Schweiz
Ständerat

Zollreform: Wie Keller-Sutter das Zollgesetz durchbrachte

Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter spricht durch die Blumen zur Kleinen Kammer, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 3. Juni 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessand ...
Zauberte bei der Schnapssteuer mit einem Minderheitsantrag, der keiner war: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter bewies in der Sommersession im Ständerat Improvisationstalent.Bild: keystone

Zaubertrick mit Schnapssteuer – wie Keller-Sutter das Zollgesetz durchbrachte

Die grosse Zollreform ist nach drei Jahren Bastelei im Bundesparlament reif für die Schlussabstimmung. Am Ende griff die Bundespräsidentin noch in die Trickkiste.
06.06.2025, 10:40
Henry Habegger / ch media
Mehr «Schweiz»

Am Schluss brauchte es beim Zollgesetz einen Kunstgriff der Bundespräsidentin. Karin Keller-Sutter sagte am Dienstag im Ständerat: «Ich kann ja jetzt die Minderheit Sommaruga, die es nicht gibt, übernehmen und mindestens ermöglichen, dass Sie darüber abstimmen können.» Gesagt, getan. Der Ständerat stimmte 25 zu 19 Stimmen dem nicht existierenden Antrag von SP-Ständerat Carlo Sommaruga zu.

Und sorgte so letztlich dafür, dass die Einfuhr von Spirituosen künftig im umstrittenen neuen Zollgesetz geregelt ist und nicht im Alkoholgesetz.

Der Vorgang sorgt für rote Köpfe. «Über einen Minderheitsantrag abzustimmen, den es gar nicht gibt, das ist ein staatsrechtlicher Skandal, so ist kein Parlamentsbetrieb mehr möglich», sagt Peter Platzer, Anwalt und Geschäftsführer des Spirituosenverbands Spiritsuisse.

Die Branche wehrte sich vehement gegen den Systemwechsel, weil sie Nachteile befürchtet. Die Abwicklung werde komplizierter, die Zollverwaltung werde jetzt «endlose Vorschriften und Anweisungen» machen, sie erhalte mit der neuen Regelung eine «Carte blanche», Folge seien Mehrkosten für Unternehmen.

FDP-Finanzministerin Keller Sutter hatte im Parlament das Gegenteil in Aussicht gestellt, es handle sich offenbar um ein Missverständnis. Wenn sich die Branche durchsetze, werde ihr administrativer Aufwand und auch jene der Verwaltung grösser. Spirituosen könnten künftig nicht mehr steuerfrei von der Grenze in ein Steuerlager überführt werden, sondern schon an der Grenze verzollt und versteuert werden, sagte Keller-Sutter. Das bringe «für die betroffenen Unternehmen eine grosse Kapitalbildung mit sich».

Darauf hatte auch SP-Ständerat Sommaruga hingewiesen. Weil es aber nicht seine Aufgabe sei, die Interessen der Branche zu vertreten, stellte er keinen Minderheitsantrag. Aus dieser Formulierung machte Keller-Sutter in der Folge «die Minderheit Sommaruga, die es nicht gibt».

Der Zaubertrick mit der Schnapssteuer ist irgendwie typisch für die umstrittene grosse Zollreform, die noch vom 2023 abgesetzten Zolldirektor Christian Bock angestossen wurde. Nach fast drei Jahren Hin und Her im Parlament ist endlich bereit für die Schlussabstimmung Ende der laufenden Session.

Zentrale Punkte wie Bewaffnung von Zollpersonal bei Kontrollen oder die Zusammenlegung von Zoll und Grenzwache waren schon früher durch die beiden Räte entschieden worden. Auch, dass Mitarbeitende des Bundesamts für Zoll und Grenzschutz (BAZG) künftig in bestimmten Fällen auch Fingerabdrücke und DNA-Proben nehmen dürfen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
War Trumps Zollkrieg vorhersehbar?
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
sowhat
06.06.2025 12:57registriert Dezember 2014
Ok, langsam fängts im BR an unangenehm zu riechen.
Erst der Röschti, der sich über Volksabstimmungen hinwegsetzt (Wolf, Strassen) jetzt KKS, die über etwas abstimmen lässt, was es nicht gibt.
Und das Parlament stimmt dazu auch noch ab, statt sich zu verweigern.
Ich glaub ich bin im falschen Film.
306
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tomi2
06.06.2025 12:21registriert März 2025
Politiker sollten der Bevölkerung dienen und nicht dauernd für ihre Individualbedürnisse trixen. Langsam wird es in Bern Dauerpeimlich und lächerlich und immer ist die FDP Teil davon. (KKS, Müller , Cassis der Nochpräsi. etc.)
256
Melden
Zum Kommentar
avatar
Troxi
06.06.2025 12:45registriert April 2017
Wow, einfach nur wow. Man stimmt über einen Beschluss ab den es nicht gibt und all die Bprgerlichen Pfeiffen, sind nicht auf die Idee gekommen, dies selbst in der Kommission vorzuschlagen? Was für ein Affenzirkus haben wir in Bern?
213
Melden
Zum Kommentar
5
    Kleider im Wert von einer Million weg – dieser Fall im Shoppi Tivoli sorgt für Aufsehen
    Im Shoppi Tivoli wurden Kleider im Wert von fast einer Million geklaut. Die Polizei tappt im Dunkeln.

    Am 5. August 2024, vor fast einem Jahr, geschah der Raub. Im Shoppi Tivoli in Spreitenbach wurden Kleidungsstücke im Gesamtwert von fast einer Million Franken geklaut. Das Einkaufszentrum erstattete Anzeige gegen unbekannt.

    Zur Story