Schweiz
Wetter

Polarwirbel kollabiert: Warum die hohen Temperaturen vorbei sein könnten

epa06566838 A man takes picture of ice-covered bench on the frozen shores of the Lake of Neuchatel, in Yverdon-les-Bains, Switzerland, 26 February 2018. Media reports on 26 February state that extreme ...
Yverdon-les-Bains im Februar 2018. Damals hatte ein «Sudden Stratospheric Warming» Auswirkungen auf das Wetter der Nordhalbkugel. Es war sehr kalt. Bild: EPA/KEYSTONE

Du freust dich über den eintrudelnden Frühling? Dann freust du dich zu früh (vielleicht)

Die Temperaturen sind ausserordentlich mild. Doch über der Arktis scheint der Polarwirbel zu kollabieren – was uns einen kalten März bescheren könnte.
20.02.2023, 10:4220.02.2023, 12:20
Mehr «Schweiz»

Die ersten Blumen recken ihre Köpfchen der strahlenden Sonne entgegen. Die Pollen beginnen zu wirbeln. Die Vögel singen am Morgen wieder süsse Melodien. Kurz: Der Frühling hält scheinbar Einzug. Und das Mitte Februar.

Aber vielleicht holt uns auch bald eine eisige Polarkälte ein – denn der Polarwirbel über der Arktis kollabiert (ziemlich sicher). Und darum könnte es in den nächsten Tagen und im März eisig kalt werden (vielleicht).

Zuerst die Basics: Polarwirbel und «Sudden Stratospheric Warming»

In den Wintermonaten entsteht jedes Jahr über den Polen abwechslungsweise ein sogenanntes Höhentief, weshalb in grossen Höhen die Luft extrem kalt wird. In der Folge bildet sich ein Kaltluftkörper, der durch einen starken Jetstream, dem Polarjetstream, abgeschlossen wird.

Polarwirbel / Polar vortex erklärt, Winter, Wetter, Schnee, Meteorologie
Bild: NOAA

Nun stehen aber alle Modelle auf: «Sudden Stratospheric Warming», wie Daniela Domeisen vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich dem «Tagesanzeiger» sagt.

Dabei wechseln die Winde über der Arktis die Richtung und der starke Polarwind, der die Luft zuvor zusammengehalten hat, lässt die extrem kalte Luft gegen Süden entströmen. Sollte diese Luft dann noch vertikal nach unten wandern und den Jetstream in der untersten Schicht der Atmosphäre erreichen, dann könnte in der Folge das Wetter in Nordeuropa kalt werden und im Mittelmeerraum regnerisch.

Passiert ist das beispielsweise im ungewöhnlich kalten Winter 2017/18. Der Februar 2018 war der kälteste seit 30 Jahren.

epa06569029 A woman walks on the pier that is covered with ice after few days of strong gusts of wind blowing waves of water over the bank of the lake of Geneva, in Geneva, Switzerland, 27 February 20 ...
Es war wirklich kalt 2018, hier in Genf ...Bild: EPA/KEYSTONE
A boat is covered with ice after few days of strong gusts of wind blowing waves of water over the bank of the lake of Geneva, in Geneva, Switzerland, Tuesday, February 27, 2018. Media reports state th ...
... und hier auch in Genf.Bild: KEYSTONE

Das letzte Mal, dass eine plötzliche «Sudden Stratospheric Warming» Auswirkungen auf das Wetter der Nordhalbkugel hatte, war im Jahr 2021: Die zentralen USA stürzten in einen historischen Tiefkühlzustand – mindestens 330 starben und an der Infrastruktur entstanden Schäden in Höhe von mehr als 27 Milliarden US-Dollar.

Und wie ist es 2023?

Halten wir fest: Dass der Wirbel kollabiert, darin sind sich die Modelle einig. Ob das aber auch in diesem Jahr Auswirkungen auf unser Wetter hat, ist nur schwer vorhersagbar.

Denn mit dem heutigen Wissensstand ist nicht eindeutig prognostizierbar, ob und wie die Kaltluft aus den höheren Schichten der Atmosphäre in die unterste Schicht eindringt. «Die dreidimensionale Dynamik des Wirbels ist noch zu wenig verstanden», sagt Domeisen im «Tagesanzeiger».

Und ohnehin (jetzt folgt die gute Nachricht): «Je länger der Polarwirbel gestört ist, desto länger verzögern sich die Auswirkungen auf unser Wetter», sagte der US-Meteorologe Judah Cohen der «Washington Post». Und wenn er bis März gestört sein sollte, würde der saisonale Temperaturanstieg die Kälte übertrumpfen. Im «Tagesanzeiger» heisst es: «Das arktische Phänomen spüren wir, so die langjährige Statistik, in zwei von drei Fällen.»

Andrea Lang von der University of Albany ergänzt in der «Washington Post»:

«Im Moment deutet die Prognose darauf hin, dass die unmittelbaren Auswirkungen dieser plötzlichen Erwärmung der Stratosphäre auf unser Wetter minimal sein werden.»

Klarer hingegen sind die kurzfristigen Wetterprognosen: Heute und morgen scheint fast in der gesamten Schweiz die Sonne, die Temperaturen bleiben weiterhin frühlingshaft. Ab Mitte Woche nehmen die Temperaturen ab, die Bewölkung und die Niederschlagsneigung zu. (yam)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
«Hör auf zu lüften! Es ist sch**sskalt!»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
DanielaK
20.02.2023 11:29registriert November 2016
Sehr spannend. Für Gartenfreunde gilt jetzt: Wetter nutzen um Dinge vorzubereiten, damit man nach einem evt. Kälteeinbruch loslegen kann, aber noch warten mit den Pflanzen. Wenn man die 15Tage-Prognosen ansieht, bleibt das Gartenwetter nur diese Woche, dann gibts nochmal Winterruhe. Aber schnippeln, aufräumen und Sonne tanken, das geht auf jeden Fall schon mal😃
753
Melden
Zum Kommentar
avatar
Remus
20.02.2023 11:19registriert Dezember 2016
In dem Fall weiterhin morgens aus dem Fenster schauen und fühlen🫡
511
Melden
Zum Kommentar
avatar
Domimar
20.02.2023 11:31registriert August 2016
Muss man sich denn im Februar schon auf den Frühling freuen? Ich freu mich im Moment überhaupt nicht. 12-16 Grad Tagestemperatur, in der Nacht nicht unter dem Gefrierpunkt und das im Februar. Ich bin eher besorgt und ein klein wenig genervt (weil das Zeugs schon blüht, Heuschnupfen halt).
6740
Melden
Zum Kommentar
24
    RhB-Abschnitt Campocologno–Brusio wegen Steinschlaggefahr gesperrt

    Die Rhätische Bahn hat aus Sicherheitsgründen den Streckenabschnitt Campocologno–Brusio der Berninalinie gesperrt. Die Sperrung dauert bis voraussichtlich Freitag, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte.

    Zur Story