Es war ein Auftritt, der beinahe die ganze Schweizer Medienlandschaft irritierte: Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis lud die Bundeshauspresse für ein Statement zur russischen Invasion auf die Ukraine ein. Zu hören bekam man wenig: Er lieferte eine Aneinanderreihung von Floskeln («trauriger Tag», «aufs Schärfste») und machte sich davon.
Seine Beamtinnen und Beamten hatten danach das Pech, sich den kritischen Fragen zu stellen. Von denen gab es reichlich, weil Bundesbern nicht klar machen konnte, was die Schweiz denn nun gegen Russland und seine Regierung unter Präsident Wladimir Putin tun wolle. Erst Stunden später wurde klar, wieso: Im Bundesrat herrscht eine hohe Ratlosigkeit.
Diesen Satz lieferte am Abend Bundesrat Ueli Maurer: Der SVP-Magistrat stellte sich rund 32 Minuten lang den Fragen in der SRF-Sendung «Gredig direkt». Maurers Auftritt war keine kommunikative Rettungsaktion des Bundesrates: Er sagte zwar viel mehr als Bundespräsident Cassis an dem historischen Kriegstag. Das Gespräch sei aber schon lange eingeplant gewesen, wie es von Maurers Sprecher heisst.
Maurer präzisierte im Gespräch, was er mit der «hohen Ratlosigkeit» meint: Er selbst habe am Mittwoch nicht gewusst, was tags darauf passieren werde. «Wir suchen im Moment nach Deutung, nach der Bedeutung dieses Ereignisses», sagte der Finanzminister.
Was Maurer nicht sagte: Russlands Einmarsch kam angekündigt. Ende November 2021 warnte die Ukraine ausdrücklich davor. Die Entwicklung spitzte sich seither zunehmend zu, dass nicht die Frage nach dem «ob», sondern nach dem «wann» gestellt werden musste. Entsprechende politische Vorbereitungen schien der Bundesrat nicht getätigt zu haben, angesichts der «hohen Ratlosigkeit», die nun herrscht.
Der SVP-Bundesrat zog aber erste Lehren aus dem Einmarsch: Wenn es ein militärisches Vakuum gibt – wie etwa jetzt wegen der schwächelnden Nato –, werde dies auch von jemandem ausgenutzt. Die Schweiz brauche deshalb eine «starke Armee» und neue Kampfflugzeuge.
Ueli Maurer betonte im Gespräch zwar, dass er kein «Russland-Versteher» sei. Für Putin fand er aber lobende Worte: «Er ist natürlich ein strategischer Kopf: Putin hat seine Ziele, die er verwirklichen will. Er hat das in den letzten Jahren immer wieder bewiesen.» Das tue Putin aber nicht allein: Er habe ja auch Aussenminister Sergei Lawrow an seiner Seite – laut Maurer «einen der besten Aussenminister».
Maurer versuchte trotz seines Understatements dennoch in die Psyche Russlands zu schauen: Das Land habe sich nach dem Fall der Berliner Mauer gedemütigt gefühlt. Und in der Geschichte sei es oft zu einem Konflikt gekommen, wenn jemand gedemütigt worden sei.
Zu möglichen Sanktionen wollte sich Maurer nicht äussern: Auch er betonte die Chancen der Schweiz als neutrale Vermittlerin. «Unser Ziel muss sein, deeskalierend zu wirken, damit alle Menschen in Frieden zusammenleben können», sagte Maurer weiter. Die Schweiz müsse in den nächsten Tagen, Monaten und Jahren eine Rolle finden, um die Lage zu normalisieren. Hier würden die nächsten Tage zeigen, ob Sanktionen den Konflikt ver- oder entschärfen werden.
Tut mir leid aber er hat meine Achtung und Respekt komplett verloren. Ich bin Fassungslos.