Winzlinge und Giganten – der Grössenunterschied zwischen den kleinsten und grössten Tieren ist schier unfassbar. Welche Arten sich jeweils an den Extremen dieser Grössenverteilung befinden, ist allerdings gar nicht so leicht zu sagen. Als Kriterien können etwa die Länge oder die Masse dienen. Zudem gilt es auch abzugrenzen, was denn alles überhaupt unter die Kategorie «Tier» fällt.
Heute gelten nur noch mehrzellige Lebensformen als Tiere; die Bakterien und die Archaeen zählen nicht mehr dazu, und Viren – die weder aus einer eigenen Zelle bestehen, noch einen eigenen Stoffwechsel besitzen – schon gar nicht. Hinzu kommt, dass von den bis heute rund 1,3 Millionen bekannten Tierarten mehr als 80 Prozent zu den Gliederfüssern (Arthropoda) gehören, darunter alle Insekten und Spinnentiere. Die Wirbeltiere (Vertebrata) – dazu zählen Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere – stellen hingegen nur gerade etwa 5 Prozent.
Viele Wirbellose (Invertebrata) sind so klein, dass sie für uns von blossem Auge gar nicht sichtbar sind. Sie dominieren die Rangliste der kleinsten Tierarten derart krass, dass es sinnvoll erscheint, die jeweils kleinsten und grössten Vertreter aus verschiedenen Kategorien zu berücksichtigen.
Die bisher kleinste bekannte Tierart – sie wurde erst 2011 beschrieben – ist ein Parasit namens Myxobolus shekel. Dieser Winzling aus der Familie der Nesseltiere ist von blossem Auge nicht zu erkennen; er wird ausgewachsen nicht grösser als 8,5 Mikrometer (μm), also 0,0085 Millimeter. Das ist sehr klein – selbst 1000 aneinandergereihte Myxoboli shekel würden es nicht ganz auf einen Zentimeter Länge bringen.
Myxozoa sind mit Quallen verwandt und Myxobolus shekel war früher deutlich grösser, bevor er im Lauf der Evolution auf seine heutige Grösse schrumpfte. Seinen Rang als kleinster vielzelliger Organismus dürfte er allerdings nur vorläufig behaupten: Die bekannten Tierarten machen lediglich einen kleinen Teil der auf 10 bis 20 Millionen geschätzten Anzahl aller Spezies aus. Es ist daher wahrscheinlich, dass eine noch kleinere Art gefunden wird.
Schon eher Tiere im klassischen Sinn sind die Gliederfüsser, ein mehr als 500 Millionen Jahre alter Tierstamm – und der bei Weitem erfolgreichste. Ihre kleinsten Vertreter gehören zu den Milben, einer Unterklasse der Spinnentiere. Die kleinsten Milben sind nur etwa 0,1 Millimeter gross. Der winzigste bekannte Vertreter der Milben ist die Gallmilbe, die nicht ganz 0,1 Millimeter Länge erreicht.
Die kleinsten Insekten sind nur wenig grösser. Die kleinsten Männchen der Erzwespen-Art Dicopomorpha echmepterygis bringen es nur auf 0,14 Millimeter Länge. Sie besitzen weder Mund noch Augen oder Flügel. Diese parasitär lebenden Insekten legen ihre Eier in die Eier von Läusen ab. Die daraus schlüpfenden Wespenlarven saugen so viele Nährstoffe aus dem Wirts-Ei ab, dass die erwachsenen Insekten das gesamte weitere Leben ohne Nahrungsaufnahme auskommen.
Als kleinstes Insekt, das nicht parasitär lebt, gilt die Käferart Scydosella musawasensis. Ihre 2015 bestimmte Länge beträgt bescheidene 0,325 Millimeter. Möglicherweise aber noch kleiner ist der Federflügler Nanosella fungi aus Nordamerika. Er könnte nur gerade 0,25 Millimeter gross sein.
