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Schweiz: Parlament genehmigt Freihandelsabkommen mit Indien

Nach 16 Jahren: Parlament genehmigt Freihandelsabkommen mit Indien

20.03.2025, 11:1220.03.2025, 11:12
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Rund 16 Jahre nach dem Beginn von Verhandlungen steht die Schweiz vor dem Inkrafttreten eines Freihandelsabkommen zwischen den Efta-Staaten und Indien. Nach dem Ständerat hat am Donnerstag auch der Nationalrat dem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zugestimmt.

Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 131 zu 22 Stimmen bei 38 Enthaltungen. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen kamen aus dem links-grünen Lager. Der Sprecher der vorberatenden Aussenpolitischen Kommission (APK-N), Niklaus-Samuel Gugger (EVP/ZH), sprach von einem «historischen» Abkommen mit einem «gewaltigen Potenzial für Handel und Investitionen».

Eine «diplomatische Meisterleistung» sei der Abschluss, so Gugger weiter. Das Abkommen bringe jährliche Einsparungen von bis zu 170 Mio. Franken nach Ablauf der Einführungsfristen. Es stelle einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU und Grossbritannien dar, welche noch kein solches Abkommen hätten.

Lob kam auch aus den Fraktionen. Mitte-Sprecherin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) sprach beispielsweise von einem «Coup», der gelungen sei. SVP-Sprecher Roland Rino Büchel (SG) bezeichnete das Abkommen als «Meilenstein für die Schweizer Wirtschaft».

Kritik äusserte Fabian Molina (ZH) namens der SP-Fraktion. Freihandelsabkommen bedeuteten immer eine Ausnahme von multilateralem Welthandelsrecht. Der Abschluss eines solchen Abkommens müsse deshalb einen besonderen Beitrag zum nachhaltigen Handel leisten.

Diese Übereinkunft tue das nicht. Vom Abkommen profitierten beispielsweise indische Kleiderproduzenten mit Kinderarbeit. Die SP-Fraktion lehne deshalb das Abkommen grossmehrheitlich ab.

Der Ständerat hatte das Abkommen im vergangenen Dezember mit 41 zu 0 Stimmen bei drei Enthaltungen gutgeheissen. Es muss noch in die Schlussabstimmungen der eidgenössischen Räte vom Freitag. Der Bundesrat wird das Abkommen noch ratifizieren müssen.

Links-grüner Antrag abgelehnt

Klar abgelehnt wurde der Antrag einer links-grünen APK-N-Minderheit. Sie wollte bestimmte ausländische Direktinvestitionen vom Abkommen auszuschliessen. Dies, wenn sie wesentliche ökologische Schäden verursachen, den Klimaschutz untergraben oder die Erhaltung natürlicher Lebensräume gefährden.

Die Mehrheit des Nationalrat folgte der Meinung der APK-N-Mehrheit, die sagte, die Vertragsparteien seien solide Verpflichtungen in Bezug auf die nachhaltige Entwicklung eingegangen. Deren drei Säulen – wirtschaftliche Entwicklung, soziale Entwicklung und Umweltschutz – seien klar im Abkommen verankert.

Fünf Länder beteiligt

Am 10. März des vergangenen Jahres unterschrieb Wirtschaftsminister Guy Parmelin die Übereinkunft in der indischen Hauptstadt Delhi. Am Abkommen beteiligt sind auch Island, Liechtenstein und Norwegen. Das sind die anderen drei Mitgliedländer der europäischen Freihandelsassoziation Efta.

Der Bund setzt grosse Hoffnungen aufs Abkommen. Es bringe für fast 95 Prozent der heutigen Schweizer Exporte nach Indien – teilweise mit Übergangsfristen – Zollerleichterungen. Das sagte Parmelin im Nationalrat. Verschiedenste Schweizer Produkte erhielten einen verbesserten Zugang zum indischen Markt, so etwa Pharmaprodukte und chemische Produkte, Maschinen und Uhren.

Indien – das weltweit bevölkerungsreichste Land und mit Wachstumspotenzial dank wachsender Mittelschicht – erhebt laut Angaben des Bundesrats heute auf den meisten Waren sehr hohe Importzölle.

Investitionsförderagentur eröffnet «Efta-Desk»

Im Abkommen enthalten ist die Investitionsförderung. Die Efta-Staaten verpflichten sich – laut Bundesrat eine Premiere – zu Promotionsaktivitäten. Deren Ziel sind 100 Milliarden US-Dollar an Investitionen aus Efta-Staaten sowie eine Million Arbeitsplätze in den 15 Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens.

In diesem Zusammenhang hat die indische Investitionsförderagentur Invest India vor gut einem Montag ein «Efta-Desk» eröffnet. Es soll die vier Efta-Länder bei Investitionen gezielt fördern.

Parmelin sagte vor einem Jahr, dass das Abkommen ab Herbst dieses Jahres in Kraft treten kann. Dieser Termin kann sich nach hinten verschieben, wenn es in der Schweiz ein Referendum gibt oder wenn eine der Parteien es bis dahin noch nicht ratifiziert. (sda/les)

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