Diese Regeländerung wird das Transferwesen auf den Kopf stellen: Die FIFA will die Anzahl von Leihspielern begrenzen. Wie die «Sportbild» berichtet, plant eine vom Weltverband eingesetzte Task Force, dass ein Verein nur noch maximal acht Spieler an andere Klubs ausleihen darf.
Zudem soll ein Klub nur drei bis vier Spieler an denselben Verein ausleihen dürfen. So soll verhindert werden, dass ein Klub für einen anderen zum Ausbildungsverein wird, wie das zuletzt den «Dosenklubs» Leipzig und Salzburg vorgeworfen wurde. Für Talente unter 21 Jahren dagegen, die schon seit Jahren bei einem Klub spielen und den Sprung in die erste Mannschaft nicht schaffen, soll es keine Leih-Beschränkung geben.
Trotzdem: Die neue FIFA-Regelung dürfte manch einem Topklub so gar nicht in den Kram passen, denn Ausleihen sind längst ein lukratives Geschäftsmodell geworden. Junge Spieler werden oft nur verpflichtet, um sie gleich darauf wieder gegen teils hohe Gebühren an andere Klubs zu verleihen. Praktisch, dass der ausleihende Verein auch meistens das Gehalt des ausgeliehenen Spielers übernimmt.
Offiziell heisst es, dass die Youngsters bei einem kleineren Verein erst einmal Spielpraxis sammeln sollen. Das mag in Einzelfällen stimmen, meist stecken aber in erster Linie wirtschaftliche Interessen dahinter. Der Handel mit Leihspielern ist vor allem ein Spekulationsgeschäft: Junge Spieler kosten wenig, also verpflichten die finanzkräftigen Klubs umso mehr. Sie zu verleihen, spart deren Gehalt und bringt im Idealfall noch eine Millionen-Leihgebühr ein. Anschliessend kehren die Spieler mit gestiegenem Marktwert zurück, werden teurer ausgeliehen, für eine höhere Summe verkauft oder helfen der eigenen Mannschaft weiter.
Mit Leihen kann ein Klub aber auch das lästige Financial-Fairplay-Gebot der UEFA austricksen. Statt einen neuen Spieler zu kaufen, leiht man ihn einfach für eine Saison aus und zahlt die Ablösesumme im kommenden Jahr. So geschehen beim Mbappé-Deal zwischen Monaco und PSG oder in diesem Sommer beim Higuain-Transfer von Juventus Turin zu Milan.
Zu den Spezialisten im Leiheschäft gehören unter anderem Chelsea oder eben Juventus Turin. Die «Blues» haben laut «Transfermarkt» momentan rund 19 Spieler an andere Vereine ausgeliehen, Juventus sogar 26. Das ist mehr als ein ganzes Kader. Kein Wunder spricht Wolfsburg-Manager Jörg Schmadtke da offen von «Menschenhandel».
Der Brasilianer Nathan zum Beispiel, den Chelsea vor drei Jahren für vier Millionen Euro von Atlético Paranaense holte, hat für die Londoner kein einziges Spiel bestritten. Chelsea hat ihn kreuz und quer durch Europa ausgeliehen, nach Holland (Arnheim), Frankreich (Amiens) und Portugal (Belenenses). Mittlerweile ist der 22-Jährige wieder in Brasilien gelandet, bei Atlético Mineiro.
Die ausgeliehenen Spieler sind aber nicht immer junge No-Names: Bei Chelsea gehören beispielsweise Tiemoué Bakayoko, Kurt Zouma oder Michy Batshuayi dazu, bei Juve Marko Pjaca oder Stefano Sturaro. Um den Überblick bei all den ausgeliehenen Spielern nicht zu verlieren, haben die Bosse des italienischen Meisters bei Transfergesprächen offenbar immer eine Mappe im A4-Format dabei, mit Fotos und Steckbriefen zu jedem Profi. «Es war ein richtiger Katalog», erklärte Frankfurt-Sportchef Fredi Bobic gegenüber der «Sportbild».
Die Folgen der neuen Beschränkung, die noch vom FIFA-Exekutivkomitee abgesegnet werden muss, werden für die Topklubs einschneidend sein: Nach einer Übergangsfrist müssen die Vereine ihre aufgeblähten und teuren Kader drastisch ausdünnen und die Spieler, die es nicht in die eigene 1. Mannschaft schaffen, verkaufen, statt ausleihen. Das kommt den kleineren Ligen zu Gute. Weil massenhaft Spieler auf den Markt kommen werden, dürften auch die Transfersummen deutlich sinken. (pre)