Um 23.08 Uhr grölten die nach Hamburg mitgereisten Freiburger Fans im Volksparkstadion «Christian Streich, du bist der beste Mann» und wieder «Chriiiiiistian Streich». Streich lief nach den Rufen langsam auf die Kurve zu, verbeugte sich davor und machte dann eine La-Ola-Welle mit den mitgereisten Anhängern.
Da war die Mannschaft schon längst in der Kabine und auch Stürmer Nils Petersen hatte sich bereits seine Wasserdusche der Kollegen während des Interviews abgeholt. Ebenso wie Streich, der von Christian Günter, Lucas Höler, Nico Schlotterbeck und Vincenzo Grifo während seines ARD-Gesprächs überrascht und mit feuchtem Nass übergossen wurde.
Eine Bierdusche mit Mineralwasser ist auch das freiburgigste, das man sich vorstellen kann. 😂 #HSVSCF #DFBPokal pic.twitter.com/tloFssTYTK
— Christian Mutter (@christianmutter) April 19, 2022
Er machte das ganz in seiner Art: unaufgeregt und sympathisch. Keiner steht so für den SC Freiburg, wie Christian Streich. Der Trainer, der fast auf den Tag genau neun Jahre zuvor mit seinem Team im DFB-Pokal-Halbfinal gegen den VfB Stuttgart ausgeschieden war, durfte nun am Ende jubeln. Mit einem souveränen 3:1 stand sein Team als Sieger fest. Nach dem ersten Freudenschrei lief Streich dann auch schon zur Hamburger Bank und klatschte mit HSV-Trainer Tim Walter, den Spielern und später Schiedsrichter Deniz Aytekin ab. So bescheiden wie der SC Freiburg arbeitet, so bescheiden trat auch Streich auf.
«Der HSV hat uns alles abverlangt. Ich wünsche ihnen viel Glück, dass sie es schaffen, wieder in der ersten Liga zu spielen», so Streich im Interview. Hamburgs Trainer Walter lobte hingegen die Effizienz von Freiburg. Effizient waren die Breisgauer, zudem aber auch eine Einheit. Es wurde zusammen um jeden Ball gekämpft, sich in die Zweikämpfe geschmissen. Der Teamgeist war spürbar.
Immer wieder peitschten Routinier Petersen und Nicolas Höfler ihre Mannschaft nach vorne, klatschten in die Hände. Streich gab Ratschläge von der Seitenlinie, zeigte ständig, dass die Mannschaft aktiv bleiben muss. Und die Freiburger klatschten sich gegenseitig für jede gute Aktion ab. Und dennoch sagte Streich nach dem Spiel, ob es sein schönster Sieg war: «Nein.» Und schob nach: «Siege sind immer schön und auch in der A-Jungend sind wir paar Mal ins Finale gekommen, das war auch aussergewöhnlich.» Streich wurde 2006, 2009 und 2011 Juniorenpokalsieger. Mit dabei waren damals schon Christian Günter, Jonathan Schmid und Nicolas Höfler.
Finaleinzug muss gefeiert werden! 🥳😂 pic.twitter.com/tDmM29LS03
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Warum der SC Freiburg so gut ist? «Wir haben eine gewisse Erfahrung. Viele Spieler spielen schon ein paar Jahre in der Bundesliga. Wir haben einen sehr guten Torwart und im ein oder anderen Moment das nötige Glück», gibt Streich preis und sagt dann in Bezug auf den Teamgeist: «Ich glaube in anderen Vereinen ist in Phasen immer wieder viel Unruhe und das ist bei uns sicherlich nicht so ausgeprägt, aber wir sind auch keine so grosse Stadt.»
Aber auch das ist Streich. Die Breisgauer könnten noch die Champions League erreichen und den Pokal gewinnen, doch der Trainer sagt trocken: «Es ist zwar wahnsinnig unsexy: Wir sind jetzt sehr erfolgreich, das ist schön, aber wir müssen schauen, dass wir realistisch draufschauen. Das ist die Aufgabe für die Zukunft. Es wird auch wieder Phasen geben, wo es ganz eng wird.»
Streich, der immer Arbeitende. Der, der fast jede Saison seine besten Spieler abgeben muss und von Neuem startet. Mit dabei seine festen Stützen wie Christian Günter, Nicolas Höfler, Jonathan Schmid, Nils Petersen oder auch der zurückgekommene Vincenzo Grifo. Genau die Spieler, die im Halbfinal gegen den HSV gestern überzeugt haben. Und ein Nico Schlotterbeck, der seine BVB-Einigung dementiert hat und nach der Saison mit den Freiburger Verantwortlichen reden will. Auch hier zeigt sich Geschlossenheit. Der SCF trägt das, was er ausserhalb des Platzes lebt, mit auf den Rasen.
Niels Petersen hat erst kürzlich wieder seinen Vertrag verlängert. Es ist die Freiburger Fussball-Familie, die ihn überzeugt hat. Zum Finaleinzug sagt er im TV: «Dafür lohnt es sich, Profi zu werden. Mit Freiburg ins Pokalfinale zu kommen, ist etwas Besonderes.» Streich könnte nach den Juniorentiteln seinen ersten «grossen» Triumph einfahren. Für andere Trainer wäre es nur ein Titel, für Streich die Krönung seines Lebenswerks.
Freiburg VS Union
Streich VS Fischer
Traumfinal!
Wenn jetzt auch noch Fischer und seine Berliner die Leipziger rauswerfen… es wäre eines dieser Finalspiele, die der heutige Fussball im Moment so dringend brauchen würde.