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Jüdischer Schauspieler reicht Strafanzeige gegen Theater Neumarkt ein

The Theater Neumarkt in the old town of Zurich, Switzerland, on November 3, 2016. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Das Theater Neumark im Zuercher Niederdorf am 3. November 2016. (KEYSTONE/Christian Beut ...
Das Theater Neumarkt.Bild: KEYSTONE

Jüdischer Schauspieler reicht Strafanzeige gegen Theater Neumarkt ein

09.06.2024, 11:1010.06.2024, 06:35
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Der jüdische schweizerisch-israelische Schauspieler Yan Balistoy hat gegen den Verwaltungsratspräsidenten, die drei Direktorinnen und den Hausdramaturgen des Zürcher Theaters Neumarkt eine Strafanzeige eingereicht, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Er wirft ihnen Verletzung der Antirassismus-Strafnorm und üble Nachrede vor. Die Strafanzeige wurde der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat zugestellt.

Hintergrund ist, dass Balistoy die Leitung des Theaters beschuldigt, ihn seit August 2021 von Aufführungen auszuschliessen, bei denen auch eine libanesische Schauspielerin engagiert ist. Die Frau habe sich geweigert, mit ihm zusammen auf der Bühne zu stehen und als Begründung ein libanesisches Boykottgesetz angeführt, das es libanesischen Staatsangehörigen verbiete, mit Israelis Kontakt zu pflegen. Indem man ihn von den Vorstellungen ausschloss, habe das Theater verhindern wollen, dass die Sicherheit der libanesischen Schauspielerin oder ihrer im Libanon lebenden Familie gefährdet werde.

Obwohl aus einem Schreiben des Anwalts des Theater Neumarkt hervorgeht, dass Balistoy aufgrund dieses Gesetzes tatsächlich weniger oft eingesetzt wurde, gab der Verwaltungsrat eine unabhängige Untersuchung zur Arbeitskultur am Theater Neumarkt in Auftrag.

Der Fall Balistoy wurde bei dieser Untersuchung aber nicht berücksichtigt, wie der «Tagesanzeiger» schreibt.

Im April 2024 entkräftete der Untersuchungsbericht dann indirekt die Vorwürfe von Balistoy – und entlastete die Direktion in allen Punkten.

Die Theaterdirektion kommunizierte: «Antiisraelisches und antijüdisches Gedankengut hat bei uns keinen Platz. Genauso lehnen wir das diskriminierende libanesische Gesetz ab.»

Nun hat Balistoy Strafanzeige eingereicht. Seine Agentur geht in einer Medienmitteilung erneut auf das Boykottgesetz ein. Es heisst da: «Das im Libanon geltende anti-israelische und antisemitische Boykottgesetz in der Schweiz anzuwenden, verstösst gegen die Schweizer Bundesverfassung.»

Hinzu komme, dass das Boykottgesetz im Kern ein Wirtschafts-Boykott sein. Es ziele insbesondere auf den Import israelischer Güter in den Libanon – und nicht etwa «auf Kontakte zwischen libanesischen und jüdisch-israelischen Privatpersonen im Ausland».

Zudem habe der Hausdramaturg den Entscheid des Theaters auf seinem öffentlichen Instagram-Profil geteilt, was Balistoy als rufschädigendes Verhalten empfindet.

Balistoy fordert in der Strafanzeige eine Beschlagnahmung von Unterlagen des Theaters Neumarkt sowie eine Hausdurchsuchung, um E-Mails, Schreiben und Notizen sicherzustellen.

(yam)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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hgehjvkoohgfdthj
09.06.2024 11:58registriert März 2020
"Das im Libanon geltende anti-israelische und antisemitische Boykottgesetz in der Schweiz anzuwenden, verstösst gegen die Schweizer Bundesverfassung."

Gutes Argument. Wenn die Staatsanwaltschaft Zürich das anders sieht, würde ich notfalls bis vor Bundesgericht gehen.
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goschi
09.06.2024 12:08registriert Januar 2014
wie kann man als Verantwortliche auf diese Forderung eingehen?
Nicht nur, dass dieses gesetz wirklich nichts zum persönlichen umgang sagt, hat es vor allem keinerlei Wirkung in der Schweiz.

Dass dies auch eine grundsätzlich rassistische/menschenfeinliche haltung ist, die dahinter steckt, dürfte auch offensichtlich sein.

beim öffnen des Artikels erwartete ich eine Lapalie, aber das ist harter Tobak!
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Neruda
09.06.2024 14:03registriert September 2016
Wenn ein Mitarbeiter nicht mit einem anderen zusammemarbeiten will aufgrund seiner Nationalität dann sollte man sich von diesem trennen. Ganz egal was die Gesetze in deren Heimatländer verlangt. In der Realität wird dieses vom Libanon sowieso nicht durchgesetzt. Wie auch, dieser Staat schafft nicht mal Grundlegendes wie eine stabile Stromversorgung aufrecht zu erhalten.
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