Bist du gegen Naturgefahren versichert? Das sind die typischen Lücken in der Vorsorge
Die meisten Menschen von Blatten besitzen nur noch, was sie auf sich tragen oder auf einem Konto oder in einer Cloud gespeichert haben. Alles andere ist zerstört. Rund 400 Gebäude sind im Schutt und im See verschwunden. Der Schaden beträgt Hunderte Millionen Franken.
Ausgerechnet das Wallis gehört zu den vier Kantonen, in denen die Gebäudeversicherung nicht obligatorisch ist – neben Genf, dem Tessin und Appenzell Innerrhoden (ausgenommen ist der Bezirk Oberegg). Trotzdem sind viele Häuser von Blatten versichert, weil Banken üblicherweise nur dann Hypotheken vergeben.
Die meisten Kantone führen eigene Gebäudeversicherungen und regeln diese in Gesetzen. Alle Immobilienbesitzer müssen sie abschliessen, wodurch die Prämien tief sind. In Uri, Schwyz und Obwalden ist eine Gebäudeversicherung ebenfalls vorgeschrieben, aber sie wird von privaten Versicherungen verwaltet.
Im Folgenden erfährst du das Wichtigste zur finanziellen Bewältigung von Naturkatastrophen.
1. Was deckt eine Gebäudeversicherung ab?
Bei gut unterhaltenen Gebäuden ist in der Regel der Neuwert versichert. Damit sind die Kosten für den Wiederaufbau bei Elementarschäden gedeckt. Gemeint sind die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft; also Schäden durch Hagel, Überschwemmungen, Stürme, Schneedruck, Erdrutsche und Lawinen.
2. Was deckt die Gebäudeversicherung nicht ab?
Nur das Gebäude ist in der Regel versichert, nicht aber die Umgebung. Es geht darum, die Existenzgrundlage zu schützen. Der Garten gehört nicht dazu. Es gibt zwar Zusatzversicherungen, die auch den Umschwung umfassen, aber sie sind nicht verbreitet.
Eine Ausnahme bildet der Kanton Baselland: Hier umfasst die Gebäudeversicherung auch die Grundstücke. Dazu zählen der Boden, die Pflanzen und Bäume.
3. Was ist mit Erdbeben?
Auch sie sind in den Gebäudeversicherungen nicht enthalten – ausser in Zürich. In den anderen Kantonen könnte ein Erdbeben alle Immobilien zerstören und die Gebäudeversicherungen würden keinen Rappen zahlen.
Nur 15 Prozent der Gebäude in der Schweiz haben eine private Erdbebenversicherung. Dabei stuft der Bundesrat Erdbeben als das drittgrösste Risiko des Landes ein – nach einer Strommangellage und einer Pandemie.
Diese Regionen sind besonders gefährdet: das Wallis, gefolgt von Basel, Graubünden, der Zentralschweiz und dem St.Galler Rheintal.
Viele politische Anläufe für eine obligatorische Schweizer Erdbebenversicherung sind gescheitert. Das Anliegen ist nicht mehrheitsfähig, weil die Jahresprämien um Hunderte Franken ansteigen würden.
Der Bundesrat hat kürzlich einen anderen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt. Bei einem schweren Erdbeben möchte er alle Gebäudebesitzer verpflichten, einen einmaligen Beitrag von bis zu 0,7 Prozent ihrer Versicherungssumme zu leisten. Damit wäre ein Schaden von 22 Milliarden Franken gedeckt, was einem alle 500 Jahre auftretenden Erdbeben entspricht.
4. Haben die Versicherungen genügend Geld für Katastrophen?
Die Versicherungen unterstützen sich bei grossen Elementarschäden gegenseitig. Die kantonalen Gebäudeversicherungen haben vor dreissig Jahren die Risikogemeinschaft Elementar gegründet. Dieses solidarische System kam bei folgenden Ereignissen zum Tragen:
- Überschwemmungen von 2005: Vom 21. bis 24. August entstanden in den Kantonen Bern, Luzern, Nidwalden und Graubünden Gebäudeschäden von 613 Millionen Franken.
- Hagel von 2021: Am 28. Juni beliefen sich die Schäden in Luzern und Zug auf 438 Millionen Franken.
- Sturm von 2023: Am 24. Juli summierten sich die Schäden in La Chaux-de-Fonds innert weniger Minuten auf 130 Millionen Franken.
Auch private Versicherungen bilden einen Elementarschadenpool, um sich die Kosten zu teilen.
5. Wer übernimmt nicht versicherbare Schäden?
Fast alles lässt sich versichern, doch es gibt Ausnahmen. Ausserhalb von Siedlungen sind die Möglichkeiten beschränkt: Private Zufahrten und gewisse Landwirtschaftsflächen können nicht oder kaum versichert werden.
Dafür gibt es die Stiftung Fondssuisse. Sie kommt für Elementarschäden auf, die nicht durch Versicherungen, den Staat oder Hilfswerke gedeckt werden. Für 370 Unwetterschäden vom Sommer 2024 bezahlte sie 3 Millionen Franken, wobei 500 Gesuche noch offen sind. Das Stiftungsvermögen stammt von der Nationalbank.
6. Was sollen besorgte Hausbesitzer jetzt tun?
Die Gebäudeversicherungen empfehlen, sich über die lokalen Risiken zu informieren und diese zu minimieren. Die meisten Versicherungen bieten dafür persönliche Beratung und finanzielle Hilfen an. Hier lassen sich die Risiken für jede Schweizer Adresse anzeigen: www.schutz-vor-naturgefahren.ch.
(aargauerzeitung.ch)
