Sechs statt vier Ausländer: um diese Regelung ist monatelang gerungen und gestritten worden. Nun stehen wir vor der Dezember-Nationalmannschaftspause praktisch bei «Halbzeit» der zweiten Saison mit sechs Ausländern (und zehn Lizenzen). Eine erste seriöse Bilanz ist möglich.
Es gehört zur Ironie der Hockey-Geschichte, dass die Hockeygötter mit Marc Lüthi ausgerechnet den prominentesten Befürworter der neuen Ausländerformel am härtesten bestrafen. Der SCB-Manager hatte sich an vorderster Front für mehr Ausländer engagiert. Ohne ihn wäre die Erhöhung nicht möglich geworden.
Diese Saison provoziert noch viel mehr als die letzte Spielzeit die Frage: Wo stünde der SCB mit brauchbaren sechs Ausländern?
Die Antwort ist einfach: Die Berner würden um den Qualifikationssieg spielen. Der SCB ist das Opfer der neuen Ausländerregelung. Kein anderer Klub hat seit der Erhöhung von vier auf sechs «Imports» so viele internationale Fehltransfers getätigt und auf dem Ausländermarkt so viel Geld verbraten. Diese Saison dürfte bereits wieder ein schöner sechsstelliger Betrag brutto verschwendet worden sein.
Hier soll nicht Salz in Wunden gestreut und gar der Eindruck einer Polemik erweckt werden. Nur so viel: Zwei der SCB-Gastarbeiter, die beim Saisonstart (4:1 gegen Lausanne) mitgespielt haben, waren gestern beim 2:6 gegen Zug bereits nicht mehr dabei: Martin Frk ist zu den Lakers abgeschoben worden und Julius Honka verteidigt inzwischen leihweise für Servette. Dafür ist Ville Pokka (leihweise für zwei Monate) von Biel nach Bern gekommen. Gegen Zug fehlten Patrik Nemeth und Dominik Kahun wegen Blessuren bzw. Krankheit.
Der SCB hat diese Saison bereits neun von zehn Ausländerlizenzen eingelöst (für Adam Reideborn, Julius Honka, Dominik Kahun, Ville Pokka, Martin Frk, Joona Luoto, Colton Sceviour, Corban Knight und Patrik Nemeth). Je grösser die Anzahl Ausländer, desto grösser die Gefahr eines Irrtums und desto höher die Kosten.
Es gelingt dem SCB trotz mehr als genügend finanziellen Mitteln einfach nicht, alle sechs Ausländerpositionen gut (oder wenigstens genügend) zu besetzen.
Mit guten ausländischen Gastarbeitern bzw. mit solchen, die ins Team passen, wäre der SCB wieder ein Titelanwärter und die sportliche Reorganisation seit dem letzten Titel von 2019 wäre nicht zwischenzeitlich zu einer veritablen Depression geworden.
Die Liste der ausländischen Flops seit dem Frühjahr 2019 ist in unserem Hockey beispiellos: Miika Koivisto, Andrew MacDonald, Christian Thomas, Dustin Jeffrey, Cory Conacher, Kaspars Daugavins, Philip Varone, Cody Coloubef, Joshua Teves, Eric Gelinas, Colton Sceviour, Julius Honka und Martin Frk. Bei Joona Luoto muss sich noch weisen, ob er den Ansprüchen genügen wird, und bisher hat der Zuzug von Ville Pokka nur Kosten und keinen Nutzen gebracht. Dazu kommt die Unfähigkeit, letzte Saison Chris DiDomenico ins Team zu integrieren. Der Kanadier gehörte vorher und gehört inzwischen bei Gottéron wieder zu den besten Ausländern der Liga.
Dazu passt: Am Freitag (3:4 n. V. in Biel) und am Samstag (2:6 gegen Zug) verlor der SCB auch, weil beim Gegner die Ausländer nicht weniger als vier Tore erzielten. Die SCB-Ausländer blieben hingegen in diesen zwei Partien ohne einen einzigen Skorerpunkt. Ja, die SCB-Ausländer haben inzwischen vier Spiele in Serie kein Tor mehr erzielt.
Die Kerngruppe der Schweizer Spieler wäre beim SCB gut genug für eine Spitzenposition und diese Saison ist auch der Trainer erstmals seit 2019 kein Problem und kein Clown. Sondern ein Pluspunkt.
Der SCB also ein Opfer der von Marc Lüthi entscheidend angezettelten Ausländer-Revolution? Auf diese Frage mag der sonst so streitbare SCB-Manager nicht eintreten und sagt knurrig: «Wenn Sie das Gespräch über dieses Thema führen wollen, dann ist das Gespräch zu Ende.»
