Urs Pfäffli, der Präsident von Gastro Zürich, stiess im Sommer 2022 auf Unregelmässigkeiten in der Buchhaltung des Vereins. Daraufhin nahm eine Revisionsfirma die Jahre 2020 und 2021 unter die Lupe und überprüfte die Buchhaltung auf Verdacht der untreuen Geschäftsführung. Im Zentrum des Verdachts stehen der ehemalige Geschäftsleiter und zwei Kader-Mitarbeiterinnen, die das verbandseigene Schulungszentrum leiteten.
Das Resultat der Untersuchung wird am Montagabend der Delegiertenversammlung von Gastro Zürich vorgestellt. Der Revisionsbericht liegt dem «Tagesanzeiger» bereits vor. Und der Bericht soll belegen, dass teilweise offensichtlich private Ausgaben in einem beträchtlichen Ausmass als geschäftlicher Aufwand oder Spesen verbucht worden seien, so der «Tagesanzeiger».
Es geht um 443'000 Franken, welche die Beschuldigten auf die Spesen geschrieben hätten. Am meisten Geld sei für Designerkleider, teuren Wein und Zigarren ausgegeben worden.
Die Geschäftsstelle hat in den Jahren 2020 und 2021 Wein im Wert von 96'500 Franken gekauft. Auf Weinbestellungen im Wert von 55'000 Franken konnten die Revisoren keinen geschäftlichen Zweck finden.
Zur selben Zeit wurden 15'500 Franken für Zigarren ausgegeben. Laut dem Bericht sind keine Zigarren mehr gekauft worden, seit der Geschäftsführer in Rente ging. Auch die Weinkäufe seien «massiv» weniger geworden.
Der aktuelle Präsident Urs Pfäffli sagt gegenüber dem «Tagesanzeiger», dass der Verein keine Zigarren benötige – weder für den Schulbetrieb, noch für die eigene Kantine.
Rund 50'000 Franken wurden für Duftkerzen, Raumdüfte und Parfüms ausgegeben. Auch hier ist der Verwendungszweck unklar. Im Bericht der Revisoren wird die Frage gestellt:
Der «Tagesanzeiger» schreibt, dass beide Kader-Mitarbeiterinnen für eine Firma tätig waren, die laut Handelsregister spezialisiert sei auf «die Planung, Beratung und den Handel mit Inneneinrichtungen für Hotel- und Gastgewerbe, Mehrzwecksäle, Konferenzräume, Büros und Physiotherapien».
Ob einen Zusammenhang zwischen dieser Firma und dem Kauf der Duftkerzen besteht, wird nicht kommentiert, fügt der «Tagesanzeiger» hinzu.
Auch Klamotten wurden fleissig eingekauft. In den Jahren 2018 bis 2020 wurden Designerkleider im Wert von 66'900 Franken gekauft. Die Buchungstexte und Banküberweisungen lassen darauf schliessen, dass die Kleider für die beiden Kaderfrauen bestimmt waren.
Im Sommer 2019 hat eine von ihnen sich 3000 Franken als «Beitrag an das Hochzeitskleid» überwiesen. Weiter verbuchte sie 1690 Franken für einen Einkauf in einem Brautmodegeschäft. Während ihrer Schwangerschaft sei zudem vermehrt Umstandskleidung gekauft worden, später dann Babyausstattung. Total: 5100 Franken.
Smartphones, Notebooks, iPads und AirPods – 58'800 Franken wurden für elektronische Produkte ausgegeben. Laut Revisionsbericht sei es fraglich, ob es sich um geschäftsrelevante Ausgaben handle. Genau nachvollziehen konnten die Revisoren allerdings nicht, ob ein Teil der Geräte an Mitarbeitende gegangen sei. Viele Geräte seien nämlich nicht mehr auffindbar.
An mehreren Stellen im Bericht wird darauf hingewiesen, dass kurz vor dem Abgang des Geschäftsleiters, im September 2021, nochmals grosszügig Geld ausgegeben wurde.