Der grösste Arthropode lebt im Meer; es handelt sich um die Japanische Riesenkrabbe (Macrocheira kaempferi), die grösste Krebsart. Der Körper dieser im Pazifik lebenden Krabbe hat einen Durchmesser von etwa 37 Zentimetern, doch von der Spitze eines ausgestreckten Beins zum anderen misst das Tier bis zu 3,7 Meter. Zum Gewicht gibt es unterschiedliche Angaben; sicher gemessen wurden 13,6 Kilogramm, möglicherweise gab es aber auch schon Exemplare, die bis zu 19 Kilogramm wogen.
Auch der grösste Gliederfüssler an Land ist ein Krebstier: Der Palmendieb (Birgus latro), der auch unter dem hübschen Namen Kokosnussräuber bekannt ist. Diese robuste Krabbe schafft es nämlich, Kokosnüsse zu öffnen. Kein Wunder bei einem Gewicht von bis zu 4 Kilogramm und einer Körperlänge von rund 40 Zentimetern. Die Beine können eine Spannweite von 1 Meter erreichen.
Bedeutend weniger massiv erscheinen da die grösste Spinne und das schwerste Insekt: Die Weibchen der im tropischen Regenwald Südamerikas lebenden Riesenvogelspinne (Theraphosa blondi) oder Goliath-Vogelspinne bringen mit einer Körperlänge von 12 Zentimetern und einer Bein-Spannweite von bis zu 30 Zentimetern bis zu 200 Gramm auf die Waage. Kleiner Schock-Fakt für Arachnophobe: Die Spinne ist essbar und wird von einigen Ureinwohnern auch tatsächlich verzehrt.
Die in West- und Zentralafrika lebenden Goliathkäfer (Goliathus) bewohnen Regenwälder und Baumsavannen. Sie können 10 Zentimeter gross werden und erreichen ein Larvalgewicht von bis zu 110 Gramm – etwa sechsmal so viel wie eine ausgewachsene Maus. Sie sind die schwersten Insekten, aber es gibt längere, beispielsweise Phryganistria chinensis, eine Gespenstschrecke aus Südchina, die bei ausgestreckten Beinen 64 Zentimeter Länge erreicht.
Mit den Amphibien (Amphibia) sind wir im Reich der Wirbeltiere angekommen. Amphibien – zu ihnen zählen etwa Frösche, Kröten und Salamander – sind wechselwarme Tiere, die in ihrem Lebensverlauf sowohl aquatische wie terrestrische Lebensräume bewohnen. Ihr kleinster bekannter Vertreter ist der Engmaulfrosch Paedophryne amauensis, der in Papua-Neuguinea vorkommt. Die Kopf-Rumpf-Länge ausgewachsener Exemplare beträgt nur 7 bis 8 Millimeter.
Das Fröschchen, das sich mit einer toxischen Haut vor Fressfeinden schützt, wurde erst 2009 entdeckt und stiess den bisher kleinsten bekannten Vertreter der Wirbeltiere – den Fisch Paedocypris progenetica – vom Thron.
In den Flüssen und Seen im Südosten Chinas lebt die grösste heutige Amphibienart. Der Chinesische Riesensalamander (Andrias davidianus) kann eine Länge von 1,8 Metern und bis zu 60 Kilogramm Gewicht erreichen. Der grösste Schwanzlurch ist in seinem Bestand gefährdet und steht auf der Roten Liste der bedrohten Arten, obwohl er unter strengem Artenschutz steht und der Handel mit diesen Tieren strikt verboten ist. Die Nachfrage für den illegalen Handel auf dem Schwarzmarkt gefährdet die Art gleichwohl in hohem Mass.
Bevor der winzige Frosch entdeckt wurde, galt das Fischchen Paedocypris progenetica als kleinstes bekanntes Wirbeltier. Dessen ausgewachsene Weibchen sind maximal knapp 8 Millimeter lang, die Männchen erreichen etwa 10 Millimeter. Paedocypris progenetica lebt in Tümpeln der Torfmoor-Wälder auf der indonesischen Insel Sumatra, die extrem saures Wasser enthalten. Die Fische sind beinahe durchsichtig, sodass ihre inneren Organe unter dem Mikroskop deutlich sichtbar sind. Da sie kein knöchernes Schädeldach entwickeln, ist auch ihr Gehirn von aussen zu sehen.