Die Antwort ist einfach: Ja, der SCB ist ein Opfer dieser neuen Regelung. Das notorische Pech bei den Ausländer-Transfers wirkt sich bei sechs statt vier Gastarbeitern nun noch stärker aus. Ist es nur Pech oder sportliche Misswirtschaft? Wir wollen nicht grübeln. Denn es geht ja hier, wie schon gesagt, nicht um Polemik. Sondern um eine sachliche Analyse.
Was bei der neuen Regelung möglich ist, zeigen ein paar Beispiele: Der Titelgewinn von Servette wäre unter der alten Formel mit ziemlicher Sicherheit nicht machbar gewesen. Erst mit Sami Vatanen, Henrik Tömmernes, Valtteri Filppula, Teemu Hartikainen, Linus Omark und Daniel Winnik ist der erste Titelgewinn der Klubgeschichte (und der erste eines rein welschen Teams seit 1973) Wirklichkeit geworden.
Auch die sanfte Renaissance der SCL Tigers ist eng mit der neuen Ausländerregelung verknüpft. Mit Harri Pesonen, Aleksi Saarela, Vili Sarijärvi, Juuso Riikola und Saku Mäenalanen haben die Langnauer zwar nicht die besten und auch bei weitem nicht die teuersten Individualisten der Liga. Aber als Gruppe vermögen die fünf finnischen Nationalspieler das Team nicht nur zu verstärken, sondern zu tragen.
Zu den Profiteuren gehören auch die ZSC Lions: Die Zürcher verdanken die Rückkehr an die Spitze zu einem schönen Teil den richtigen ausländischen Spielern, die das Team perfekt ergänzen.
Die sechs Ausländer haben inzwischen einen noch kaum thematisierten Nebeneffekt: Die National League ist nun praktisch eine geschlossene Liga geworden. Die Differenz zwischen der höchsten und der zweithöchsten Liga ist diese Saison auch wegen der sechs Ausländer so gross wie noch nie.
Natürlich: Kommt es zum Kräftemessen zwischen dem Playout-Verlierer der National League und dem Meister der Swiss League, dürfen nur noch vier Ausländer eingesetzt werden. Letzte Saison geriet die Auseinandersetzung zwischen den Jura-Rivalen La Chaux-de-Fonds und Ajoie beinahe zu einem Drama.
Aber die Zeit schreitet voran. La Chaux-de-Fonds ist die Aufstiegsbewilligung für diese Saison bereits entzogen worden. Weder Infrastruktur noch Finanzen genügen höheren Ansprüchen.
Als letzter ernsthafter Aufstiegskandidat verbleibt der EHC Olten. Aber ist Olten tatsächlich ein Aufstiegskandidat? Könnten die Oltner in der höchsten Liga, die so teuer geworden ist wie noch nie in der Geschichte unseres Hockeys (seit 1908), tatsächlich eine Rolle spielen?
Die Erhöhung auf sechs Ausländer hat die Kosten für ein NL-Team um mindestens eine Million erhöht. Gerade ein Aufsteiger kann es sich nicht leisten, auf den sechs Ausländerpositionen zu sparen. Kloten konnte sich letzte Saison als Neuling vor allem dank seiner formidablen Ausländer so gut halten und ist inzwischen wiederum dank einer Leistungssteigerung seines ausländischen Personals auf dem Weg zur sportlichen Genesung. Kommt dazu: Für die Liga-Qualifikation im Laufe der Saison von zwei auf vier Ausländer aufzustocken, kostet das SL-Team gut und gerne brutto mehr als 200'000 Franken.
Die Oltner erreichten letzte Saison den Playoff-Final. Trotzdem mussten sie im Sommer die Klubfinanzen sanieren.
Kann ein Hockeyklub, der bereits mit zwei Ausländern an seine finanziellen Grenzen stösst, ein Team mit sechs Ausländern in der höchsten Liga finanzieren? Nein.
Die National League ist gerade wegen der neuen Ausländerregelung erstmals aus wirtschaftlichen Gründen praktisch zu einer geschlossenen Liga geworden.
Die Liga-Qualifikation wird künftig nur noch Folklore sein. Wenn sie denn überhaupt noch gespielt werden muss.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Wir sollten auf 4 Ausländer zurück und die NLA schnell wieder auf 12 reduzieren, damit der NLB wieder Leben eingehaucht wird. Die NLB ist tot. Niemanden interessierts. Seit 4 Jahren werden schlechte Entscheidungen getroffen.
Die Meisterschaft ist ausgeglichener geworden, seit sechs Ausländer erlaubt sind. Dies ist ein positiver Effekt, der nicht klein geredet werden kann. Dank 14 Teams sind trotzdem genügend Plätze für Nachwuchsspieler frei.
So weiterfahren!