Drei Tage vor seinem letzten Arbeitstag wurden zwei Notebooks, fünf Smartphones, zwei Kinder-Tablets und diverses IT-Zubehör im Wert von 15'200 Franken gekauft, so der «Tagesanzeiger». Weiter steht im Bericht, dass auch 63 Parfümflaschen im Wert von 6'700 Franken, teurer Wein und Zigarren eingekauft wurden.
Handelt es sich um Fehler oder betrügerische Absichten? Diese Frage wird im Bericht nicht beantwortet. Allerdings wird deutlich Kritik an den «rudimentär ausgestalteten Kontrollmechanismen» bei Gastro Zürich geübt.
Belege seien teils doppelt visiert worden, teils einfach oder teils gar nicht. Es sei davon auszugehen, dass die wenigen vorhandenen internen Kontrollmechanismen durch die Beteiligten «bewusst ausser Kraft gesetzt wurden».
Auffallend ist auch, dass der ehemalige Geschäftsführer viele Rechnungen ohne Bezug zur Geschäftstätigkeit visiert habe. Somit müsste er von den privaten Einkäufen zulasten von Gastro Zürich gewusst haben.
Der ehemalige Geschäftsführer weist alle Vorwürfe zurück. In einem Brief an die Delegierten von Gastro Zürich, welcher dem «Tagesanzeiger» ebenfalls vorliegt, schreibt er: «Ich werde mich gegen diese ungerechtfertigten und infamen Anschuldigungen zur Wehr setzen und verhindern, dass Personen, die während Jahrzehnten wertvolle Arbeit für den Verband leisteten, in den Schmutz gezogen werden». Es sei ein Rachefeldzug einzelner Vorstandsmitglieder gegen ihn.
Weiter schreibt er, dass es in seiner Kompetenz gelegen habe, Einkäufe und Bestellungen zu bewilligen. Dies habe er in den vergangenen 26 Jahren immer im Wissen und mit dem Einverständnis des Vorstands gemacht. Sämtliche Belege seien ordentlich visiert und von der Geschäftsprüfungskommission, der externen Revisionsstelle Gastroconsult AG und dem Vorstand abgenommen worden.
Auf Anfrage vom «Tagesanzeiger» wollte niemand der Beschuldigten eine Stellungnahme abgeben.
Die Kleidereinkäufe «waren als Kompensations- und Repräsentationsauslagen gedacht», schreibt der ehemalige Geschäftsführer weiter im Brief. Als Schulleiterinnen hätten beide Frauen den Verband repräsentiert und Abend- und Wochenendarbeit geleistet, ohne eine Vergütung. Auch das soll der Vorstand gewusst haben.
Die zahlreich gekauften elektronischen Geräte sollen an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Vorstandsmitglieder abgegeben worden sein, wenn diese im Homeoffice arbeiteten. Diese Praxis soll dem Verband Kompensationen von vielen Überstunden im Büro erspart haben.
Gegenüber dem «Tagesanzeiger» bestätigt Urs Pfäffli, dass der Vorstand eine Strafanzeige wegen Verdacht auf ungetreue Geschäftsführung und Veruntreuung einreichen möchte. «Wir haben nur unsere Pflicht getan, wir wollen das Geld zurück, das uns zusteht», so Pfäffli. Die Gelder, die nicht ordnungsgemäss verwendet worden seien, würden den Mitgliedern des Verbandes gehören.
(oee)
Oha, dann würde ich die Kontrolle aber bis ins Jahr 2000 zurück ausweiten.
Ich bin auch Revisor in einem Verein. Wie kann so etwas für ein Vierteljahrhundert unentdeckt bleiben!?!?
PS: Das ist übrigens auch heute noch so, der gleiche Chef der der ganzen Firma eine Standpauke hält weil zu viel ausgedruckt wird lässt sich seine Massanzüge, seinen Luxuswagen und Besuche im Fünfsternerestaurant ganz selbstverständlich aus der Firmenkasse bezahlen, unterdessen wird einfach sorgfältiger betrogen.
Repräsentationsausgaben Baby….
Falls in Überzeit "gearbeitet" wurde, muss das gute Parfüm gewisse Gerüche überdecken, damit zu Hause nichts auffällt... 😅😅