Was haben Dario Simion, Fabian Heldner und Calvin Thürkauf gemeinsam? Sie spielen alle in der Schweizer Nationalmannschaft, in der National League und sie haben Schlafprobleme. Der Grund ist bei allen drei Spielern der gleiche: Viele Spiele nacheinander, kreisende Gedanken im Kopf und Koffein.
Dass viele Eishockeyspieler Schlafprobleme haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Wo früher noch zur Schlaftablette gegriffen wurde, sind heute mehr Alternativen da. Dennoch: Schlaflose Nächte gehören immer noch zu Hockeyspielern wie die Schlittschuhe und Stock.
Ein falscher Spielzug auf dem Eis kann nicht nur das Spiel beeinflussen, sondern auch den Schlaf der Eishockeyspieler. Was danach folgt, hat vermutlich jeder schon einmal erlebt: Man wälzt sich im Bett, dreht das Kissen und blickt ins Dunkle. Wieder eine schlaflose Nacht. Während die meisten dann am nächsten Abend früher ins Bett gehen können, müssen die Eishockeyspieler wieder auf dem Eis performen.
«Nach den Spielen muss ich leider länger warten, weil ich nicht einschlafen kann. Ich habe wirklich Mühe», sagt EVZ-Stürmer Dario Simion. Bei Lausanne-Verteidiger Fabian Heldner sieht es ähnlich aus: «Ich weiss, dass ich es nicht einmal probieren muss. Es bringt nichts.»
Fehlender Schlaf bedeutet auch fehlende Regeneration. Die Eishockeyspieler müssen dreimal pro Woche abliefern, davon sind meist zwei Spiele an darauffolgenden Tagen. «Der Spielplan hat grosse Auswirkungen auf den Schlaf», sagt Heldner weiter. Er findet diese Doppelrunden nicht optimal für die Regeneration. Auch Lugano-Captain Calvin Thürkauf hat das gleiche Problem: «Wir haben einen der längsten Reisewege und das wirkt sich auf meinen Schlaf aus.»
Thürkauf nennt gleich ein Beispiel. Wenn sie in Genf antreten, seien sie etwa um drei Uhr nach dem Spiel zu Hause und um elf Uhr müsse man wieder auf dem Eis stehen, sagt er und fügt hinzu: «Da ist es schon schwer, Schlaf zu erhalten.» Ähnlich geht es dem EVZ-Stürmer Dario Simion. «Bei Doppelrunden muss ich so schnell wie möglich schlafen und das ist manchmal schwierig», sagt er.
Die Doppelrunden, auch Back-to-back-Spiele genannt, sind nicht gesundheitsfördernd. «Die Back-to-back-Spiele sind aus medizinischer Sicht nicht optimal», sagt Beat Schwegler, Mannschaftsarzt beim EV Zug. Denn durch die ungenügende Regenerationsmöglichkeit sei die Verletzungsgefahr grösser.
Aber nicht nur. Die Reaktionszeit werde verlängert und so gebe es deutliche Einschränkungen, sagt Schwegler. «Mit einer verlängerten Reaktionszeit kann man vielleicht einem Check nicht mehr ausweichen oder der Goalie kann einen Puck, den er einen Tag zuvor noch gehalten hätte, jetzt plötzlich nicht mehr halten.»
Bei Wochenendspielen und den Partien am Sonntag um 20 Uhr geht es vordergründig um Geld und Vermarktung. «Die Gesundheit ist noch nicht so wichtig, dass man den Spielplan verändert», sagt Schwegler weiter. Willi Vögtlin, der seit 26 Jahren die Spielpläne für die National League erstellt, sieht eine Änderung erst in Sicht, wenn die Klubs die aktuellen Parameter ändern.
Einen Spielplan zu erarbeiten, ist gar nicht so einfach: Vögtlin erstellt mithilfe eines Mathematikers und einer Software den provisorischen Plan und setzt sich danach mit allen Klubvertretern, also den CEOs der 14 National League Klubs, zusammen. «Die CEOs wissen, dass sie mit ihren Klubs Einnahmen generieren müssen», sagt er. Also in anderen Worten: Geld geht vor Erholung der Spieler.
Damit er die Spielpläne erstellen kann, muss er zudem ein wichtiges Kriterium einhalten. Es dürfen keine zwei Heimspiele an einem Wochenende stattfinden. Bei den Klubs mit den längsten Reisezeiten herrscht weiter ein intensiver Austausch. Doch Vögtlin sagt: «Ich behandle alle Klubs gleich.» Ist der Spielplan erstellt und die neue Saison im Gange, starten auch die Schlafprobleme der Spieler.
