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Wetter Schweiz: Was hinter dem Temperaturanstieg steckt

25 Grad Celsius Unterschied innert zweier Tage: Was steckt hinter den Wetterkapriolen?

Nach der eisigen Kälte über Tage kommt es am Mittwoch zu beinahe frühlingshaften Temperaturen. Ein Meteorologe erklärt, warum das so ist und was mit dem Schnee passiert.
23.01.2024, 09:1323.01.2024, 10:36
Bruno Knellwolf / ch media
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Das Biotop im Garten ist durchgefroren. Eisig waren die letzten Tage mit Dauerfrost. An vielen Orten der Schweiz haben wir gerade die kälteste Nacht dieses Winters erlebt. In St. Gallen zum Beispiel -10,1, im aargauischen Reinach -11.1 und im luzernischen Egolzwil sogar -15.3 Grad Celsius. Das ist kalt genug, um kleinere Teiche und Weiher zufrieren zu lassen.

Zwei Verkäufer eines handgedruckten Schals auf dem zugefrorenen Zürichsee während der Seegfrörni, aufgenommen im Februar 1963. So weit wird es diesen Winter nicht kommen.
Zwei Verkäufer eines handgedruckten Schals auf dem zugefrorenen Zürichsee während der Seegfrörni, aufgenommen im Februar 1963. So weit wird es diesen Winter nicht kommen.Bild: Str/PHOTOPRESS-ARCHIV

Manch ein Grossvater denkt da an frühere «Seegfrörnis». Zum Beispiel im Jahr 1963, als der Bodensee gefror und zu Fuss überquert werden konnte. So etwas wird er seinen Enkeln diesen Winter nicht zeigen können, wie Meteo Schweiz festhält. Bis ein See gefriert, muss die gesamte Wassermasse auf 4 Grad abkühlen. Davon sind wir weit entfernt. Damit nur schon der bescheidene Pfäffikersee zufrieren könnte – so wie letztmals 2012 – müsste die Kälte der letzten Tage mit Durchschnittstemperaturen um -5 Grad noch rund 10 Tage anhalten.

Grosser Temperaturunterschied innert zweier Tage

Doch die Prognosen zeigen genau in die andere Richtung. Am Mittwoch werden bis zu +15 Grad Celsius erwartet. In der Schweiz erleben wir somit innert weniger Tage einen Temperaturunterschied von 25 bis 30 Grad. Selbst nächtliche Fröste, die eigentlich für Januar normal wären, sind um die Wochenmitte nicht mehr zu erwarten.

Frau im schmelzenden Schnee
Schnee ade: Unterhalb von 1000 Metern, teilweise auch 1200 Metern wird es ab Wochenmitte wieder weitgehend grün sein. (Archivbild)Bild: Shutterstock

30 Grad Differenz sind es nur zwischen der kältesten Nacht am Montag und dem wärmsten Tag am Mittwoch. Vergleicht man die Tagestemperaturen, sind es im Mittelland im Durchschnitt 15 bis 20 Grad Differenz zwischen Sonntag und Mittwoch. «Das ist zwar nicht gerade gewöhnlich, aber auch nicht völlig ausserordentlich», sagt dazu Felix Blumer, Meteorologe bei SRF Meteo.

Der Grund für die grosse Temperaturdifferenz ist ein kräftiges Hochdrucksystem am letzten Wochenende mit einer starken Absinkbewegung von kalter Luft. «Da kalte Luft bedeutend schwerer ist als warme, sammelte sich die kälteste Luft am jeweils tiefsten Punkt, also in Muldenlagen, und entsprechend wurde es dort sehr kalt», erklärt Blumer. Dazu kommt, dass die Luft sehr trocken war und sich nur vereinzelt Nebel bildete, sodass die Abkühlung praktisch die ganze Nacht hindurch weiterging. Deshalb gab es diese eiskalten Nächte.

Besonders kalt wurde es dort, wo kaum Wind hinkam und auch kaum eine Durchmischung der Luftschichten stattfinden konnte. Zusätzlich trug der Schnee zu den tiefen Werten bei. Wegen des Schnees konnte vom Erdboden kaum mehr Wärme abstrahlen, da die Schneedecke den Boden sozusagen abisolierte.

Orkan saugt warme Luft an und bringt sie zu uns

Nun ändert sich die Wetterlage. Über dem nahen Atlantik liegen mehrere Sturm- oder teilweise sogar Orkantiefdruckgebiete. «Sie saugen von Süden warme Luft an und entsprechend bricht im Mittelland der Vorfrühling aus», sagt Blumer.

Schon der nasse Dezember war mit 2.2 Grad über der Norm deutlich zu warm. Und auch wenn wir den Januar gefühlt für sehr kalt halten. Die frostigen Temperaturen kompensieren knapp die Wärmeperiode der ersten Januarwoche, sodass der bisherige Januar schweizweit in etwa ausgeglichen ist. «Der Winter 2023/24 war bis jetzt gesamthaft deutlich zu warm», sagt der Meteorologe. Aber viele seien inzwischen sehr empfindlich auf Kälte. «Vergessen wir nicht, der Dezember war beispielsweise am Flughafen Zürich der fünftwärmste seit Messbeginn, in Ebnat-Kappel war es nach 2019 sogar der zweitwärmste.»

Dass der Winter subjektiv als kühl empfunden wird, hat mit dem spärlichen Sonnenschein und den ergiebigen Niederschlägen zu tun. «Das fühlt sich auf Haut und Seele kühl an.» Stellenweise erlebten wir den nassesten Dezember seit Messbeginn 1864, so beispielsweise im glarnerischen Elm.

Oft fiel Regen statt Schnee bis in höhere Lagen und das wird sich nun verstärken. Unterhalb von 1000 Metern, teilweise auch 1200 Metern wird es ab Wochenmitte deshalb wieder weitgehend grün sein. «Die Schneehöhe entspricht in unseren Breiten ungefähr dem langjährigen Schnitt». Auf dem Iltios im Toggenburg liegen aktuell 65 Zentimeter Schnee. In der Regel sind es im Januar knapp 70 Zentimeter Schnee. Im Vorjahr waren es nur 40 Zentimeter Schnee. Weniger Schnee als normal hat es dagegen in Elm, dort ist die Schneedecke nur noch 10 Zentimeter mächtig. «Sonst liegen am 21. Januar dort rund 40 Zentimeter Schnee», sagt Blumer.

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