zweitägigen Flächentests bekannt.
Von den 58 entdeckten Infektionen – davon 45 mit der B.1.1.7-Mutation – waren mehrheitlich Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und Lehrpersonen betroffen. Graubünden zog erste Konsequenzen daraus und verkündete, Massnahmen im Bereich des Wintersports ab heute Montag wieder zu lockern. Alle Schulen in Arosa GR bleiben jedoch vorerst geschlossen.
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Arosa ist nicht alleine. Immer wieder kommt es vor, dass Kinder oder Lehrpersonen an Schulen oder in Kindergärten vom Coronavirus getroffen sind. Das überrascht nicht. Was hingegen überrascht, wie häufig das passiert und wie Eltern darüber informiert werden.
watson erfuhr in den vergangenen Monaten von mehreren Coronavirus-Infektionen im schulischen Umfeld: Die Behörden reagierten, manche Eltern überreagierten, und landete die Infektion bei der lokalen Presse, so gab es auch von einigen wenigen Müttern und Vätern Panik.
«Wir haben die Infektion zweier Kinder und die Quarantäne-Massnahmen bewusst nur jenen Eltern und Betroffenen mitgeteilt, die es wissen mussten», erinnert sich ein Ostschweizer Kindergärtner in einem Hintergrundgespräch. Es seien viele Einzelfälle, in der Regel harmlose Fälle, die mit Quarantäne und Schliessungen gut kontrolliert werden könnten. «Jeder Einzelfall sorgt aber für panische Anrufe von besorgten Eltern», fasst er seine Erfahrung zusammen.
Wo diese Einzelfälle sind, wird derzeit nicht systematisch überall erfasst. Das ist einmal mehr Konsequenz des Föderalismus: Für die Bildung und Gesundheit sind die Kantone zuständig. Gesamtschweizerische Schlüsse können mangels Daten kaum gezogen werden. Die oben dargestellte Karte ist ein Versuch, die Menge an Corona-betroffenen Schulen und Kindergärten darzustellen. Geliefert wurden die Daten nicht vom Bundesamt für Gesundheit (BAG), sondern von engagierten Bürgerinnen und Bürgern auf Initiative einer Mutter.
Sie heisst Emilia Giammaria. Sie fing bereits im Herbst an, Daten über Corona-Fälle an Schulen zu dokumentieren, indem sie Medienberichte oder Meldungen anderer Eltern zusammenfasste. Mittlerweile gibt es auch ein Internet-Formular, wo Bürgerinnen und Bürger Fälle melden können. Diese «Crowd-basierte» Karte zeigt mittlerweile über hundert gemeldeter Einzelfälle auf – nicht immer ausführlich dokumentiert, belegt oder strukturiert. Deshalb sei die Karte auch ohne Gewähr, heisst es in einem Hinweis auf Giammarias Karte.
COVID-19 Switzerland Schools (work in progress) FORM: https://t.co/xPoAb5OMBd - https://t.co/vDacw3osyD
— emilia giammaria ⭐️ (@egiammaria) January 26, 2021
Im November – als die Schul-Corona-Debatte wieder einmal grösser geführt wurde – wurde die zweifache Mutter von den Tamedia-Zeitungen zu ihren Motiven hinter dem Kartenprojekt befragt. «Mir ist aufgefallen, dass vor allem in der Deutschschweiz kein grosses Bewusstsein für Corona vorhanden war», sagt sie. Im November wollte sie bereits mit den Daten zu den Schulen «aufrütteln», damit an Schulen mehr getestet werde.
Das war im November. Jetzt, im Februar, zeigt sich: An der Debatte und der Datenlage hat sich nicht viel geändert. Nach wie vor werden Corona-Infektionen und Schulschliessungen als Einzelfälle behandelt. Nach wie vor werden Daten dazu nicht zentral erfasst, wie die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) vergangene Woche bestätigte.
Anderes Beispiel: Eltern hatten direkten Kontakt bei der Arbeit. Kinder gehen weiter in die Schule, während Eltern in Quarantäne sind.
Wen wundert es noch, dass wir den Virus nicht eindämmen können? Warum müssen nicht alle in einem Haushalt die selben Regeln befolgen?