Die ersten Blumen recken ihre Köpfchen der strahlenden Sonne entgegen. Die Pollen beginnen zu wirbeln. Die Vögel singen am Morgen wieder süsse Melodien. Kurz: Der Frühling hält scheinbar Einzug. Und das Mitte Februar.
Aber vielleicht holt uns auch bald eine eisige Polarkälte ein – denn der Polarwirbel über der Arktis kollabiert (ziemlich sicher). Und darum könnte es in den nächsten Tagen und im März eisig kalt werden (vielleicht).
In den Wintermonaten entsteht jedes Jahr über den Polen abwechslungsweise ein sogenanntes Höhentief, weshalb in grossen Höhen die Luft extrem kalt wird. In der Folge bildet sich ein Kaltluftkörper, der durch einen starken Jetstream, dem Polarjetstream, abgeschlossen wird.
Nun stehen aber alle Modelle auf: «Sudden Stratospheric Warming», wie Daniela Domeisen vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich dem «Tagesanzeiger» sagt.
Dabei wechseln die Winde über der Arktis die Richtung und der starke Polarwind, der die Luft zuvor zusammengehalten hat, lässt die extrem kalte Luft gegen Süden entströmen. Sollte diese Luft dann noch vertikal nach unten wandern und den Jetstream in der untersten Schicht der Atmosphäre erreichen, dann könnte in der Folge das Wetter in Nordeuropa kalt werden und im Mittelmeerraum regnerisch.
Passiert ist das beispielsweise im ungewöhnlich kalten Winter 2017/18. Der Februar 2018 war der kälteste seit 30 Jahren.
Das letzte Mal, dass eine plötzliche «Sudden Stratospheric Warming» Auswirkungen auf das Wetter der Nordhalbkugel hatte, war im Jahr 2021: Die zentralen USA stürzten in einen historischen Tiefkühlzustand – mindestens 330 starben und an der Infrastruktur entstanden Schäden in Höhe von mehr als 27 Milliarden US-Dollar.
Halten wir fest: Dass der Wirbel kollabiert, darin sind sich die Modelle einig. Ob das aber auch in diesem Jahr Auswirkungen auf unser Wetter hat, ist nur schwer vorhersagbar.
Denn mit dem heutigen Wissensstand ist nicht eindeutig prognostizierbar, ob und wie die Kaltluft aus den höheren Schichten der Atmosphäre in die unterste Schicht eindringt. «Die dreidimensionale Dynamik des Wirbels ist noch zu wenig verstanden», sagt Domeisen im «Tagesanzeiger».
Und ohnehin (jetzt folgt die gute Nachricht): «Je länger der Polarwirbel gestört ist, desto länger verzögern sich die Auswirkungen auf unser Wetter», sagte der US-Meteorologe Judah Cohen der «Washington Post». Und wenn er bis März gestört sein sollte, würde der saisonale Temperaturanstieg die Kälte übertrumpfen. Im «Tagesanzeiger» heisst es: «Das arktische Phänomen spüren wir, so die langjährige Statistik, in zwei von drei Fällen.»
Andrea Lang von der University of Albany ergänzt in der «Washington Post»:
Klarer hingegen sind die kurzfristigen Wetterprognosen: Heute und morgen scheint fast in der gesamten Schweiz die Sonne, die Temperaturen bleiben weiterhin frühlingshaft. Ab Mitte Woche nehmen die Temperaturen ab, die Bewölkung und die Niederschlagsneigung zu. (yam)