Schweiz
Verbrechen

Reptilien traumatisiert nach Bancomat-Sprengung in Le Locle

Carlos und Sabrina Rodriguez, Le Locle
Carlos und Sabrina Rodriguez in ihrer Reptilien-Auffangstation.Bild: Carlos Rodriguez

Traumatisierte Reptilien nach Bancomat-Sprengung in Le Locle NE

Die Explosion eines Bancomaten in Le Locle hatte unglückliche Folgen für die Bewohner einer Reptilien-Auffangstation. Bisher sind vier stressbedingte Todesfälle zu verzeichnen, die anderen Tiere werden genau beobachtet.
11.06.2024, 16:3611.06.2024, 16:47
Cynthia Ruefli
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Der Sprengung eines Bancomaten in Le Locle NE forderte keine Verletzten, genauer gesagt, keine menschlichen. Carlos Rodriguez, Gründer und Leiter der Auffangstation Reptiles-Reptilien, macht sich nämlich seit mehreren Tagen Sorgen um seine Tiere:

«Der Lärm der Explosionen erzeugt einen so starken Stress, dass er sie noch einige Tage später töten kann.»

Dieses schlechte Omen bewahrheitete sich, denn vier Pythons starben.

«Hier ist ein paradiesischer Ort für Reptilien, wir sind zutiefst traurig über ihren Tod.»

Carlos Rodriguez erklärt, dass sie die Auffangstation betreiben, um das Leid der ihnen anvertrauten Reptilien zu verhindern. Ihr Tod trifft das gesamte Team.

Ein anderes Umfeld

«Reptilien erleiden wie Menschen emotionale Schocks und reagieren stark auf solche Ereignisse», erklärt Carlos Rodriguez. Als er am Morgen des 6. Juni in der Auffangstation ankam, fielen ihm sofort die ungewöhnlichen Verhaltensweisen seiner Schützlinge auf.

«Ich habe gesehen, dass die Tiere sich alle versteckt und zusammengerollt hatten. Selbst zu den Fütterungszeiten kamen sie nicht näher, sie waren statisch und bewegten sich kaum.»
Python Auffangstation Le Locle
Diese Python aus der Reptilienauffangstation wurde zur Stressvermeidung an einem neutralen, desinfizierten Ort untergebracht.Bild: Carlos Rodriguez

Die Zeit drängte für den Gründer der Auffangstation. Er setzte schnell ein Notfallprotokoll in Kraft, das unter anderem darin bestand, die Terrarien umzustellen, die Bodensubstrate auszutauschen und den Ort vollständig zu desinfizieren, damit er «geruchsneutral» blieb.

«Wenn du ein traumatisches Erlebnis in deiner Wohnung hast, wirst du dich danach nicht mehr wohlfühlen, bei Reptilien ist es ähnlich.»

Doch diese Massnahmen reichten nicht aus. Die Auffangstation beklagt den Verlust von vier der acht zur Adoption vorgesehenen Pythons.

Anzeige erstatten?

Carlos Rodriguez ist zwar traurig, denkt aber derzeit nicht daran, Anzeige zu erstatten. Seine Auffangstation sei nicht kommerziell ausgerichtet und es gehe ihm nicht ums Geld.

«Reptilien gelten in der Schweiz als materielles Gut und es gibt in solchen Fällen wahrscheinlich eine Form der Entschädigung, aber darum geht es uns nicht, denn wir haben hier eine Beziehung zu den Tieren aufgebaut. Material kann man ersetzen, aber das Leben eines Tieres nicht.»

Der Direktor der Stiftung kommt zu dem Schluss, dass das Risiko weiterer Todesfälle bei seinen Schützlingen weiterhin besteht. Ein etwas schüchterner Fidschi-Leguan und eine Grüne Wasseragame, die sich gerade erst akklimatisiert hatte, sind nach der Explosion immer noch sehr gestresst.

Fidschi-Leguan Fidschileguan Le Locle
Carlos Rodriguez nennt diesen Fidschi-Leguan «schüchtern», da es drei Monate gedauert habe, bis er den Mitarbeitern des Tierheims «vertraut» habe.Bild: Carlos Rodriguez
Auffangstation Reptiles-Reptilien
Das Tierheim wurde 2017 von Carlos Rodriguez gegründet und beherbergt auf einer Fläche von über 300 m² etwa 100 Tiere. Die Herkunft der Reptilien ist vielfältig. Einige wurden nach dem Tod ihres Besitzers untergebracht, andere wurden an öffentlichen Plätzen ausgesetzt oder vom Veterinäramt beschlagnahmt. Einige wurden sogar von Grenzbeamten entdeckt und in die Auffangstation gebracht. Carlos Rodriguez und Sandrine Rodriguez kümmern sich um die rund 100 Bewohner. Sie werden hauptsächlich durch private Spenden, aber auch durch die Gemeinde Le Locle und den Schweizer Tierschutz unterstützt. Reptiles-Reptilien bietet auch Besuche von Schulklassen und Schulungen für interessierte Privatpersonen oder Berufstätige an. Nach dem Überfall auf den Bancomaten in Le Locle und den Folgen für die Gesundheit der Tiere hat der Leiter der Auffangstation zum ersten Mal seit der Gründung derselben zu Spenden aufgerufen.
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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel63
11.06.2024 16:53registriert August 2020
Ja, jetzt muss dringend was passieren! Das geht gar nicht, dass Reptilien traumatisiert werden. Solange es nur Angehörige der Spezies Homo Sapiens betroffen hat konnte man das noch gut hinnehmen. Aber ernsthaft: man sollte den Banken schlichtweg die Auflage machen die Bancomaten mit Farbveränderungs-Automation im Falle von mechanischem Eingriff zu versehen. Dann hört der Spuk sofort auf,
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