Undank ist der Welten Lohn. So lässt sich die Gemütslage an der UBS-Spitze kurz vor Erscheinen des PUK-Berichts zusammenfassen. Es ist zwar anerkannt: Die UBS hat mit der CS-Übernahme Schaden vom Finanzplatz, ja vom ganzen Land abgewendet. Und sie war auf den CS-Zusammenbruch gut vorbereitet, da sie dieses Szenario ab 2016 in Betracht gezogen hatte.
Doch in der UBS herrscht der Eindruck vor: Dafür gibt es statt «Credits» und Schulterklopfen nun vor allem eines – schärfere Vorschriften. Und diese könnten das langfristige Gedeihen der UBS gefährden.
Wird der PUK-Bericht bewirken, dass Bundesrat und Parlament die UBS enger an die Kandare nehmen, also die Regulierung verschärfen? Oder wird der Bericht im Gegenteil belegen, dass strengere Kapitalvorschriften die CS nicht gerettet hätten und somit auch jetzt der falsche Weg sind?
In der UBS ist man der Meinung, die gescheiterte Konkurrentin habe einfach ein «Scheiss-Geschäftsmodell» und «unfähige Manager» gehabt. So tönt es unverblümt aus der Teppichetage. Ein hochrangiger Banker sagt weiter: Sollte der PUK-Bericht zu weitergehenden Regulierungen führen, müsse man sich fragen, «ob wir nicht besser auf die Übernahme der CS verzichtet hätten».
Nach dem Comeback von Sergio Ermotti als CEO erlebte die UBS eine kurze Honeymoon-Phase. Politik und Medien reagierten ausgesprochen positiv auf die Rückkehr Ermottis. Dem Vielgelobten wurde es fast ungeheuer: «Muss ich mir Sorgen machen?», fragte Ermotti im Mai 2023 am SwissMediaForum.
Die UBS selbst aber wurde schnell nicht als Retterin, sondern als Risiko gesehen. Die freisinnige NZZ bezeichnete die UBS als «Monsterbank» und illustrierte einen Artikel mit einer Fotomontage, die ein riesiges Ungeheuer über dem Bundeshaus zeigte. Durchaus real ist die Furcht in diesem Gebäude: Was, wenn die letzte verbliebene Schweizer Grossbank dereinst in Not gerät?
Die CS-Übernahme mag eine «privatwirtschaftliche Lösung» gewesen sein (Karin Keller-Sutter), wenngleich mit Notrecht ermöglicht. Aber diese Lösung ist nur so lange privat, als die nunmehr einzige Grossbank floriert. Andernfalls könnte es für den Staat unfassbar teuer werden. Darum, so die Logik der Politik, müsse alles getan werden, dass nach 2008 (UBS) und 2023 (CS) die öffentliche Hand nicht ein drittes Mal für einen möglichen Bankenzusammenbruch bürgen muss.
Der Bundesrat reagierte. Er legte im April 2024 neue «Too big to fail»-Regeln vor. Der zentrale Punkt sind strengere Kapitalvorschriften. Der Bundesrat verlangt insbesondere, dass die UBS mehr Kapital für ihre ausländischen Tochterbanken halten muss. «Der UBS drohen Kosten von über 15 Milliarden Franken», titelte die «Schweiz am Wochenende», in deren Interview Finanzministerin Keller-Sutter ihre Ideen darlegte.
Was regulatorisch genau auf die UBS zukommt, bleibt unklar. Die Entscheide wurden vertagt, man will den PUK-Bericht abwarten. Eines fällt auf: Seit April 2024, als der Bundesrat die Vorschläge publik machte, ist der Höhenflug der UBS-Aktie beendet. Der Kurs lag vor Bekanntgabe der CS-Übernahme Mitte März 2023 bei 17 Franken, um dann bis April 2024 auf 29 Franken zu steigen. Seither bewegt sich der Kurs seitwärts. Das ärgert die Chefetage der UBS, die wie alle Bankenbosse den Aktienkurs als Zeugnis für die eigene Arbeit und als Indikator für die Zukunftsaussichten betrachtet. Ohne die Unsicherheit, welche die Politik schüre, wäre die Aktie viel mehr wert, ist man überzeugt.
Tatsächlich sind die Aktien der US-Banken im Vergleich zu jenen der UBS davongezogen. Denn die amerikanischen Finanzbehörden haben, im Gegensatz zu den schweizerischen, die Zügel für ihre Banken gelockert. Und zwar bereits vor Donald Trumps Wahl. Die USA verschoben die strengeren Kapitalvorschriften von «Basel III» auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, während die Musterschülerin Schweiz diese auf den 1. Januar 2025 in Kraft setzt. Als einziges bedeutendes Land. Auch Grossbritannien und die EU vertagen die Verschärfungen.
Bei der UBS wittert man deswegen einen Wettbewerbsnachteil. Mehr dürfe jetzt nicht kommen, das machen die obersten UBS-Verantwortlichen in Interviews und öffentlichen Auftritten klar. «Hat man zu viel Kapital, bestraft man die Aktionäre, aber auch die Kunden, denn die Bankdienstleistungen werden verteuert», sagte Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher.
Sergio Ermotti betont, strengere Kapitalanforderungen hätten der CS nicht geholfen. «Es ist nicht notwendig, den regulatorischen Rahmen grundlegend zu ändern», sagte er etwa vor der Swiss Risk Association. Stattdessen brauche es «gezielte Anpassungen», um die Ursachen des Zusammenbruchs der Credit Suisse anzugehen.
Konkret fordert Ermotti «Instrumente für eine frühzeitige Intervention durch die Aufsichtsbehörden». Darin klingt Kritik an der Finanzmarktaufsicht (Finma) an, die bei der CS zu lange zugeschaut habe. Weiter schlägt Ermotti «kapitalbasierte Stresstests» vor, die dann auch öffentlich gemacht werden müssten. Der UBS-Chef ist überzeugt: Durch die Publikation der Resultate «wäre die Anfälligkeit der Credit Suisse lange vor Beginn der Krise deutlicher geworden».
Überraschend für manche ist wohl, dass Ermotti findet, man müsse Versager auf den Chefetagen bestrafen können. Er formuliert das in seinem Reformvorschlag vornehmer: «Es sollte einfacher sein, gegen Personen vorzugehen, die in ihren Aufgaben grobe Fahrlässigkeit gezeigt haben.»
Damit weist er auf einen Punkt hin, der in der Aufregung um den PUK-Bericht schnell vergessen geht: Am Ende waren es nicht die Behörden, sondern die CS-Bosse, die das Ende der Credit Suisse verursacht haben. (aargauerzeitung.ch)
Solange Manager nicht mit ihren Boni und Salären haftbar gemacht werden können bleibt wohl nur die kurzfristige Bilanzdenke.
UBS ist too big to fail. Und das ist beängstigend.
Ob es den Herren passt oder nicht. Als Steuerzahler will ich lieber die kurze anstelle der langen Leine.