Die grössten Walhaie (Rhincodon typus) werden rund 13 Meter lang, vereinzelt sollen auch noch grössere Exemplare bis zu 18 Meter Länge beobachtet worden sein. Die Kolosse können mehr als 12 Tonnen schwer werden. Damit ist dieser Hai aus der Ordnung der Ammenhaiartigen nicht nur der grösste Hai, sondern zugleich auch der grösste Fisch. Obwohl der Walhai grösser ist als der Weisse Hai, stellt er für Menschen keine Gefahr dar; die Bewohner der tropischen bis subtropischen Meere ernähren sich von Plankton, weiteren Kleinstlebewesen und kleinen Fischen. Sie filtrieren ihre Nahrung wie einige Wale aus dem Wasser, das sie ansaugen und durch die Kiemen wieder auspressen.
Der Walhai, der bis zu 100 Jahre alt werden kann, ist eine gefährdete Art. Fischerei, Aquakulturen, Ölbohrungen und der Schiffsverkehr setzen ihm zu – und darüber hinaus auch Menschen, die ihm bei ihren Freizeitaktivitäten zu nahe kommen.
Zu den Reptilien (Reptilia), die in der Regel wechselwarm sind, zählen Schlangen, Eidechsen, Krokodile, Schildkröten – und Chamäleons. Es ist ein Vertreter dieser Familie der Leguanartigen, der derzeit als kleinstes Reptil gilt: Brookesia nana, das Nano-Chamäleon. Der Winzling lebt auf Madagaskar und erreicht als ausgewachsenes Männchen eine Kopf-Rumpf-Länge von 13,5 Millimetern; mit Schwanz sind es 21,6 Millimeter. Die Weibchen sind etwas grösser. Das kleine Chamäleon ist durch die Abholzung des Regenwalds, seinem Lebensraum, bedroht.
Das Leistenkrokodil oder Salzwasserkrokodil (Crocodylus porosus) ist noch vor dem Nilkrokodil das grösste Krokodil und zugleich das grösste heute lebende Reptil. Ausgewachsene Männchen erreichen oft mehr als 5 Meter Länge; früher – bevor menschlicher Einfluss ihre Populationen unter Druck setzte – dürften sie aber bis zu 8,6 Meter lang geworden sein. Solche Giganten wogen rund 1 Tonne. Mit Leistenkrokodilen ist nicht zu spassen: Etwa die Hälfte aller Krokodilattacken weltweit geht auf ihr Konto.
Vögel (Aves) – warmblütige Wirbeltiere mit gefiederten Flügeln und Schnäbeln – sind taxonomisch gesehen eigentlich jene Dinosaurier, die das Massensterben vor 66 Millionen Jahren überlebten. Der kleinste derzeit bekannte Vogel ist die Bienenelfe (Mellisuga helenae), die auch als Hummelkolibri oder Kubaelfe – ihre Heimat ist Kuba – bekannt ist. Die Bienenelfe ist zugleich auch das kleinste warmblütige Wirbeltier.
Die ausgewachsenen Exemplare dieser kleinsten Kolibriart messen etwa 5 bis 7 Zentimeter – die Weibchen sind etwas grösser und bringen rund 1,8 Gramm auf die Waage. Das ist weniger als eine Feder des grössten Vogels, des Strausses. Rekordverdächtig ist auch ihr Flügelschlag: Sie bringen es auf 40- bis 80-mal pro Sekunde.
Der Somalistrauss (Struthio molybdophanes) aus der Familie der Strausse ist der grösste Vogel der Welt; er ist eine Spur grösser als der Afrikanische Strauss (Struthio camelus), als dessen Unterart er bis 2014 geführt wurde. Die Männchen werden bis zu 275 Zentimeter gross und rund 150 Kilogramm schwer. Im Gegensatz zu allen anderen Vögeln haben die flugunfähigen Laufvögel nur zwei Zehen, an denen sie messerscharfe, bis zu zehn Zentimeter lange Krallen tragen.