Von schlaflosen Nächten hört auch Vögtlin immer wieder. «Dies ist je nach Reisedistanz, die aber in der Regel einiges kürzer ist als in anderen Topligen, die Kehrseite des Privilegs, Hockeyspieler zu sein.» Zwischen den Zeilen ist jedoch wenig Mitgefühl auszumachen.
Die Eishockeyspieler könnten auch während der Reisen ein wenig schlafen. Doch das gelingt den wenigsten. Zumindest auf der Rückfahrt. Heldner, der Lausanne-Verteidiger, schläft zwar auf der Hinfahrt, auf der Heimreise jedoch nie. Ähnlich geht dies Thürkauf vom HCL: «Wenn wir verlieren, dann ist es schwierig im Car einzuschlafen.»
Dario Simion sieht bei der Reiserei hingegen auch positive Aspekte. «Die langen Reisen machen mich müde und ich kann zu Hause sofort einschlafen.» Doch dabei ist es wichtig, nicht einen allzulangen Powernap am Nachmittag gemacht zu haben. Sonst ringt man am Abend eher mit dem Schlaf. Ein Teufelskreis.
Der EVZ-Mannschaftsarzt verschreibt aktuell keine Schlafmittel. «Tendenziell suchen die Spieler heutzutage mehr nach Alternativen», sagt er und fügt hinzu: «Früher gehörte es zum guten Ton, ein Schlafmittel zu nehmen.» Schwegler empfiehlt Entspannungsübungen oder auch erst dann ins Bett zu gehen, wenn man wirklich müde ist.
Die Spiele finden trotz Schlafproblemen auch in Zukunft am Dienstag, Freitag, Samstag und teils Sonntag statt. In der NHL gibt es Roadtrips oder mehrere Heimspiele nacheinander. Das kommt aber in der Schweiz nicht infrage. Vögtlin sagt: «Die Schweiz ist ein kleines Land.»
In anderen Ligen wie etwa in Schweden gibt es nur jeden zweiten Tag eine Partie. Einen solchen Modus würden auch Heldner und Simion bevorzugen. Der Zuger-Stürmer Simion findet: «Wenn keine Back-to-back-Spiele sind, schlafe ich am Nachmittag länger, sodass es nicht so schlimm ist, wenn ich am Abend nicht so schnell einschlafen kann.»
Der Lugano-Stürmer möchte trotz Schlafproblemen am Spielplan festhalten. «Wir haben lieber mehr Spiele als eine Woche nur für ein Spiel zu trainieren», sagt er. Beat Schwegler hat aus ärztlicher Sicht eine Lösung: «Wenn man die Spiele einige Stunden früher ansetzt, sind die Auswirkungen von Koffein und Snus als zusätzliche Muntermacher nach 22 Uhr deutlich weniger vorhanden.»
Doch für die Liga ist dies aktuell keine Lösung. «Das ist momentan keine Option, weil die Anspielzeiten auf jahrelangen positiven Erfahrungen basieren», sagt Vögtlin. Und was die Doppelspiele am Wochenende angeht: «Die Ligavertreter wollen aus wirtschaftlichen Gründen Doppelrunden», so der Spielplanchef. Deshalb wird dies sicher auch in der nahen Zukunft so bleiben. (aargauerzeitung.ch)
Auch mir als Fan sind die Spiele zu nah nacheinander. Man kann gar nicht das Spiel verdauen und darüber fachsimpeln schon ist das nächste. Man merkt auch das es weniger Auswärtsfans hat. Wer noch andere Hobbies hat will nicht zwei Tage nacheinander einen Match sehen.
Früher waren die Spiele am Dienstag, Donnerstag und Samstag. Das fand ich einen guten Rhythmus.
Allgemein war am Donnerstag mehr los als heute. Do war der kleine Freitag und das Wochenende hat schon am Donnerstagabend angefangen.
ABer alle drei schlafen durchschnittlich 8-9h? Wenn ich das jemals erreiche, mache ich ein Fest. Eine bis zwei kürzere Nächte pro Woche sind ganz normal und leicht zu überstehen.
Es gibt Monate, da schlafe ich jede Nacht 3-4h. Dies soll kein Wettbewerb sein. Aber so etwas zu lesen, ist eine Häme für alle, die viel viel weniger Schlaf bekommen.