Die Hockeygötter waren nicht um Zug. Die Hiobsbotschaft kommt im Spiel, das schliesslich das letzte sein wird, bevor der Puck eingeworfen wird. Topskorer Garrett Roe, der Dynamo des Zuger Spiels, ist nicht dabei. Offiziell heisst es einfach, er sei «abwesend». Tatsächlich leidet er an einer Nackenverletzung und Schwindelgefühlen. Da aber vor dem Spiel ja noch nicht feststeht, ob das Finale weiter geht, wird diese Verletzung richtigerweise verschwiegen.
Der Ausfall des flamboyanten Amerikaners ist gewiss gravierend. Aber nicht entscheidend. Die Zuger rücken zusammen, vereinfachen das Spiel und kommen schliesslich dem Sieg so nahe wie seit der Verlängerungsniederlage in der zweiten Partie (2:3) nie mehr.
Die Frage, warum es trotzdem nicht gereicht hat, liefert uns auch die Antwort auf die Frage, warum die Zuger dieses Finale verloren haben, warum sie die so gute Ausgangslage nach einem 4:1 im Startspiel in Bern nicht auszunützen vermocht haben.
Die Hockeygötter machten wohl den guten Start ins Finale (4:1 in Bern) möglich. Aber dann wandten sie sich bis zum Schluss dem SCB zu. Glück und Pech sind zwar nicht die entscheidenden Faktoren – aber sie spielten auffällig oft dem SCB in die Karten. Entscheidend ist allerdings etwas anderes, auch ein Faktor, der schwierig zu beeinflussen ist: die fehlende Erfahrung der Zuger. Sie hat sich in verschiedenen Formen gezeigt: in einer gewissen Naivität, in Überreaktionen, in viel gutem, manchmal gar überbordendem Willen, in fehlender Kaltblütigkeit.
Wir haben gestern noch einmal in einem Spiel zusammengefasst ein Panorama des Zuger Misslingens gesehen. Es beginnt mit Pech (der Ausfall von Garrett Roe). Darauf folgt eine Disziplinlosigkeit, die wir gnädigerweise überbordendem Willen zuordnen: Dominic Lammer schlägt unmittelbar nach der Schussabgabe Verteidiger Ramon Untersander den Stock ins Gesicht und kassiert dafür vier Minuten (die Partie wird übrigens mit einer ebenso naiven Strafe von Santeri Alatalo enden). Der SCB nutzt den Ausschluss zum nicht unhaltbaren 1:0. Tobias Stephan, so etwas wie der tragische Held dieses Finals, lässt sich in der nahen Ecke erwischen.
Wie sich zeigen wird, ist dieser Treffer von immenser Bedeutung. Denn der SCB war im letzten Spiel kein grosser SCB. Die Möglichkeit, mit einem Sieg den Titel zu gewinnen, hat mehr lähmende als stimulierende Wirkung. Sogar Leonardo Genoni, der mental «Unzerstörbare», schrumpft auf das Format eines normalen Goalies und kassiert zwei haltbare Tore zum 1:1 und zum 1:2. Aber diesem zweiten Treffer müssen die Linienrichter die Anerkennung versagen: SCB-Coach Kari Jalonen lässt nachprüfen, ob der Szene ein Offside vorausgegangen ist (Coaches Challenge). Und tatsächlich. Es war Offside.
Vieles spricht dafür, dass der SCB in dieser Partie einen Rückstand nicht mehr hätte wettmachen können. Aber eben: «Hätte», «könnte», «sollte» zählen nicht. Die Wahrheit steht allein oben an der Anzeigetafel. Und dort sagen die Leuchtzahlen 2:1.
Die Niederlage in diesem letzten Spiel, der enttäuschende Ausgang der so hoffnungsvoll begonnenen Finalserie mag für die Zuger bitter schmecken. Aber es ist wie bei einer Medizin, die bitter schmeckt. Sie hilft. Die Erfahrung aus diesem Finale wird alle besser machen: den Coach und die Spieler. Der SCB hat nun in vier Jahren drei Titel gewonnen (2016, 2017, 2019) und viele Zeichen deuten eher auf ein Ende als auf eine Fortsetzung dieser grossen Dynastie. Für die Zuger aber könnte sich das Finale von 2019 einst im Rückblick als der Anfang einer ruhmreichen Ära erweisen. Zumal ja Meistergoalie Leonardo Genoni für fünf Jahre zum EV Zug wechselt.
Ein Blick zurück macht den Zugern Hoffnung. Im Frühjahr 1998 ist der EV Zug, was heute der SCB ist. Die Parallelen sind verblüffend. Die Zuger gewinnen unter dem zur Grantigkeit neigenden Bandengeneral Sean Simpson die Qualifikation. Sie taumeln mit einer Mannschaft, die ihren Zenit bereits überschritten hat, in sieben Spielen durch die Viertelfinals gegen Rappi und brauchen im Halbfinale gegen Ambri erneut sieben Partien. Sie treffen im Finale auf die junge, dynamische, neue Macht unseres Hockeys. Auf den HC Davos.
Die Bündner zelebrieren unter einem jungen, noch weitgehend unbekannten Trainer namens Arno Del Curto modernes Hockey.
Der HC Davos von 1998 ist der EV Zug von 2019. Die Davoser rüsten auf, leisten sich bald grosse Transfers, setzen aber auch auf die Jungen und gelten als kommende Titanen.
Zugs Trainer Dan Tangnes ist der Arno Del Curto von heute. Der Norweger ist nur vier Jahre älter als damals der charismatische HCD-Coach. Und er gilt wie damals Arno Del Curto als Avantgardist der Hockeytrainer, als Personifizierung eines neuen, modernen Denkens.
Das routinierte, konservative Zug setzt sich im Finale von 1998 4:2 durch. Der moderne, neue HCD kann Playoff noch nicht. Aber heute wissen wir: Die Davoser lassen sich durch das verlorene Finale nicht entmutigen und entwickeln sich zum erfolgreichsten Klub des 21. Jahrhunderts. Sie gewinnen in den folgenden 17 Jahren sechs Titel. Die Enttäuschung des Frühjahres 1998 ist in Tat und Wahrheit die Geburtsstunde einer neuen Hockeydynastie.
Und zum Schluss noch eine gute Nachricht für die Zuger: Die Liga wird wegen des Vorfalls um Schiedsrichterchef Brent Reiber (er ist von einem Zuschauer während des Spiels am Donnerstag angegriffen worden) kein Verfahren einleiten. Die Sache ist vorbei und vergessen. Liga-Direktor Denis Vaucher bestätigt: «Ja, das ist so.»
Ich wünsche Ihm einen Sabbatical. Alle Zeit, Liebe und Geduld.
Danach wird er ein neuer Goalie sein. Gleiche Skills, neuer Kopf.
Cupsieger Goalie!
Tobias Stephan ist ein grossartiger Eishockey Spieler.
auch der EVZ hat das gut geplant und umgesetzt und wird die letzte frucht wahrscheinlich mit genoni im naechsten jahr ernten koennen.
mein strauss geht dieses jahr an ambri.