Die Strausse bevorzugen übersichtliches und flaches Gelände, das sie in den Trockensavannen und Wüsten im Süden und Osten Afrikas finden. Mit dem grössten Auge aller Landwirbeltiere können sie Feinde wie Löwen oder Leoparden schon auf drei Kilometer Entfernung erkennen. Bei kürzeren Distanzen erreichen die Laufvögel beachtliche Geschwindigkeiten von 70 Kilometer pro Stunde; längere Ausdauerstrecken bewältigen sie mit 50 Kilometern pro Stunde.
Säugetiere (Mammalia), zu denen wir Menschen gehören, sind gleichwarme Wirbeltiere, deren Weibchen Milchdrüsen besitzen und lebend gebären. Ihre Bandbreite in Sachen Grösse ist beeindruckend – sie reicht von der weniger als 2 Gramm schweren Schweinsnasenfledermaus bis zum rund 100 Millionen Mal schwereren Blauwal.
Den Rang des kleinsten Säugetiers machen sich die Etruskerspitzmaus (Suncus etruscus) und die erwähnte Schweinsnasenfledermaus (Hummelfledermaus, Craseonycteris thonglongyai) streitig. Die Etruskerspitzmaus, die – wie sich unschwer erraten lässt – zur Familie der Spitzmäuse gehört, erreicht eine Kopfrumpflänge von 3,5 bis 4,8 Zentimetern, zuzüglich eines 2,5 bis 3 Zentimeter langen Schwanzes. Auf die Waage bringt das Tierchen etwa 2,5 Gramm. Diese Spitzmaus hat einen extrem hohen Stoffwechsel und muss daher pro Tag das Anderthalbfache ihres Körpergewichts fressen – es ist ein Leben, das mit ständiger Nahrungssuche ausgefüllt ist.
Die sehr seltene, in Südostasien beheimatete Schweinsnasenfledermaus, die ihren Namen der an eine Schweinsnase erinnernden Schnauze verdankt, ist im Schnitt nur 1,7 bis 2 Gramm schwer. Angesichts dieses Sachverhalts erscheint ihre Flügelspannweite von 13 bis 15 Zentimetern – bei einer Unterarmlänge von 2,2 bis 2,6 Zentimetern – recht beachtlich. Die Fledermaus ist in ihrem Bestand ernsthaft bedroht; die Gesamtpopulation lebt in nur 8 bekannten Höhlen in Myanmar und 35 Höhlen in Thailand.
Unbestritten auf dem ersten Platz unter den Giganten schwimmt der Blauwal (Balaenoptera musculus). Der Bartenwal aus der Familie der Furchenwale durchkreuzt alle Ozeane und ist mit einer Länge von bis zu 33 Metern und einem Gewicht von 200 Tonnen nicht nur das grösste aktuelle Tier, sondern das grösste und schwerste bekannte Tier der gesamten Erdgeschichte. Wenige Dinosaurier übertrafen den Wal zwar an Länge, nicht aber an Gewicht; das gilt heute auch für den Schnurwurm Lange Nemertine (Lineus longissimus).
Nur schon das Herz des Meeressäugers, der sich von kleinem Meeresgetier in Millimeter- und Zentimetergrösse ernährt, wiegt im Schnitt zwischen 600 und 1000 Kilogramm und könnte mehreren Menschen gleichzeitig Platz bieten. Die Grösse des Blauwals – und anderer Wale – ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass seine Vorfahren verhältnismässig kleine warmblütige Landbewohner waren. Beim Übergang zur aquatischen Lebensweise mussten sie den grösseren Wärmeverlust im Wasser kompensieren, was für grosse Tiere einfacher ist, da sie Wärme besser speichern können.
Das grösste Landtier, der Afrikanische Elefant (Loxodonta africana), ist im Vergleich dazu ein Winzling: Ein Elefantenbulle bringt etwa 5 Tonnen – maximal 6,5 Tonnen – auf die Waage und erreicht eine Schulterhöhe von bis zu 3,7 Metern. Die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 6 bis 7,5 Meter, dazu kommt noch der bis zu 1,5 Meter lange Schwanz.
Die Elefantenkühe sind im Schnitt etwas kleiner. Sie sind es aber, die die Familiengruppen und Herden anführen; die Bullen bilden Junggesellenverbände und wandern während der Paarungszeit als Einzelgänger auf der Suche nach Kühen umher.