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Nationalrat: Teuerungsausgleich bei AHV und Prämienverbilligung 30 %

Nationalrat: Voller Teuerungsausgleich bei AHV-Renten und Prämienverbilligung 30 % rauf

21.09.2022, 10:4521.09.2022, 16:03
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AHV-Rentnerinnen und -Rentner sollen nach dem Willen des Nationalrats im kommenden Jahr den vollen Teuerungsausgleich erhalten. Zudem soll der Bund seinen Beitrag an die Prämienverbilligungen für 2023 vorübergehend um 30 Prozent erhöhen.

Die kleine Kammer hat am Mittwoch zwei entsprechende Motionen von SP und Mitte angenommen. Die beiden Fraktionen spannten in der ausserordentlichen Debatte des Nationalrats zum Thema Kaufkraft zusammen und hatten sich im Vorfeld abgestimmt.

Die Mitte-Fraktion fordert in einer Motion die Anpassung der AHV- und IV-Renten sowie der Ergänzungsleistungen gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise spätestens bis Anfang 2023. Zudem soll der Bundesrat dem Parlament ein Konzept dazu vorlegen, wie die Renten bei einer Teuerung von mehr als 2 Prozent künftig regelmässig angepasst werden können.

Höhere Abzüge bei direkter Bundessteuer wegen Teuerung
Ab dem nächsten Jahr können Steuerpflichtige höhere Abzüge bei der direkten Bundessteuer geltend machen. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat zum Ausgleich der kalten Progression die Abzüge und Tarife angepasst.
Die kalte Progression tritt ein, wenn Steuerpflichtige wegen der Teuerung eine höhere Steuerbelastung tragen müssen, obwohl ihre Kaufkraft gleich geblieben ist. Mit der Anpassung der Abzüge und Tarife soll diese höhere Steuerlast verhindert werden, wie das EFD am Mittwoch mitteilte.
Zweiverdienerehepaare können neu maximal 13'600 Franken vom steuerbaren Einkommen abziehen. Bisher waren es 13'400 Franken. Der Kinderabzug und der Unterstützungsabzug steigen gemäss Mitteilung auf je 6600 Franken (bisher 6500 Franken).
Neben Anpassungen bei den Abzügen gibt es Änderungen bei den Tarifen. Ehepaare in rechtlich und «tatsächlich ungetrennter Ehe» zahlen demnach neu erst Steuern ab einem steuerbaren Einkommen von 28'800 Franken (bisher 28'300 Franken). Der Höchstsatz werde erst ab einem steuerbaren Einkommen von 912'600 Franken erreicht (bisher 895'900 Franken). Ausserdem könnten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätten neu maximal 3200 Franken statt 3000 Franken abgezogen werden.
Das EFD hat die kalte Progression zuletzt im Steuerjahr 2012 ausgeglichen. Die seither aufgelaufene Teuerung beträgt 2,04 Prozent. (sda)

Der Rat hiess den Vorstoss mit 99 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Er geht an den Ständerat.

Die SP will den Bundesrat beauftragen, in einem zeitlich auf ein Jahr befristeten dringlichen Bundesbeschluss den Bundesbeitrag an die individuelle Prämienverbilligung um 30 Prozent zu erhöhen. Die zusätzlichen Gelder sollen die Kantone erhalten, sofern sie ihren eigenen Beitrag nicht reduzieren.

Der Motion der Sozialdemokraten nahm der Nationalrat mit 97 zu 95 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Auch mit diesem Vorstoss muss sich nun der Ständerat befassen.

Der Bundesrat empfiehlt beide Motionen zur Ablehnung. Die Teuerung sei im Vergleich zu anderen europäischen Staaten relativ moderat. Bei den Renten sei es sinnvoll, am Schwellenwert von 4 Prozent Inflation für ausserordentliche Massnahmen festzuhalten. Und die soziale Absicherung im Zusammenhang mit den Krankenkassenprämien sei in erster Linie Aufgabe der Kantone. Dem Bund fehle dazu der finanzielle Spielraum.

SVP-Gegenanträge ohne Erfolg

Die SVP bekämpfte die Vorschläge von SP und Mitte mit eigenen Motionen. Alfred Heer (ZH) verlangte, sich bei der Anpassung der AHV-Renten wie bisher am so gennanten Mischindex zu orientieren. Dieser basiert zur Hälfte auf der Teuerung und zur Hälfte auf der Lohnentwicklung.

Heer forderte zudem, allfällige Mehrausgaben für den Teuerungsausgleich seien durch eine Plafonierung der Ausgaben bei der Entwicklungszusammenarbeit, im Forschungs- und Bildungsbereich, bei den Kulturausgaben und beim Eigenaufwand des Bundes zu kompensieren. Nur so liessen sich Steuererhöhungen und eine Belastung der Jüngeren vermeiden.

Weitere SVP-Vorstösse verlangten den Verzicht auf einen Teil der Einnahmen aus der Mineralölsteuer durch den Bund, die Abschaffung des Eigenmietwerts für Rentnerinnen und Rentner sowie, dass Ausgaben für Krankenkassenprämien bei der direkten Bundessteuer voll abgezogen werden können.

Die Motion Heers scheiterte mit 143 zu 53 Stimmen. Auch die anderen Vorstösse aus der SVP fanden keine Mehrheit und sind damit vom Tisch.

Zu befinden hatte der Rat ausserdem über einen Vorstoss aus den Reihen der Grünen. Die St. Galler Nationalrätin Franziska Ryser forderte eine Energiezulage bei bestehenden Prämienverbilligungen, um Haushalte mit geringen Einkommen gezielt zu entlasten.

Der Nationalrat verwarf die Motion Rysers mit 127 zu 67 Stimmen ohne Enthaltungen. Auch sie ist vom Tisch.

(aeg/sda)

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85 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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HeroOfGallifrey
21.09.2022 11:06registriert Oktober 2018
Prämienverbilligungen rauf und der Mittelstand darf dafür wieder bluten (zahlen volle KK Prämien und finanzieren mit den Steuern die Prämienverbilligungen mit). Langsam kotzt es mich an. Als Mittelständer ist man immer der Verlierer.
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Gurgelhals
21.09.2022 11:24registriert Mai 2015
Und die dümmsten Voten kommen natürlich wieder von den beiden Tubeliparteien SVP und FDP: Die einen können nur noch primitiv krawallieren und den Anderen die Schuld geben. Und die anderen können nur noch hilflos ihre marktfundamentalistische Glaubenssätzli aufsagen. Mehr haben die nicht mehr zu bieten.

Aber es ist ja auch nicht so, dass man von denen mittlerweile noch etwas anderes erwarten würde…
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Donald
21.09.2022 11:09registriert Januar 2014
Ist ja schön, dass gewisse Leute noch mehr bekommen. Aber wäre es nicht fair, wenn es für alle etwas gäbe?
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