Ein paar Minuten dauert dieser Champions-League-Abend noch. Ein paar Minuten der Hoffnung. Ein paar Minuten, um doch noch irgendwie ein Tor zu erzielen. Allein, YB kommt nicht einmal in die Nähe des Tores von Atalanta Bergamo. Wie den ganzen Abend schon. Zum Schluss versucht sich noch Martins aus grosser Distanz, es hat etwas von Verzweiflung. Der Ball fliegt übers Tor.
Es bleibt darum bei diesem 0:1 und der Erkenntnis: YB erhält im Norden Italiens eine Lehrstunde. Gewiss nicht ganz so dramatisch wie das Nationalteam an der EM in Rom beim 0:3, aber die Magie aus dem verheissungsvollen Auftakt gegen Manchester United, diesem vielumjubelten 2:1-Sieg, ist bereits ein wenig erloschen.
Trainer David Wagner versucht in der Aufarbeitung, das Gute zu betonen: «Wir gehen hier erhobenen Hauptes», sagt er. Das mag sein, weil seine Mannschaft leidenschaftlich kämpft und verteidigt. Weil die Organisation nie verloren geht, egal wie gross der Druck von Atalanta auch ist.
Und doch hätte man von YB ein bisschen mehr erwarten dürfen. Den Mut, wenigstens ab und zu den Weg nach vorne zu suchen. Souveränität und Sicherheit im Spiel mit dem Ball. «Wir wussten, dass wir leiden müssen, so ist es gekommen. Nun lernen wir daraus und freuen uns aufs Rückspiel», sagte Wagner noch. Ein paar kritische Worte hätten es schon sein dürfen.
Natürlich, die Klasse von Atalanta Bergamo ist unbestritten. Es gibt Gründe, warum das Team zuletzt dreimal Dritter der Serie A war, und warum es in der Champions League einmal erst im Viertelfinal (gegen PSG) und einmal im Achtelfinal (Real Madrid) scheiterte.
Mit einer Mischung aus Wucht und spielerischer Klasse überfährt Atalanta an einem guten Tag auch viele Topklubs Europas. Dass ein Team wie YB darob überfordert ist, kann vorkommen. Vor allem dann, wenn Atalanta mit vollster Konzentration und Ernsthaftigkeit antritt. So ganz anders eben als Manchester vor gut zwei Wochen.
Der Schweizer Nationalspieler Remo Freuler, auch gestern wie gewohnt einer der Leader Atalantas, resümiert zufrieden: «Für uns zählte nur eines: der Sieg. Und es ist keine Frage, dass er verdient ist.» Man darf gespannt sein, wie sich Freulers Team bei Manchester United schlägt, «wir fahren dorthin, um zu gewinnen», kündigt Freuler schon einmal an. Das Selbstvertrauen ist Kraft der Vergangenheit durchaus berechtigt.
Wenn es nach diesem Abend eine gute Nachricht aus YB-Sicht gibt, dann diese: noch immer ist alles möglich in dieser Gruppe F. Klar ist einzig, dass es gegen Villareal am 20. Oktober eine erhebliche Steigerung braucht. Vielleicht hilft es ja dann wieder, dass die YB-Gegner auf der europäischen Bühne den Kunstrasen im Wankdorf für gewöhnlich nicht allzu innig lieben.
Das Erstaunliche an diesem Spiel gestern ist, dass es YB fast 70 Minuten lang gelingt, das 0:0 zu halten. Als Atalanta das erste Mal jubelt, weil der frühere FCZ-Verteidiger Berat Djimsiti den Ball über die Linie drückt, meldet der Videoschiedsrichter ein Abseits. Kurz vor der Pause verpasst Matteo Pessina ganz allein vor dem starken David von Ballmoos das sichere Tor.
Nach dem Seitenwechsel nimmt der Druck der blau-schwarzen Hausherren noch einmal zu. Bis Pessina doch noch trifft. Dass dem Treffer ein ziemlich unnötiger Fehler von Lauper vorangeht, ist für YB bitter. Aber das Tor ist folgerichtig. Die Berner kommen während 90 Minuten nur zu einer einzigen Chance, Elia vergibt sie nach knapp einer halben Stunde. Selbst an ein Aufbäumen zum Ende ist kaum zu denken. Atalanta bringt den Sieg ohne jegliche Probleme ins Ziel. Und das ist dann doch ziemlich ernüchternd.
Aber mal ehrlich: Wer demütig geblieben ist und weiss, wo YB herkommt, der kann auch solche Spiele geniessen.
Ich bin stolz auf mein Team, auch wenn es gegen Topclubs nicht reicht. Mehr als eine gute Organisation und aggressives Verteidigen lag meines Erachtens hier nicht drin.
Die Verletztenliste ist lang u wiegt schwer. Ich bin froh über den kämpferischen Auftritt, sicher nicht ganz zufrieden, aber dass YB durch die CL-rauscht hab ich nicht erwartet.