Schweiz
Strasse

Bund baut für vier Millionen ein Autobahn-Infozentrum im Wankdorf

Ausbaugegner kritisieren «sinnlosen Luxus-Pavillon» im Wankdorf

06.02.2025, 15:4506.02.2025, 19:54
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Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat für fast vier Millionen Franken ein Besucherzentrum beim Autobahn-Anschluss Wankdorf gebaut. Das Astra wolle neue Wege bei der Information über Ausbau- und Neubauprojekte gehen, heisst es zur Begründung.

Das Besucherzentrum wird in diesem Frühling eröffnet und ist auf eine Nutzungszeit von mindestens 30 Jahren ausgerichtet, wie das Astra am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Zuerst hatte die «Tagesschau» von SRF über die «neue Art der Projektkommunikation» berichtet.

Die Autobahn im Raum Bern sei ein wichtiges Puzzlestück in der Mobilitätsplanung der Region, heisst es in einem Faktenblatt. Das Astra habe bereits grosse Investitionen getätigt, und weitere grössere Projekte seien in Planung.

Die hochkomplexen und lange dauernden Projekte seien für die Bevölkerung teils nur schwer verständlich. Mit herkömmlichen, textlastigen Kommunikationsmitteln könnten die Auswirkungen nicht verständlich genug erklärt werden.

Dreidimensionales Stadtmodell

«Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass über die Projekte im Raum Bern auch gewisse Unwahrheiten erzählt und Falschaussagen in den Raum gestellt wurden», sagte Andri Sinzig, Bereichsleiter Projektmanagement Astra, gegenüber SRF. «So war für uns klar, dass wir einen neuen Weg beschreiten müssen.»

In einem Raum mit grossen Videowänden sollen die Besuchenden in 3D erleben, wie zum Beispiel eine Zufahrtsachse neu geführt oder ein Veloweg gestaltet wird. Das Astra hat für das Projekt ein dreidimensionales Stadtmodell gebaut.

Nicht nur Wankdorf-Anschluss

Zunächst geht es im Besucherzentrum um die Umgestaltung des Autobahnanschlusses Wankdorf. Der Holzbau wurde laut Astra aber so konzipiert, dass es auch künftige Infrastrukturprojekte in der Region vermitteln kann, ohne dass bauliche Anpassungen notwendig werden. So könnten später Projekte wie der Bypass Bern Ost oder die Instandsetzung bestehender Nationalstrassen präsentiert werden.

Für den Bau des Besucherzentrums wurden rund 1,2 Millionen Franken aufgewendet. Der Bau der Ausstellung kostete 0,9 Millionen. Die Kosten für die Lieferung der Medientechnik werden mit knapp 1,2 Millionen Franken angegeben. Hinzu kommen eine gute halbe Million Franken für die Planung des Baus sowie Konzeption und Ausstellung.

Die Vermutung, es könnte sich um Behördenpropaganda handeln, wies das Astra zurück. «Wir haben den politischen Auftrag, innerhalb der Projekte zu kommunizieren. Und dies auf eine möglichst einfache, transparente Art und Weise.»

Ausbaugegner kritisieren «sinnlosen Luxus-Pavillon»

Der Verein Spurwechsel hat das neue Besucherzentrum scharf kritisiert. Der «sinnlose Luxus-Pavillon» sei ein weiterer Beleg für die irreführende PR des Astra, teilte der Verein am Donnerstag mit.

Das millionenteure Infozentrum sei offensichtlich gebaut worden, um in der Region in den kommenden Jahren massive Autobahn-Ausbauvorhaben zu bewerben. Nur so sei zu erklären, dass die gesamte Region mit riesigem Aufwand digital modelliert worden sei.

Faktisch werde das Infozentrum in absehbarer Zukunft nur für die Propaganda zur Umgestaltung des Anschlusses Wankdorf dienen. Mit dem Volks-Nein zum Ausbau der Grauholz-Autobahn seien nämlich alle anderen geplanten Ausbauprojekte rund um Bern obsolet geworden.

Zu befürchten sei, dass die Bevölkerung auch im neuen Besucherzentrum nicht sachlich und umfassend über die Folgen des Wankdorf-Projekts informiert werde. Darauf wiesen auch die Bilder im «Tagesschau»-Beitrag vom Mittwoch hin, schrieb der Verein.

Obwohl mit einem Verkehrswachstum gerechnet werde, seien in der Visualisierung nirgends Autos oder Lastwagen zu sehen. Alle Bäume würden im nachgewachsenen Zustand dargestellt, der sich erst Jahrzehnte nach dem geplanten Bau einstellen werde. Dass zahlreiche Bäume gefällt und nicht ersetzt würden, werde verschwiegen. (hkl/sda)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Knut Knallmann
06.02.2025 16:33registriert Oktober 2015
Sehr gut - Dann kann man mit dem Auto dort hin fahren und den Autobahnanschluss noch mehr verstopfen. Eine gute Webseite mit übersichtlichen Plänen, Visualisierungen und Videos ist ja bekanntlich überbewertet.
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Fred_64
06.02.2025 18:18registriert Dezember 2021
g.

Die hochkomplexen und lange dauernden Projekte seien für die Bevölkerung teils nur schwer verständlich....
Nur weil das ASRTA und Rösti den Überblick verloren haben, heisst das nicht, dass alle anderen so ziellos unterwegs sind... 🫣
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Wir (M)Ostschweizer*innen nun im Süden
06.02.2025 16:58registriert Juni 2019
Jetzt wo der Ausbau bachab ist, muss man irgendwas mit dem vielen vorhandenen Geld machen....
Meetings, Besucherzentrum, vielleich
die Fussübergänge in Japan vor Ort studieren oder eventuell die
Büroräumlichkeiten aufwerten,
Liste sicher ausbaufähig,
dä Schotter händs jo däzue.
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